Literatur: Pezzer, FR 1996, 379; Becker, DB 1996, 1439; Frotscher, GmbHR 1998, 23; Schuhmann, StBp 2005, 114.

Die Leistung der Körperschaft an einen Gesellschafter ist gesellschaftsrechtlich veranlasst, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einen entsprechenden Vorteil einem unabhängigen Dritten nicht gewährt hätte. Erhält andererseits die Gesellschaft für ihre Leistung von dem Gesellschafter eine angemessene Gegenleistung, hätte ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter diese Leistung auch gegenüber einem Dritten erbracht; es liegt also keine gesellschaftsrechtliche Veranlassung vor.[1]

Die Rechtsfigur des "ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters" ist ein Beweiswürdigungsmaßstab, der die Feststellung des Tatbestandsmerkmals der gesellschaftsrechtlichen Veranlassung ermöglicht.[2] Entspricht das Handeln der Körperschaft nicht diesem Maßstab, ist dies ein Indiz dafür, dass das Handeln auf gesellschaftsrechtlichen, nicht auf betrieblichen Gründen beruht und daher eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Dieses Indiz begründet keine unwiderlegbare Vermutung, sondern kann durch gegenläufige Indizien widerlegt werden. Allerdings ist die Indizwirkung so stark, dass eine Entkräftung dieses Indizes praktisch kaum gelingen wird.

Maßgebend sind die Fähigkeiten eines Geschäftsleiters, die im Verkehr erforderlich sind. Fehlende Fachkenntnisse hat er sich zu verschaffen. Dabei kann er auch ein in sich schlüssiges, von einer anerkannten Fachkraft erstelltes Gutachten heranziehen; er muss ein Gutachten aber auf Schlüssigkeit und Vollständigkeit der Tatsachengrundlage überprüfen.[3]

Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter wird auch die Interessen des Geschäftspartners in seine Überlegungen einbeziehen und nicht Bedingungen verlangen, die für diesen unannehmbar sind. Daraus folgt die Rechtsfigur des "doppelten ordentlichen Geschäftsleiters". Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt nur dann vor, wenn sowohl das Verhalten der Körperschaft als auch das des Vertragspartners, der Gesellschafter der Körperschaft ist, dem Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspricht.[4]

Für die Frage, ob das Handeln des Geschäftsführers dem Maßstab des ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters entspricht, ist dem Geschäftsführer ein weiter Ermessensspielraum zuzugestehen.[5] Dieser Ermessensspielraum schließt auch das bewusste Eingehen geschäftlicher Risiken mit der Gefahr der Fehlbeurteilung und Fehleinschätzung ein. Der Ermessensspielraum wird jedoch überschritten, wenn ein ausschließlich am Unternehmenswohl orientiertes, auf sorgfältiger Ermittlung der Entscheidungsgrundlagen beruhendes unternehmerisches Handeln fehlt, wenn die Bereitschaft, unternehmerische Risiken einzugehen, in unverantwortlicher Weise überspannt wird oder wenn das Verhalten des Geschäftsführers aus anderen Gründen als pflichtwidrig erscheint.[6]

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