Leitsatz

1. Vermieten Eltern ihrem unterhaltsberechtigten Kind eine ihnen gehörende Wohnung, dann hält der Mietvertrag dem sog. Fremdvergleich stand, wenn zumindest die Hauptpflichten der Vertragsparteien, wie das Überlassen einer bestimmten Mietsache zur Nutzung und die Höhe der zu entrichtenden Miete (vgl. § 535 BGB ), klar und eindeutig vereinbart worden sind und entsprechend dem Vereinbarten durchgeführt werden.

2. Das Vermieten der den Eltern gehörenden Wohnung an ihr unterhaltsberechtigtes unverheiratetes Kind stellt keinen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten i. S. des § 42 AO 1977 dar. An der im Urteil vom 23. 2. 1988, IX R 157/84 (BStBl 1988 II S. 604) und im Beschluss vom 14. 6. 1988, IX B 157/87 (BFH/NV 1990 S. 97) vertretenen Rechtsauffassung hält der Senat nicht mehr fest. Denn das Motiv, Steuern zu sparen, macht eine steuerliche Gestaltung noch nicht unangemessen. Auch Angehörigen steht es frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander steuerlich möglichst günstig zu gestalten.

Der Unterhalt für unterhaltsberechtigte Kinder ( §§ 1601 f. BGB ) ist grundsätzlich durch Entrichten einer Geldrente zu gewähren ( § 1612 Abs.1 Satz 1 BGB ). Das Gesetz räumt aber den unterhaltsverpflichteten Eltern die Möglichkeit ein, gegenüber ihrem unverheirateten Kind die Art der Unterhaltsgewährung zu bestimmen ( § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB ). Sie können ihr Bestimmungsrecht auch in der Weise ausüben, dass sie neben einer Teilrente in Geld eine Wohnung außerhalb des Elternhauses bereitstellen.

Haben sich die Eltern für die Gewährung von Barunterhalt entschieden, so haben sie damit nicht gegen eine vom Gesetzgeber vorgegebene Wertung verstoßen, sondern lediglich von dem ihnen durch das Gesetz eingeräumten Wahlrecht Gebrauch gemacht.

Die von den Klägern gewählte Gestaltung wird auch nicht dadurch rechtsmissbräuchlich, dass das Kind die Miete – zumindest im Wesentlichen – aus dem gewährten Barunterhalt zahlte.

Durch die Zahlung von Unterhalt erfüllen die Eltern ihre Leistungspflicht ( § 1601 BGB ) und werden insoweit frei ( § 362 BGB ). Die Unterhaltszahlung einerseits und die Erfüllung der mietvertraglichen Vereinbarungen andererseits sind zwei bürgerlich-rechtlich und wirtschaftlich unterschiedliche Vorgänge, die auch steuerrechtlich voneinander zu trennen sind.

3. Wohnt und verpflegt sich das unterhaltsberechtigte Kind außerhalb des elterlichen Hausstands, ist die ihm zur Nutzung überlassene Eigentumswohnung der Eltern regelmäßig kein Teil des elterlichen Haushalts.

Einem zwischen Eltern und ihrem Barunterhalt empfangenden Kind geschlossenen Mietvertrag ist jedoch die steuerrechtliche Anerkennung dann zu versagen, wenn Eltern und Kind noch eine Haushaltsgemeinschaft bilden oder wenn die Eltern (Wohnungseigentümer) in Bezug auf die an das Kind vermietete Wohnung mehr als die einem (fremden) Vermieter zustehenden Rechte haben, sich insbesondere ein eigenes (Mit-) Nutzungsrecht vorbehalten.

BFH, Urteil v. 19.10.1999, IX R 39/99.

4. Vermieten Eltern ihrem unterhaltsberechtigten Kind – zusammen mit zwei Mitbewohnern – eine ihnen gehörende Wohnung, dann ist der Mietvertrag auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich i. S. des § 42 AO 1977, weil das Kind die Miete durch Verrechnung mit dem Barunterhalt der Eltern zahlt.

Die Zahlung der Miete durch Verrechnung mit der Unterhaltsforderung ist kein Grund, die Überlassung der Wohnung dem familiären Bereich zuzuordnen (vgl. BFH, Urteil v. 16. 1. 1996, IX R 13/92, BStBl 1996 II S.214, zum Mietverhältnis mit der unterhaltsberechtigten geschiedenen Ehefrau). Die Vereinbarung einer Warmmiete ist bei der Zimmervermietung an Studenten nicht unüblich. Die Höhe der Miete entspricht der, die mit den fremden Mitbewohnern der Wohnung vereinbart wurde.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.10.1999, IX R 30/98

Hinweise:

1. Beide BFH-Urteile betreffen Eigentumswohnungen in Universitätsstädten. Im Falle des BFH-Urteils IX R 39/99 hatten die Eltern die Wohnung seit dem Erwerb 1983 zunächst an fremde Dritte (Studenten) und im Jahre 1993 – zu unveränderten Bedingungen – an ihre nunmehr in Y studierende (volljährige) Tochter vermietet. Die Miete (einschließlich Nebenkosten) betrug nach dem mit der Tochter formularmäßig geschlossenen Mietvertrag 500 DM monatlich und war auf das Bankkonto der Kläger zu überweisen. Die Kläger zahlten der Tochter – ebenso wie deren Geschwistern – in den Streitjahren (1993 und 1994) jeweils 1.200 DM monatlich als Unterhalt. Die eigenen Einkünfte der Tochter betrugen in den Streitjahren 1.152 DM (1993) bzw. 4.142 DM (1994).

Die insoweit bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung erklärten Werbungskostenüberschüsse betrugen 4.575 DM bzw. 7.152 DM.

Im Falle des BFH-Urteils IX R 30/98 hatte die Mutter von der ihr gehörenden Wohnung jeweils einen der drei Haupträume unter Einräumung eines Mitbenutzungsrechts an den Gemeinschaftsräumen an ihre volljährige, unverheiratete Tochter sowie zwei weitere Personen vermietet. Für die Tochter beträgt die monatliche Warmmiete...

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