2.2.2.1 Allgemeines

 

Rz. 105

§ 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB verlangt, dass im Anhang Abweichungen von Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden angegeben und begründet werden; der Einfluss solcher Abweichungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage ist gesondert darzustellen. Diese Angabepflichten müssen von allen zur Aufstellung eines Anhangs verpflichteten Kapitalgesellschaften und Kapitalgesellschaften & Co. erfüllt werden. Das unterstreicht die Bedeutung, die der Gesetzgeber der Kenntlichmachung solcher Abweichungen beigemessen hat.

 

Rz. 106

Der Zweck der Vorschrift des § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB liegt hauptsächlich darin, eine Vergleichbarkeit des Jahresabschlusses mit dem Jahresabschluss des Vorjahres herzustellen[1] und dadurch die Aussagefähigkeit zu erhöhen.[2] Es muss grundsätzlich über alle Abweichungen berichtet werden;[3] gleichwohl ist eine Beschränkung auf wesentliche Abweichungen zulässig und praktisch notwendig.[4]

Nicht unter die Berichterstattungspflicht gemäß § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB fallen Beeinträchtigungen der Vergleichbarkeit in den folgenden Fällen:

  • Abweichungen aufgrund geänderter gesetzlicher Vorschriften[5]
  • Abweichungen bei Ergebnisbeeinflussung durch Sachverhaltsgestaltungen.[6]
 

Rz. 107

Was die Art der Berichterstattung betrifft, so müssen bei der Darstellung der Abweichungen die Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden, von denen abgewichen wird, aufgeführt werden. Ferner ist anzugeben, auf welche Einzelposten sich Abweichungen beziehen[7]. Bei der vom Gesetz verlangten Begründung der Abweichungen geht es um eine Darlegung, warum die Gesellschaft einen Methodenwechsel vollzogen hat. Als Gründe könnten z. B. genannt werden:

  • bessere Vermittlung eines den tatsächlichen Verhältnissen entsprechenden Bildes,
  • vereinfachte Handhabung bei der Ermittlung der Wertansätze,
  • Änderung der tatsächlichen Verhältnisse.

§ 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB fordert nicht zwingend quantitative Angaben (insbesondere Angabe des Unterschiedsbetrags aus Bewertungsänderungen). Das Wort "Einfluss" in § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB wird im Sinne von "Bedeutung" bzw. "Einwirkung" interpretiert.[8]

Für die Berichterstattung heißt das konkret:

  • Es ist die Richtung des Einflusses der Abweichungen auf die Vermögens-, Finanz- und Ertragslage darzustellen. Dabei geht es z. B. um die Angabe, ob die Abweichung zu einer Erhöhung oder Verminderung des Jahresgewinns vor Ertragsteuern geführt hat.
  • Außerdem ist der Umfang des Einflusses darzustellen. Das erfordert keine exakte Quantifizierung der Auswirkungen; im Regelfall ist die Angabe der Größenordnung ausreichend.[9] Das geschieht etwa durch die Wortwahl "wesentlich" oder "per Saldo unbedeutend", "überwiegend" oder "größerer" oder "per Saldo kleinerer Einfluss".[10]

Allerdings wird insbesondere bei wesentlichen oder erheblichen Auswirkungen eine verbale Darstellung des Einflusses auf die wirtschaftliche Unternehmenslage der Anforderung des § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB nur unzureichend Rechnung tragen. Hier sind dann auch quantitative Angaben erforderlich.[11]

 

Rz. 108

Im Einzelnen können bei der Darstellung des Einflusses der Abweichungen folgende Erläuterungen in Betracht kommen:

  • Einfluss auf die Vermögenslage: Angaben sind zu machen, wenn aufgrund der Anwendung einer anderen Methode die Vermögensgegenstände oder Schulden höher oder niedriger ausgewiesen werden. Die davon betroffenen Posten sind zu nennen.
  • Einfluss auf die Finanzlage: Erläuterungen sind erforderlich, wenn durch die Abweichungen finanzwirksame Vorgänge ausgelöst werden, wenn sich also z. B. Steuerzahlungen oder Gewinnausschüttungen verändern.[12]
  • Einfluss auf die Ertragslage: Hier sind die Auswirkungen auf den Jahresüberschuss bzw. -fehlbetrag anzugeben.
 

Rz. 109

Darüber hinaus besteht eine Angabepflicht, falls die Prämisse der Unternehmensfortführung (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB) für die Bilanzierung nicht aufrechterhalten werden kann.[13] In diesem Fall ist insbesondere über Rückstellungen für die voraussichtliche Auflösung des Unternehmens[14] zu berichten.

 

Rz. 110

Im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie wies das IDW darauf hin, dass es zu einer Durchbrechung der Stetigkeit der Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden kommen kann. Im Rahmen der Abschlusserstellung hatten die gesetzlichen Vertreter eine Einschätzung der Fähigkeit des Unternehmens zur Fortführung der Unternehmenstätigkeit im Regelfall für die Dauer von mindestens einem Jahr nach dem Abschlussstichtag abzugeben.[15] Zudem waren alle relevanten und im Rahmen der Abschlussprüfung bekannt gewordenen Erkenntnisse zu verwenden,[16] einschließlich ggfs. konkretisierbarer bzw. angekündigter öffentlicher Stützungsmaßnahmen. Sofern nicht von einer Fortführung der Unternehmenstätigkeit ausgegangen werden konnte, so musste nach IDW RS HFA 17[17] der Jahresabschluss insbesondere unter Liquidationsgesichtspunkten aufgestellt werden. Die Abweichung von den bislang angewandten Bilanzierungs- und Bewertungsmethoden war nach § 284 Abs. 2 Nr. 2 HGB anzugeben und deren Einfluss auf die Vermögens-, Fi...

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