Unklarheiten gehen zulasten des Verwenders, und zwar wie folgt: Bleiben zwei oder mehrere Deutungen einer Klausel möglich, ist diejenige zugrunde zu legen, die für den Vertragspartner die günstigere ist (§ 305c Abs. 2 BGB). M.a.W. die andere Vertragspartei darf Rosinen picken bzw. sie werden vom Gericht für sie herausgesucht, wenn Streit entsteht.

 
Praxis-Beispiel
  • Die in arbeitsvertraglichen Versorgungsbedingungen enthaltenen Begriffe der Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sind entsprechend der sozialversicherungsrechtlichen Begrifflichkeit auszulegen.[1]

    Eine Kündigungsfristregelung in einem Formulararbeitsvertrag, aus der sich nicht eindeutig ergibt, dass sie erst ab Ende der Probezeit gilt, wurde dahin ausgelegt, dass sie von Beginn des Arbeitsverhältnisses zu beachten ist.[2]

  • Eine Klausel in einem Wohnungsmietvertrag lautete: "Sofern der Mieter Schönheitsreparaturen selbst ausführt oder durch entsprechende Fachfirmen ausführen lässt, werden ihm auf Antrag die anteiligen Beträge... ausgezahlt, sofern die Ausführung fach- und sachgerecht erfolgt ist." Sie wurde so ausgelegt, dass ein im Einzelfall wirkender Zustimmungsvorbehalt und ein Widerspruchsrecht des Vermieters nicht gegeben sind.[3]
  • Im Versicherungsrecht wird sich häufig über Risikoausschlüsse in Versicherungsbedingungen gestritten. Der BGH gibt hierzu vor, dass sie grundsätzlich eng und nicht weiter auszulegen sind, als es der erkennbare Zweck der Regelung erfordert. Der Versicherungsnehmer muss davon ausgehen können, dass der erworbene Versicherungsschutz nur die deutlich gemachten Risiken ausschließt.[4]

    In einer Klausel in den AGB für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung, war ein Selbstbehalt vereinbart. Des Weiteren war geregelt, dass Aufwendungen der Versicherung jeweils dem Kalenderjahr zugerechnet werden, in dem die Behandlung erfolgte. Dem folgend wurde auch die Selbstbehaltsklausel dahin ausgelegt, dass maßgeblich für den Anfall des Selbstbehalts das Jahr der Behandlung und nicht des Erstattungsantrags ist.[5]

  • Ein Abtretungsverbot in einem Kfz-Kaufvertrag wurde so interpretiert, dass von ihm auch Ansprüche aus dem Rückgewährschuldverhältnis nach Rücktritt erfasst sind, weil es sich auch bei diesen Ansprüchen um solche aus dem Vertrag handelt.[6]
  • In einem Stromlieferungsvertrag fand sich die Regelung, dass ein Aktionsbonus für Neukunden dann entfällt, wenn die Kündigung innerhalb des ersten Belieferungsjahres erfolgt, es sei denn, die Kündigung wirkt erst nach Ablauf des ersten Belieferungsjahres. Sie wurde dahin ausgelegt, dass der Bonus bei einer Kündigung zum Ablauf des ersten Belieferungsjahres nicht entfällt.[7]
  • Selten gibt es auch mal den Fall, dass eine Beschränkung vorgenommen wird. So geschehen bei einer Wahlleistungsvereinbarung, bei der sich der BGH an deren Sinn und Zweck orientierte. Sie erstreckte sich auf die Behandlung durch alle "Ärzte des Krankenhauses" und wurde dahin ausgelegt, dass nur die in einem festen Anstellungs- oder Beamtenverhältnis zum Krankenhaus stehende Ärzte gemeint sind, nicht aber Beleg- oder vergleichbare Ärzte.[8]
  • In einem Betriebsschließungsfall im Zusammenhang mit der Covid 19-Pandemie wurde die Klausel Ziff. 3.4 BBSG 19 ("Bedingungen für die Betriebsschließungs-Pauschalversicherung Gewerbe") wegen Unklarheit i. S. v. § 305c BGB für unwirksam erklärt. Der durchschnittliche Versicherungsnehmer könne sie nämlich auch so verstehen, dass der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls maßgeblich ist.[9]

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