Leitsatz

Auch falsche rechtliche Erwägungen eines Sachbearbeiters im Finanzamt führen zum Ausschluss einer Korrekturmöglichkeit aufgrund einer offenbaren Unrichtigkeit.

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft. In der Steuererklärung für das Jahr 2010 erklärte der steuerliche Vertreter der Gesellschaft nicht abziehbare Gewerbesteuer von 2.531 EUR bei einem Jahresfehlbetrag von 15.978 EUR. Tatsächlich war der Jahresfehlbetrag zutreffend, die Gewerbesteuer, die als Forderung aktiviert war, hätte aber diesem Fehlbetrag hinzugerechnet und nicht abgezogen werden müssen. Dies korrigiert der Bearbeiter im Finanzamt jedoch nicht, obwohl er den Jahresabschluss nebst Erläuterungen vorliegen hatte. Der Bearbeiter unterstrich bei der Bearbeitung den Betrag der nicht abziehbaren Gewerbesteuer und verwies auf den Bilanzbericht. Trotzdem erließ er Bescheide, die ein negatives Einkommen von EUR 13.265 auswiesen. Diese wurden bestandskräftig. In 2013 beantragte die Klägerin die Änderung der Festsetzung nach § 129 AO. Aufgrund eines Eingabefehlers sei die Gewerbesteuervorauszahlung hinzugerechnet worden, obwohl sie im Jahresabschluss nicht als Aufwand erfasst sei. Das Finanzamt lehnte die Änderung ab.

 

Entscheidung

Auch die Anfechtungsklage, die die Klägerin vor dem Finanzgericht München erhob, wurde als unbegründet abgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Berichtigung der bestandskräftigen Bescheide nach § 129 AO seien hier nicht erfüllt. Nach dieser Bestimmung könne die Finanzverwaltung Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeit, die beim Erlass eines Verwaltungsakts unterlaufen sind, jederzeit innerhalb der Feststellungsfrist berichtigen. Hinsichtlich der ähnlichen offenbaren Unrichtigkeit sei durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs geklärt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen dürfen, dass der Veranlagungsbeamte rechtliche Überlegungen angestellt hat. Hat er diese angestellt, komme eine Änderung nach §129 AO nicht in Betracht. Gemeinsam sei den Fällen des § 129 AO nämlich, dass die Finanzverwaltung mechanische Fehler begangen hätten. Nach diesen Maßstäben seien die Voraussetzungen des § 129 AO im Sachverhalt nicht erfüllt, da durch die handschriftliche Bemerkung des Sachbearbeiters auf der Klärung und den Verweis auf den Bilanzbericht ersichtlich sei, dass der Sachbearbeiter sich sachlich mit dem Fall auseinandergesetzt habe und sodann eine erklärungsgemäße Veranlagung vorgenommen habe. Er habe zwar damit die falschen Angaben der Klägerin übernommen, es stehe aber aufgrund der Vorgehensweise fest, dass er eigene, wenngleich falsche rechtliche Überlegungen angestellt habe.

 

Hinweis

§ 129 AO ist in der Praxis eine Korrekturbestimmung, die oftmals dann angeführt wird, wenn andere Möglichkeiten einer Änderung nicht greifen. Leider ist dabei kaum vorhersehbar, ob das Finanzamt eine Änderung durchführt oder nicht, gerade wenn kein reiner Schreib- oder Rechenfehler vorliegt. Besonders schwierig ist eine Vorhersage über einen Verfahrensausgang, wenn der Steuerpflichtige geltend macht, die Finanzverwaltung habe einen Fehler des Steuerpflichtigen als eigenen Fehler übernommen. Eine Änderung des Verwaltungsakts kommt nämlich dann nicht mehr in Betracht, wenn das Finanzamt eine eigene rechtliche Würdigung des Sachverhalts vorgenommen hat - und sei diese noch so falsch. Dies war hier nach den Feststellungen des Finanzgerichts der Fall. Nichts desto trotz liegt es nahe, dass ein anderer Senat die Bemerkungen des Sachbearbeiters auf der Steuererklärung nicht als Ausdruck einer eigenen rechtlichen Würdigung angesehen hätte. Insofern ist das Urteil für den Klägerin durchaus als misslich anzusehen. Abschließend ist darauf hinzuweisen, dass die Korrekturbestimmung des § 173a AO hier vom Finanzgericht nicht geprüft wurde, da die Regelung auf den Sachverhalt in 2013 noch keine Anwendung gefunden hat. Ob sie eine Änderung ermöglicht hätte, muss deshalb offen bleiben. Eine Änderung nach § 173 AO wurde zutreffend aufgrund eines Verschuldens des Steuerpflichtigen verneint.

 

Link zur Entscheidung

FG München, Urteil vom 26.02.2018, 7 K 1569/17

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