Leitsatz

1. Das Abzugsverbot für negative Aktiengewinne einer Kapitalgesellschaft aus der Rückgabe von Anteilen an inländischen Investmentfonds (§ 40a Abs. 1 S. 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG 1999) ist im Jahr 2001 nur insoweit anwendbar, als die Gewinnminderungen auf Beteiligungen der Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhen.

2. Die Beschränkung des Abzugsverbots auf negative Aktiengewinne, die auf Beteiligungen der Investmentfonds an ausländischen Kapitalgesellschaften beruhen, verstößt gegen Art. 56 EG (Anschluss an EuGH, Urteil vom 22.01.2009, C-377/07"STEKO Industriemontage GmbH", BFH/NV 2009, 530, BFH/PR 2009, 152).

 

Normenkette

§ 8b Abs. 2 und 3, § 34 Abs. 1 und 10a KStG 1999, § 40a Abs. 1, § 43 Abs. 14 und 18 KAGG, Art. 56 EG

 

Sachverhalt

Klägerin ist eine Versicherungs-AG. Im VZ 2001 erzielte sie negative Aktiengewinne i.H.v. rd. 1,12 Mio. DM aus der Rückgabe von Anteilen an drei inländischen Spezialfonds, die ausländische Aktien enthielten.

Das FA rechnete die negativen Aktiengewinne dem Steuerbilanzgewinn der Klägerin hinzu. Das FA stützte die Hinzurechnung auf § 40a Abs. 1 S. 2, § 43 Abs. 18 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG 1999. Die AG sah in der rückwirkenden Abwendung des sich daraus ergebende Abzugsverbots einen Verfassungsverstoß.

Das FG gab dem FA recht (FG München, Urteil vom 28.02.2008, 7 K 917/07, Haufe-Index 1970575, EFG 2008, 991).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf und gab der Klage statt. Die Hinzurechnung der negativen Aktiengewinne zum Steuerbilanzgewinn gem. § 40a Abs. 1 S. 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG 1999 verstoße im VZ 2001 gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 56 EG, weil Auslandsbeteiligungen in jenem VZ gegenüber Inlandsbeteiligungen ungleich behandelt und benachteiligt würden. Die Frage danach, ob auch ein Verfassungsverstoß vorliege, könne angesichts dessen offen bleiben.

 

Hinweis

1. In BFH/PR 2009, 378 (zum BFH, Urteil vom 22.04.2009, I R 57/06) wurde Ihnen unter 4. der Praxis-Hinweise Folgendes mitgeteilt: "Möglicherweise ‚touchiert’ das Problem der ‚Ungleichbehandlung im Regelungs-Übergangsstadium’ gleichermaßen die in § 40a Abs. 1 KAGG angeordnete erstmalige Anwendung des § 8b Abs. 2 und 3 KStG n.F. auf die Veräußerung von Investmentanteilen mit Auslandsaktien im VZ 2001. Darüber hat (mit allerdings anderer Begründung) das FG München durch Urteil vom 28.02.2008, 7 K 917/07, Haufe-Index 1970575, EFG 2008, 991) entschieden und darüber wurde in der Revisionssache I R 27/08 am 02.09.2009 vor dem BFH mündlich verhandelt."

Die angekündigte mündliche Verhandlung musste wegen kurzfristigen Verfahrensbeitritts des BMF zwar auf den 28.10.2009 verschoben werden. Die daraufhin erfolgte Entscheidung des BFH zu I R 27/08 liegt aber jetzt mit dem Urteilsfall vor. Sie liegt auf derselben Linie wie das vorbezeichnete Urteil I R 57/06 (BFH/NV 2009, 1460, BFH/PR 2009, 379). Beide Urteile schließen nahtlos an das EuGH-Urteil vom 22.01.2009, C-377/07 (BFH/NV 2009, 530, BFH/PR 2009, 152), "STEKO Industriemontage GmbH" an:

2. Mit der Abschaffung des früheren KSt-rechtlichen Anrechnungsverfahrens und dem Übergang zum sog. Halbeinkünfteverfahren wurde die Steuerfreistellung von Gewinnen aus der Veräußerung von Beteiligungen an anderen Körperschaften in § 8b Abs. 2 KStG konstituiert. Damit einher ging die Ausweitung des steuerlichen Abzugsverbots für jegliche die Substanz betreffenden Gewinnminderungen, die mit solchen Veräußerungsgewinnen in Zusammenhang stehen. Das bestimmt § 8b Abs. 3 KStG n.F. Das alles gilt für Inlands- ebenso wie für Auslandsbeteiligungen, und das fand sich auch bei mittelbar über Investmentfonds gehaltene Kapitalbeteiligungen in § 40a Abs. 1 S. 1 und 2 KAGG a.F. wieder.

3. Die Anwendungs- und Übergangsvorschriften in § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 KStG n.F. ebenso wie in § 43 Abs. 18 KAGG a.F. führten allerdings dazu, dass Inlands- und Auslands(fonds-)beteiligungen im Übergangsjahr 2001 im Ergebnis denn doch abweichend voneinander behandelt werden. Denn das umfassende Abzugsverbot griff bei Auslands(fonds-)beteiligungen danach bereits im Jahr 2001, bei Inlandbeteiligungen hingegen erst im VZ 2002.

4. Diese unterschiedliche Behandlung widerspricht, wie der EuGH geklärt hat, europarechtlichen Anforderungen, konkret – da es sich im Streitfall um sog. Streubesitz handelte – der Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 56 EG. § 8b Abs. 3 KStG n.F. fand im VZ 2001 sonach auch für Auslandsgesellschaften keine Anwendung. Das hatte der BFH in besagtem Urteil vom 22.04.2009, I R 57/06 (BFH/NV 2009, 1460, BFH/PR 2009, 379) für unmittelbar gehaltene Kapitalbeteiligungen entschieden, und daran knüpft er nun auch für mittelbar über Fonds gehaltene Kapitalbeteiligungen an.

5. Man möchte meinen: Nachdem das alles schon im Urteil vom 22.04.2009 judiziert war, hätte es keines weiteren größeren Aufhebens bedurft. So dachte auch zunächst der BFH, als er zunächst einen mit dem späteren Besprechungsurteil letztlich gleichlautenden Gerichtsbescheid erließ. Dann jedoch trat (s. unter 1.) das...

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