Rz. 175

IAS 37.10 definiert eine Eventualschuld als

  • eine mögliche Verpflichtung, die aus Ereignissen der Vergangenheit resultiert und deren Existenz durch das Eintreten oder Nichteintreten eines oder mehrerer unsicherer künftiger Ereignisse bedingt ist, die nicht vollständig unter der Kontrolle des Unternehmens stehen, oder
  • eine gegenwärtige Verpflichtung, die auf vergangenen Ereignissen beruht, jedoch nicht erfasst wurde, weil der Abfluss von Ressourcen mit wirtschaftlichem Nutzen mit der Erfüllung dieser Verpflichtung nicht wahrscheinlich ist oder die Höhe der Verpflichtung nicht ausreichend geschätzt werden kann.

Invers hierzu definiert IAS 37.10 Eventualforderungen als einen möglichen Vermögenswert, der aus vergangenen Ereignissen resultiert und dessen Existenz durch das Eintreten oder Nichteintreten eines oder mehrerer künftiger Ereignisse erst noch bestätigt wird, die nicht vollständig unter der Kontrolle des Unternehmens stehen.

 

Rz. 176

IAS 37 sieht für Eventualschulden und Eventualforderungen folgende Angabepflichten vor:

  • Angabe und Beschreibung der Eventualschulden gem. IAS 37.86 für Eventualschulden, die nicht unwahrscheinlich (positiv formuliert bedeutet dies, dass eine Angabe für Eventualverbindlichkeiten besteht, deren Eintritt möglich ist) sind:[1]

    • Beschreibung der Art der Eventualschulden,
    • Schätzung der finanziellen Auswirkungen,
    • Angabe von Unsicherheiten hinsichtlich des Betrags und/oder der Fälligkeiten sowie
    • Möglichkeiten einer Erstattung.
  • Beschreibung der Eventualforderungen, bei denen der Zufluss wirtschaftlichen Nutzens wahrscheinlich ist, unter Angabe einer Schätzung für die finanziellen Auswirkungen gem. IAS 37.89.

Darüber hinaus können besondere Angabepflichten für einzelne Eventualschulden aufgrund spezieller IAS/IFRS-Standards bestehen, so beispielsweise für steuerliche Eventualschulden (IAS 12.88).[2]

 

Rz. 177

Eine Schutzklausel besteht nach IAS 37.92 nur in äußerst seltenen Fällen, falls damit gerechnet werden kann, dass eine vollständige Angabe von Informationen über Eventualschulden und Eventualforderungen die Lage eines Unternehmens im Rechtsstreit mit anderen Parteien ernsthaft beeinträchtigen kann. Jedoch muss das Unternehmen in einem solchen Fall zumindest den allgemeinen Charakter des Rechtsstreits darlegen sowie die Tatsache angeben, dass gewisse Angaben nicht gemacht wurden und die hierfür ausschlaggebenden Gründe.[3]

 

Rz. 178

Damit erhält der Abschlussleser zusätzliche Informationen über Eventualforderungen, deren Eintritt wahrscheinlich ist, während bei den nach IAS 37.86 offenzulegenden Eventualschulden nur solche aufgeführt sind, deren Eintritt nur möglich ist. Ungeachtet der bei der Abgrenzung von wahrscheinlichem und möglichem Nutzenzufluss bestehenden Ermessenspielräume handelt es sich bei einer aus analytischer Sicht möglichen Gegenüberstellung von Eventualschulden mit Eventualforderungen um eine eher vorsichtige bzw. imparitätische Einschätzung der nicht bilanzierten potenziellen Risiken und Chancen.[4]

 

Rz. 179

vorläufig frei

[1] Vgl. zur Klassifikation der Risiken in die Kategorien wahrscheinlich, möglich und unwahrscheinlich Kirsch, IFRS-Abschlussanalyse, Finanz- und erfolgswirtschaftliche Aspekte, 4. Aufl. 2017, S. 161 f.
[2] Vgl. Hachmeister/Zeyer, in Thiele/v. Keitz/Brücks, Internationales Bilanzrecht, IAS 37 Rz. 417, Stand: 10/2021.
[3] Vgl. IAS 37.92 Satz 2 2. Halbsatz.
[4] Vgl. Kirsch, IFRS-Abschlussanalyse, Finanz- und erfolgswirtschaftliche Aspekte, 4. Aufl. 2017, S. 301.

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