Literatur: Verwaltungsgrundsätze Verrechnungspreise v. 6.6.2023, IV B 5 – S 1341/19/10017 :003, BStBl I 2023, 1093, Rz. 3.31-3.37; Sieker, BB 1993, 2424; Schreiber, IStR 1994, 315; Baumhoff/Ditz/Greinert, IStR 2005, 592

Ein Vertriebsunternehmen, das mit einem bestimmten Produkt oder einer bestimmten Produktgruppe andauernd Verluste erwirtschaftet, wird deren Vertrieb einstellen, wenn keine Aussicht auf Erreichen einer Gewinnsituation besteht. Erfolgt dies nicht, und bezieht es diese Produkte von einer konzernangehörigen Gesellschaft, liegt die Vermutung nahe, dass die Verlusttragung im Interesse der konzernangehörigen Produktionsgesellschaft erfolgt, dass also die Verluste des Vertriebsunternehmens durch Vorteile bei dem Produktionsunternehmen aufgewogen wird. Kann diese Vermutung nicht widerlegt werden, z. B. durch Darlegung eines eigenen Interesses des Vertriebsunternehmens (z. B. wenn diese Produktgruppe angeboten werden muss, um eine komplementäre, Gewinn bringende Produktgruppe vertreiben zu können – "Palettenbetrachtung"), liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Der Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft muss also eine Verringerung der Einkaufspreise geltend machen, um einen, wenn auch kleinen Gewinn zu erzielen, und das auch dann, wenn die Verrechnungspreise an sich den Marktverhältnissen entsprechen.

Problematisch ist, was unter "Gewinn einer Produktgruppe" zu verstehen ist. Zu berücksichtigen ist m. E. zumindest kurz- und mittelfristig ein positiver Deckungsbeitrag, da der Gewinn sich dann bei Einstellen des Vertriebs der Produktgruppe verringern würde. Nur bei langfristiger Betrachtung sollte danach auf die Vollkosten abgestellt werden.

Unter besonderen Umständen sind allerdings auch Verluste eines Vertriebsunternehmens aus dem Zukauf von konzernangehörigen Produktionsunternehmen steuerlich anzuerkennen. Solche besonderen Umstände sind vorübergehend ungünstige Marktverhältnisse oder besondere Aufwendungen bei Einführung eines neuen Produkts.[1] Diese Verluste müssen vorübergehend sein, d. h., es muss bei vorsichtiger kaufmännischer Prognose zu erwarten sein, dass die Vertriebsgesellschaft mit dem betreffenden Produkt innerhalb eines überschaubaren Zeitraums und unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Marktentwicklung einen angemessenen Gesamtgewinn erwirtschaften wird. Für diese Anlaufverluste hat die Rspr. den regelmäßig zu akzeptierenden Zeitraum mit 35 Jahren bestimmt.[2] Diese Rspr. gilt aber nur für die Einführung eines neuen Produkts bzw. einer neuen Produktlinie; sie gilt nicht für Anlaufverluste bei der Gründung eines Unternehmens. Anlaufverluste können auch länger als 5 Jahre anfallen.[3]

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