OFD Frankfurt, 26.7.2019, S 2246 A - 023 - St 21

Bedingt durch die Einführung der Pflegeversicherung und der damit im Zusammenhang stehenden Leistungen nimmt die Anzahl der ambulanten Pflegedienste (Hauspflegedienste) im Bereich der Kranken- und Altenpflege stetig zu. In diesem Zusammenhang ergeben sich Probleme hinsichtlich der Einordnung der Tätigkeit unter eine der Einkunftsarten des EStG, die dadurch verstärkt werden, dass es sich nicht um eine einheitliche Personengruppe handelt, welche die ambulante Pflege durchführt, und der Umfang der Pflege je nach Bedarf des Patienten unterschiedlich ist.

Zur einkommensteuerlichen Behandlung der Einkünfte aus einer ambulanten Kranken- oder Altenpflege sind bei selbständig Tätigen folgende Kriterien zu beachten:

 

1. Vergleichbarkeit der Ausbildung und der gesetzlichen Bedingungen an die Berufsausübung

 

1.1 Allgemeines

Um eine Abgrenzung zwischen den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S. des § 15 EStG und denen aus selbständiger Arbeit i.S. des § 18 EStG vornehmen zu können, ist darauf abzustellen, ob es sich um einen ähnlichen Beruf i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG in Form einer ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit handelt oder nicht.

Eine ähnliche heilberufliche Tätigkeit liegt vor, wenn sie in ihren wesentlichen Merkmalen mit einem der Katalogberufe i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG verglichen werden kann (vgl. H 15.6 „ähnliche Berufe” EStH 2014). Es ist sowohl die Vergleichbarkeit der jeweils ausgeübten Tätigkeiten nach den sie charakterisierenden Eigenschaften als auch die Vergleichbarkeit der Ausbildung und der Bedingungen, an die das Gesetz die Berufsausübung knüpft, erforderlich (BFH-Urteil vom 16.5.2002, BStBl 2002 II S. 565). Dabei ist auf diejenigen Katalogberufe abzustellen, die eine heilberufliche Tätigkeit beinhalten (Ärzte, Heilpraktiker und Krankengymnasten). Diese vergleichbaren Katalogberufe dürfen regelmäßig nur nach Erlangung einer staatlichen Erlaubnis ausgeübt werden, die erst nach erfolgreichem Abschluss eines durch Gesetz geregelten Ausbildungsganges erteilt wird. Folglich muss auch der Ausübende einer „ähnlichen heilberuflichen Tätigkeit” diese Voraussetzungen erfüllen.

Fehlt bei einer den Katalogberufen vergleichbaren Ausbildung lediglich die abschließende staatliche Erlaubnis (Abschlussprüfung), handelt es sich dennoch um eine freiberufliche Tätigkeit, wenn eine Zulassung i.S. des § 124 Abs. 2 SGB V durch die zuständigen Stellen der gesetzlichen Krankenkassen erteilt wurde. Eine solche Zulassung steht der staatlichen Anerkennung gleich. Fehlt es auch an dieser Zulassung, kann durch ein Gutachten nachgewiesen werden, dass die Ausbildung, die Erlaubnis und die Tätigkeit des Steuerpflichtigen mit den Erfordernissen des § 124 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB V vergleichbar sind (vgl. BFH-Beschluss vom 20.3.2003, BStBl 2003 II S. 480, das Urteil in dieser Streitsache vom 28.8.2003 ist veröffentlicht in BFHE 203 S. 429 ; BMF-Schreiben vom 22.10.2004, BStBl 2004 I S. 1030, ofix: EStG 18/25).

 

1.2 Berufsspezifische Abgrenzung

Das BMF hat mit Schreiben vom 22.10.2004, a.a.O. festgestellt, dass folgende Berufsgruppen die oben dargestellten Voraussetzungen für eine freiberufliche Tätigkeit erfüllen:

  • Die nach § 2 des Krankenpflegegesetzes zum Führen der Berufsbezeichnung Krankenpfleger/Krankenschwestern Berechtigten
  • Die nach § 2 des Altenpflegegesetzes zum Führen der Berufsbezeichnung Altenpfleger Berechtigten (hierzu zählen auch die vor Inkrafttreten des Altenpflegegesetzes (1.8.2003) nach landesrechtlichen Vorschriften staatlich anerkannten Altenpflegerinnen oder staatlich anerkannten Altenpfleger (vgl. § 29 des Altenpflegegesetzes).

Folgende Berufsgruppen erfüllen die Voraussetzungen nicht:

  • Krankenpflegehelfer
  • Altenpflegehelfer
 

2. Vergleichbarkeit der ausgeübten Tätigkeiten

Zusätzlich zu den Ausbildungs- und Abschlussvoraussetzungen ist auf die tatsächlich ausgeübte Tätigkeit abzustellen. Bei der ambulanten Pflege kommen insbesondere Leistungen der häuslichen Krankenpflege i.S. des § 37 SGB V oder die Erbringung von Leistungen der häuslichen Pflegehilfe i.S. des § 36 SGB XI in Betracht. Zur steuerlichen Behandlung dieser Leistungen hat der BFH mit Urteil vom 22.1.2004, BStBl 2004 II S. 509, Folgendes ausgeführt:

 

2.1 Leistungen der häuslichen Krankenpflege, § 37 SGB V

Werden Leistungen der häuslichen Krankenpflege erbracht, stellt dies die Ausübung eines Heilhilfsberufs dar, die mit der Tätigkeit eines Krankengymnasten vergleichbar ist. Es handelt sich somit um eine freiberufliche Tätigkeit.

Wesentlicher Bestandteil einer solchen Pflegeleistung ist immer die Behandlungspflege, die als medizinische Hilfeleistung unter Verantwortung eines Arztes erbracht wird und somit auf einer Stufe mit Leistungen anderer Heilhilfsberufe steht.

Wird die Behandlungspflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege erbracht, prägt sie die gesamte Pflegeleistung, so dass auch gem. § 37 SGB V zusätzlich zu erbringende Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung nichts ...

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