Leitsatz

1. Nachzahlungs- und Aussetzungszinsen gehören nach § 10 Nr. 2 KStG zu den nicht abziehbaren Aufwendungen und mindern deshalb auch nicht die Bemessungsgrundlage der KSt.

2. Zinsen auf erstattete KSt-Zahlungen (sog. Erstattungszinsen) erhöhen das Einkommen der Kapitalgesellschaften. Die geänderte Rechtsprechung des BFH (BFH, Urteil vom 15.6.2010, VIII R 33/07, BFH/NV 2010, 1917, BFH/PR 2010, 448, BStBl II 2011, 503), nach der – für die Rechtslage vor Inkrafttreten des JStG 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) – auf die Festsetzung von ESt entfallende Erstattungszinsen nicht der ESt unterliegen, ist auf die Einkommensermittlung von Kapitalgesellschaften, die über keine außerbetriebliche Sphäre verfügen, nicht übertragbar.

3. Aus dem Folgerichtigkeitsgrundsatz ist kein verfassungsrechtliches Gebot der symmetrischen steuerlichen Behandlung der Nichtabziehbarkeit von Nachzahlungszinsen einerseits und des Verbots der Besteuerung von Erstattungszinsen andererseits abzuleiten.

 

Normenkette

§ 10 Nr. 2 KStG, § 233a, § 237 AO, Art. 3 Abs. 1 GG

 

Sachverhalt

Das FA setzte gegenüber der Klägerin, einer GmbH, für die Streitjahre (2002 und 2004) Nachforderungs- und Aussetzungszinsen gem. §§ 233a, 237 AO fest und rechnete die Zinsen als nicht abziehbare Aufwendungen gem. § 10 Nr. 2 KStG dem Einkommen der Klägerin wieder hinzu.

Die dagegen gerichtete Klage wurde abgewiesen und die Revision nicht zugelassen (FG Düsseldorf, Urteil vom 17.5.2011, 6 K 703/08 K,G, Haufe-Index 2756868).

 

Entscheidung

Der BFH hat im Rahmen der anschließenden Nichtzulassungsbeschwerde entschieden und die Vorinstanz aus den in den Praxis-Hinweisen benannten Gründen ohne Revisionszulassung bestätigt.

 

Hinweis

1. In seinem Urteil vom 6.10.2009, I R 39/09 (BFH/NV 2010, 470) hatte der I. Senat des BFH im Kern die folgenden (und als solche auch allseits akzeptierten) Aussagen aufgestellt:

Nachzahlungszinsen gem. § 233a AO sind nach § 10 Nr. 2 KStG nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig und das ist verfassungsgemäß. Dass Erstattungszinsen demgegenüber als Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern sind, enthält keinen Wertungswiderspruch; vielmehr rechtfertigt sich das aus den unterschiedlichen Regelungen zur Versteuerung von Kapitaleinkünften und zur fehlenden Möglichkeit zum Abzug privater Schuldzinsen. Das Verbot des Abzugs privat veranlasster Schuldzinsen als Sonderausgabe ist verfassungsrechtlich nicht bedenklich.

2. In seinem durchaus spektakulären (und auch für die Fachwelt überraschenden) Urteil vom 15.6.2010, VIII R 33/07 (BFH/NV 2010, 1917, BFH/PR 2010, 448, BStBl II 2011, 503) hat der VIII. Senat des BFH zwar den Abzugsausschluss für die Nachzahlungszinsen bestätigt und das gleichermaßen für "verfassungsfest" gehalten. Er hat sich indes der "Asymmetrie" zu der Steuerpflicht der Erstattungszinsen widersetzt: Solche korrespondierenden Erstattungszinsen unterlägen beim Steuerpflichtigen mangels Steuerbarkeit nicht der Besteuerung.

Bekanntlich (und verständlicherweise) hat darauf der Gesetzgeber mittels eines Nichtanwendungsgesetzes reagiert (in § 20 Abs. 1 Nr. 7 Satz 3 EStG i.d.F. des JStG 2010), dessen "Durchschlagskraft" allerdings abermals auf dem Prüfstand steht. (Und das zumindest beim VIII. BFH-Senat im Beschluss vom 22.12.2011, VIII B 190/11, BFH/NV 2012, 640, beträchtliche Zweifel i.S.v. § 69 Abs. 3 FGO aufwirft, die die AdV entsprechender Bescheide rechtfertigen soll. Nähere Erwägungen dafür gibt der VIII. Senat im summarischen Eilverfahren nicht, er begnügt sich mit Hinweisen auf das Echo in der Literatur).

3. In jener Literatur war nun zusätzlich der Gedanke aufgekommen und diskutiert worden, ob all das, was aus Sicht des VIII. Senats für natürliche Personen und Personalgesellschaften gelten soll, nicht auch auf Kapitalgesellschaften übertragen werden müsse.

Der BFH hat das (in einem sog. Nichtzulassungsbeschluss) verneint:

  • Kapitalgesellschaften verfügen gemeinhin über keine sog. außerbetriebliche Sphäre. Alles Vereinnahmte führt zu Betriebseinnahmen und ist steuerbar.
  • Ein Gleichheitsverstoßzu natürlichen Personen und Personalgesellschaften liegt darin nicht, weil der Gesetzgeber von Verfassungs wegen nicht zu einer strikten rechtsformneutralen Besteuerung gezwungen ist.
  • Und auch ein verfassungsgetragener "Folgerichtigkeitszwang", Nachzahlungszinsen einerseits und Erstattungszinsen andererseits "symme­trisch" zu erfassen, scheidet aus. Erstattungszinsen wollen den vorübergehenden Entzug von Kapital ausgleichen. Das Abzugsverbot für Nachzahlungszinsen nach § 10 Nr. 2 zweiter Halbsatz KStG zielt demgegenüber auf eine Gleichbehandlung mit der Steuerbelastung natürlicher Personen, die solche Nebenleistungen nicht abziehen können.

4. Fazit: Hoffnungen, aus der gewandelten Spruchpraxis des VIII. Senats des BFH "Nektar" auch für Kapitalgesellschaften saugen zu können, haben sich (wie bei jenem so auch beim I. Senat nach "kollegialer Diskussion", s. zz, DStR 2012, 896) zerstoben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 15.2.2012 – I B 97/11

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