Literatur: Behrenz, IStR 2022, 865

Ob eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt, ist nach deutschem Steuerrecht zu beurteilen. Das gilt auch, wenn die auskehrende Gesellschaft im Ausland ansässig ist und nach ausl. Recht errichtet wurde. Allerdings richtet sich die Frage, ob die Körperschaft eine Vermögensminderung erlitten oder eine Vermögensmehrung unterlassen hat, bei Vertragsverhältnissen nach ausl. Zivilrecht, wenn dieses auf das Vertragsverhältnis anzuwenden ist. Verzichtet die Gesellschaft etwa zugunsten des Gesellschafters auf einen vertraglichen Anspruch, richtet sich die Frage, ob der Anspruch bestanden hat und durchsetzbar war, ob er also einen Vermögensbestandteil bildete, nach dem ausl. Recht, das nach dem internationalen Privatrecht bzw. den Parteivereinbarungen auf den fraglichen Anspruch anwendbar ist.[1]

Ausländisches Recht ist auch für die Frage anwendbar, ob bei Bestehen eines DBA eine Auskehrung einer ausländischen Körperschaft, die nach deutschem Recht als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren ist, unter den Dividendenartikel entsprechend Art. 10 OECD-MA fällt. Das ist nur dann der Fall, wenn die Auskehrung nach dem Recht des Staates, in dem die auskehrende Gesellschaft ansässig ist, die verdeckte Gewinnausschüttung den Gewinnausschüttungen auf Aktien gleichstellt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob das ausländische Recht, wie das deutsche Recht, auch die verhinderte Vermögensmehrung einbezieht. Es genügt, dass das ausländische Recht die verdeckte Gewinnausschüttung und als ihre Folge die Einkommenserhöhung kennt. Folge ist die Besteuerung im Inland als Einkünfte aus Kapitalvermögen mit Anrechnung der ausländischen Steuer. Kennt das ausländische Recht keinen der verdeckten Gewinnausschüttung entsprechenden Tatbestand, handelt es sich um "andere Einkünfte" nach Art. 21 OECD-MA. In diesem Fall steht das Besteuerungsrecht ebenfalls dem Inland zu, allerdings ohne Anrechnung einer ausländischen Steuer. Da der Quellenstaat nach Art. 21 OECD-MA kein Besteuerungsrecht hat, verstößt eine ausländische Besteuerung gegen das DBA, was die Anrechnung ausschließt. In Betracht kommt nur der Abzug von der Bemessungsgrundlage entsprechend § 34c Abs. 3 EStG.[2]

Liegt die verdeckte Gewinnausschüttung in der verbilligten oder unentgeltlichen Nutzungsüberlassung eines im Ausland belegenen Grundstücks, richte sich das Besteuerungsrecht ebenfalls nach Art. 10 bzw. 21 OECD-MA. Besteuert werden nicht Einkünfte aus der Nutzung eines Grundstücks, sondern die Vorteilsgewährung durch die im Ausland ansässige Kapitalgesellschaft. Insoweit hat Art. 10 bzw.21 OECD-MA Vorrang vor Art. 6 OECD-MA.[3]

[3] BFH v. 12.6.2013, aaO; Behrenz, IStR 2022, 865 mit Ausführungen zum Recht Spaniens; a. A. Reimer in Vogel/Lehner, 7. Aufl. 2021, Rz. 98ff. m. w. N.

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