Leitsatz

In der Revisionsbegründung müssen die Gründe tatsächlicher und rechtlicher Art angegeben werden, die das erstinstanzliche Urteil als unrichtig erscheinen lassen sollen. Der Revisionskläger hat sich mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinanderzusetzen und darzulegen, weshalb er diese für unrichtig hält. Hierzu reicht der bloße Hinweis, das angefochtene Urteil stehe zu einer (genau bezeichneten) Entscheidung des BFH in Widerspruch, nicht aus.

 

Normenkette

§ 126 Abs. 1, § 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO

 

Sachverhalt

Die Klägerin nahm im Rahmen ihres Arbeitsverhältnisses für Y drei minderjährige Geschwisterkinder zur Pflege in ihren Familienhaushalt auf (sog. "Pflegenest"). Die Arbeitnehmertätigkeit der Klägerin für Y bestand ausschließlich in der Betreuung und Unterhaltung des "Pflegenests".

Das FA stellte fest, dass die Klägerin neben ihrem Arbeitslohn von Y steuerfrei gezahlte monatliche Kostenpauschalen von 1 350 DM je Kind erhalten hatte. Unterlagen darüber legte die Klägerin nicht vor. Daher berücksichtigte das FA nur 700 DM pro Kind und Monat als steuerfreien Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG und behandelte die Differenz i.H.v. jeweils 650 DM (1 350 DM – 700 DM = 650 DM) als Arbeitslohn.

Dagegen wandte sich die Klägerin im Ergebnis erfolgreich. Das FG (FG des Saarlandes, Urteil vom 09.07.2009, 1 K 1312/04, Haufe-Index 2220047, EFG 2010, 29) gab der Klage statt und ließ die Revision zu.

 

Entscheidung

Der BFH entschied nicht die materiell-rechtliche Frage, sondern verwarf aus den unter Praxis-Hinweisen erläuterten Überlegungen die Revision des beim FG unterlegenen FA schon als unzulässig.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall handelt allein vom Revisionsrecht. Die materiell-rechtliche Ausgangsfrage, ob und in welchem Umfang die Zahlungen steuerbar und steuerfrei waren und die das FG offensichtlich auch dazu veranlasst hat, die Revision zuzulassen, wurde nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Der Fall zeigt, wie eine Revision trotz ihrer Zulassung durch das FG nicht einmal die Zulässigkeitsschwelle erreicht, wenn nämlich ihre Begründung nicht ein Mindestmaß an substanziierten Rechtsausführungen enthält.

1.§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. a FGO verlangt für die Begründung der Revision die "Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt". Diese Anforderung konkretisiert der BFH in langjähriger Rechtsprechung dahin, dass eindeutig erkennbar sein muss, welche Norm der Revisionskläger für verletzt und aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen er die Vorentscheidung für unrichtig halte. Das gelingt nur, wenn sich der Revisionskläger mit den tragenden Gründen des finanzgerichtlichen Urteils auseinandersetzt und darlegt, weshalb er diese für unrichtig hält.

2. Erstaunlicherweise wurde das FA als Revisionskläger diesen Anforderungen nicht gerecht. Insbesondere der als Begründung allein vorgebrachte Hinweis des FA, das FG habe sich zu einem BFH-Urteil in Widerspruch gesetzt (zu BFH, Urteil vom 21.08.1995, VI R 30/95, BStBl II 1995, 906), stellte keine erforderliche Auseinandersetzung mit der Vorentscheidung dar. Die hatte immerhin eingehend ausgeführt, warum die Kostenpauschalen auch ohne eine durch Nachweise belegte Aufstellung der tatsächlichen kindbedingten Aufwendungen der Pflegeeltern als Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG steuerfrei seien.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 20.04.2010 – VI R 44/09

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