Überblick

Der BFH hatte kurzzeitig wegen vermeintlicher Verschärfung der Rechtsprechung zu den Angaben des leistenden Unternehmers in Rechnungen für Verunsicherung gesorgt. Nachdem aber der BFH zur endgültigen Abklärung der zum Vorsteuerabzug notwendigen Rechnungsbestandteile den EuGH angerufen hat, stellt die Finanzverwaltung klar, dass (vorläufig) auch weiterhin Postfachadressen und Großkundenadressen in Rechnungen ausreichend sind.

 

Kommentar

Die rechtliche Problematik

Möchte der Unternehmer für eine von ihm in Anspruch genommene Leistung eines anderen Unternehmers, für den dieser die Umsatzsteuer schuldet, den Vorsteuerabzug geltend machen, benötigt er nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG eine ordnungsgemäße Rechnung nach § 14 UStG. Nachdem der BFH[1] bezüglich der Anschriftserfordernisse Postfachangaben oder Großkundenadressen des leistenden Unternehmers nicht als ausreichend angesehen hatte, verbreitete sich vorübergehend Unsicherheit, ob diese Angaben von der Finanzverwaltung[2] weiterhin als ausreichend angesehen werden oder ob sich Probleme für den Vorsteuerabtzug daraus ergeben könnten.

Nachdem der EuGH[3] die Rechnungsbestandteile aber in einer anderen Entscheidung als "formelle Anforderungen" angesehen hatte, die bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen den Vorsteuerabzug nicht nachhaltig infrage stellen dürfen, kamen dem BFH Zweifel an der bisherigen nationalen Umsetzung. Deshalb haben beide Senate des BFH[4] erneut den EuGH angerufen. In der Sache geht es um die Frage, ob die von einem Unternehmer geltend gemachten Vorsteuerbeträge aus Rechnungen auch dann abziehbar sind, wenn es sich unter der in den Rechnungen angegebenen Anschrift des Lieferers lediglich um einen "Briefkastensitz" gehandelt hat, oder ob nur die Angabe derjenigen Anschrift des leistenden Unternehmers zum Vorsteuerabzug berechtigt, unter der der leistende Unternehmer seine wirtschaftlichen Aktivitäten entfaltet. Von der Entscheidung des EuGH werden wesentliche Aussagen zu den formellen Rechnungsanforderungen und den materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug erwartet.

Die Anweisung des Bundesministeriums der Finanzen

Das BMF hat in einem nicht allgemein veröffentlichten Schreiben festgestellt, dass die in Abschn. 14.5 Abs. 2 Satz 3 UStAE enthaltene Erleichterung, dass als ausreichende Rechnungsangabe auch die Postfachanschrift oder eine Großkundenadresse des Leistungsempfängers angesehen werden kann, (vorläufig) bestehen bleibt. Das BMF weist in seinem Schreiben darauf hin, dass sich das BFH-Urteil vom 22.7.2015 auf die Angabe des leistenden Unternehmers bezieht, nicht aber auf die Angaben zum Leistungsempfänger. Zur Frage, ob ein "Briefkastensitz" des leistenden Unternehmers als ausreichende Rechnungsangabe angesehen werden kann, um dem Leistungsempfänger den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG zu ermöglichen, muss die weitere Entwicklung in der Rechtsprechung des EuGH abgewartet werden.

Konsequenzen für die Praxis

Die Frage nach den für den Vorsteuerabzug notwendigen Rechnungsangaben ist ein Dauerbrenner der nationalen Rechtsprechung. Während der BFH die Voraussetzungen regelmäßig restriktiv sieht, hat der EuGH in verschiedenen Entscheidungen dies eher großzügig ausgelegt. Danach kommt den "formellen" Voraussetzungen der Rechnungen nicht die alles entscheidende Bedeutung zu, wenn die materiellen Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug vorliegen. Insoweit spricht einiges dafür, dass der EuGH den Rechnungsanforderungen auch in den derzeit anhängigen Verfahren nur eine mittelbare Bedeutung zuweisen wird.

Wichtig

Allerdings muss hinterfragt werden, wie sich die Rechtsprechung des EuGH mit den Grundaussagen der MwStSystRL vereinbaren lässt. Art. 226 MwStSystRL regelt verbindlich die notwendigen Bestandteile für eine ordnungsgemäße Rechnung, deren Besitz nach Art. 178 Buchst. a MwStSystRL[5] Voraussetzung für den Vorsteuerabzug ist. Hier den "formellen" Voraussetzungen quasi nur eine Bedeutung zweiten Ranges zuzuweisen, entspricht zumindest nicht dem Wortlaut der Richtlinie. Insoweit stehen auch die Angaben des § 14 Abs. 4 UStG, die mittelbar über § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG auch die Voraussetzungen für den Vorsteuerabzug darstellen, im Einklang mit den Vorgaben des Gemeinschaftsrechts.

 

Link zur Verwaltungsanweisung

BMF, Schreiben v. 13.9.2016, III C 2 – S 7280-a/07/10005:002, UR 2016 S. 936

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