Rz. 179

§ 285 Nr. 4 HGB verlangt im Anhang Angaben über die Aufgliederung der Umsatzerlöse nach Tätigkeitsbereichen sowie nach geografisch bestimmten Märkten, soweit sich, unter Berücksichtigung der Organisation des Verkaufs, der Vermietung oder Verpachtung von Produkten und der Erbringung von Dienstleistungen, die Tätigkeitsbereiche und geographisch bestimmten Märkte untereinander erheblich unterscheiden.

Zweck dieser Offenlegungspflicht ist die Vermittlung eines tieferen Einblicks in die Ertragslage der Gesellschaft, damit Hinweise auf mögliche Ergebnisrisiken, die sich aus der Umsatzstruktur ergeben, geliefert werden können.[1]

 

Rz. 180

Die Angabepflicht betrifft nur große Kapitalgesellschaften; kleine und mittelgroße Kapitalgesellschaften (bzw. entsprechend große Kapitalgesellschaften & Co.) sind gemäß § 288 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 Satz 1 HGB davon befreit. Große Kapitalgesellschaften dürfen auf die Aufgliederung der Umsatzerlöse jedoch dann verzichten, wenn die Aufgliederung nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung geeignet ist, der Gesellschaft einen nicht unerheblichen Nachteil zuzufügen (§ 286 Abs. 2 1. Halbsatz HGB). Die Anwendung der Ausnahmeregelung ist im Anhang anzugeben (§ 286 Abs. 2 2. Halbsatz HGB), jedoch nicht zu begründen.[2]

 

Rz. 180a

In analoger Anwendung des § 314 Abs. 2 HGB auch auf den Anhang zum Jahresabschluss dürfen bei freiwilliger Aufstellung einer Segmentberichterstattung die dem Grunde nach zur Aufgliederung der Umsatzerlöse verpflichteten Kapitalgesellschaften hierauf verzichten.[3]

In diesem Falle müssen die Umsatzerlöse nur nach einer Dimension, nämlich dem Kriterium, nach dem die Segmente gebildet werden, aufgegliedert werden.[4]

 

Rz. 181

Aufgliederung nach Tätigkeitsbereichen

Eine Pflicht zur Aufgliederung besteht nur dann, wenn sich die Tätigkeitsbereiche untereinander erheblich unterscheiden. Die Unterschiede müssen sich auf die Risiken der jeweiligen Bereiche bzw. Märkte beziehen und erhebliches Gewicht haben.[5] Die Unterschiedlichkeit beurteilt sich im Einzelnen nach Abweichungen bei der Art der Produkte, dem Abnehmerkreis, den Marktverhältnissen, der Kostenstruktur, der Forschungsintensität und den Konkurrenzverhältnissen.[6]

 

Rz. 182

Beispiele für Abgrenzungsmerkmale, anhand derer Tätigkeitsbereiche identifiziert werden (können), sind:[7]

  • Art des Produkts bzw. der Produktgruppe (Produkte für ähnliche oder verwandte Anwendungsgebiete, -zwecke);
  • Art des Produktionsprozesses (gleiche oder ähnliche Produktionsverfahren, ähnliche Rohstoffe);
  • Unternehmensorganisatorische Einheiten (z. B. Unternehmensbereiche, Sparten, Profit Center);
  • Kundengruppen (z. B. Weiterverarbeiter bzw. -veräußerer oder Endverbraucher, Groß- oder Kleinabnehmer, regionale Standorte, Wirtschaftszweig);
  • Vertriebswege (stationärer Handel, Internet-Handel, Direktvertrieb).

Bei der konkreten Einteilung des Unternehmens in Tätigkeitsbereiche ist jedoch aufgrund des Gesetzeswortlauts die Verkaufsorganisation stets zu berücksichtigen. Die im Gesetz genannte Berücksichtigung der Verkaufsorganisation bei der Umsatzaufgliederung deutet darauf hin, dass insbesondere produkt- und absatzbezogene Merkmale für die Abgrenzung der Tätigkeitsbereiche heranzuziehen sind, da sie Anhaltspunkte für mögliche Absatzrisiken liefern.[8]

 

Rz. 183

Ohne Zweifel gibt es in der Praxis viele Grenzfälle, in denen es fraglich ist, ob sich die Tätigkeitsbereiche wirklich "erheblich unterscheiden", sodass dem abschlusserstellenden Unternehmen Ermessensspielräume verbleiben.

Dennoch ist bei Anwendung der Aufgliederungskriterien der Stetigkeitsgrundsatz des § 265 Abs. 1 Satz 1 HGB zu beachten, da andernfalls die Angabe die Informationsvermittlung nicht ausreichend erfüllen kann. Die Kriterien der Aufgliederung (der Umsätze nach Tätigkeitsbereichen) sind daher nicht ohne hinreichende Gründe zu ändern.[9]

 

Rz. 184

Aufgliederung nach geografisch bestimmten Märkten

Die Pflicht zur regionalen Aufgliederung der Umsatzerlöse setzt ebenfalls erhebliche Unterschiede voraus. Die Aufgliederung erfolgt hierbei nach unterschiedlichen Absatzgebieten. Das bezieht sich hauptsächlich auf die Marktkonditionen, die Währungsverhältnisse sowie allgemein auf die wirtschaftlichen Verhältnisse, wie z. B. Wirtschaftswachstum, Inflation.

Als geografisch abgegrenzte Märkte kommen u. a. Kontinente, wirtschaftlich gemeinsam auftretende Ländergruppen oder einzelne Staaten in Betracht.[10] Hinsichtlich der Aufgliederung kann zunächst das Inland als einheitlicher geografischer Markt abgegrenzt werden. Eine Unterteilung der Umsätze in Inland und Ausland ist im Regelfall für die geforderte Aufteilungspflicht nicht ausreichend;[11] allenfalls kann dies bei sehr geringen Auslandsumsatzerlösen (im Verhältnis zu den Inlandsumsätzen) in Betracht kommen.[12] Je bedeutender die Auslandsumsätze am Gesamtumsatz des Unternehmens sind, umso detaillierter muss die regionale Unterteilung erfolgen. Bei weltweit operierenden Unternehmen könnte eine Aufteilung in folgende Regionen vorgenommen werden:...

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