Rz. 192

Als gleichwertige Alternative zum Anschaffungskostenmodell erlaubt IAS 16 die Neubewertung der Vermögenswerte des Sachanlagevermögens. Dieses Methodenwahlrecht steht dem Bilanzierenden aufgrund des Stetigkeitsgrundsatzes nur bei der erstmaligen Folgebewertung zur Verfügung und erfordert damit eine sorgfältige Abwägung. In den Folgejahren ist die Möglichkeit eines Methodenwechsels an die Bedingung einer dadurch hervorgerufenen verbesserten Darstellung der Vermögens-, Finanz- und Ertragslage oder der Cashflows geknüpft; es sei denn, ein anderer Standard verlangt ausdrücklich einen Methodenwechsel (IAS 8.14). Eine erhöhte Darstellungstransparenz wird regelmäßig nur bei einem Wechsel vom Anschaffungskostenmodell zum Neubewertungsmodell als gegeben unterstellt. Einen Ausnahmefall stellt der Wegfall eines aktiven Markts dar, der einen Wechsel vom Neubewertungs- zum Anschaffungsmodell rechtfertigen kann.

Bei der Neubewertung werden die Wertsteigerungen nicht über die GuV, sondern nach Berücksichtigung latenter Steuern zunächst in einer Neubewertungsrücklage innerhalb des Eigenkapitals erfasst.[1] Die die bisherigen Werte übersteigenden Neubewertungsbeträge werden somit erfolgsneutral erfasst. Für die Anwendung des Neubewertungsmodells ist nach IAS 16.31 ff. sicherzustellen, dass

  • eine verlässliche Bestimmbarkeit des beizulegenden Zeitwerts gegeben ist,
  • die Neubewertung in regelmäßigen Abständen durchgeführt wird und vor dem Hintergrund der Volatilität der Wertentwicklung des Vermögenswerts in ausreichend kurzen Abständen erfolgt, um eine möglichst zutreffende Bewertung zu erreichen,
  • die Neubewertung nur für eine ganze Gruppe von Vermögenswerten, d. h. z. B. Grund und Boden, Maschinen, Büroausstattung, erfolgen darf und
  • die Neubewertung für die Gruppe gleichzeitig erfolgen kann.
 

Rz. 193

Der beizulegende Zeitwert (fair value) ist für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 1.1.2014 begonnen haben, der Preis, der in einem geordneten Geschäftsvorfall zwischen Marktteilnehmern am Bemessungsstichtag für den Verkauf eines Vermögenswerts eingenommen bzw. für die Übertragung einer Schuld bezahlt werden würden (IFRS 13.9). Inhaltlich ergeben sich kaum Unterschiede zu der zuvor geltenden Definition des IAS 16.6,[2] nach der der fair value der Betrag ist, zu dem zwischen sachverständigen, vertragswilligen und voneinander unabhängigen Geschäftspartnern getauscht werden könnte.

Es handelt sich um einen Abgangspreis, wobei es unerheblich ist, ob dieser unmittelbar beobachtet werden kann oder über anerkannte Bewertungstechniken geschätzt wird. Eine Berücksichtigung von Transaktionskosten hat nicht zu erfolgen, da diese nicht Merkmal eines Vermögenswerts oder einer Schuld sind (IFRS 13.25). Anders verhält es sich dagegen mit Transportkosten, da diese sehr wohl Bestandteil des Vermögenswerts sein können (IFRS 13.26/BC62).

 

Rz. 194

Für die fair value-Ermittlung eines Bewertungsobjekts ist dessen "bestmöglicher" Verwertungszweck, der "richtige" Markt und die angemessene Bewertungsmethodik zu beachten (IFRS 13.IN10/B2). Dazu sind die Eigenschaften des zu bewertenden Vermögenswerts zu berücksichtigen, wie die konkrete Beschaffenheit, der Ort der Verwertung, vertragliche oder sonstige Beschränkung des Einsatzes. Die Sichtweise muss dabei stets unternehmensunabhängig aus der eines beliebigen, auf den eigenen wirtschaftlichen Nutzen achtenden Marktteilnehmers erfolgen (IFRS 13.11 und 22).

Auch nach IFRS 13 gelten notierte Preise auf aktiven Märkten als beste Schätzung für den fair value. Als Markt stellt sich das IASB zunächst den Hauptmarkt vor, der bestimmt wird als der

  • mit dem größten Handelsvolumen und Aktivitätenlevel (IFRS 13.A),
  • vom Unternehmen gewöhnlich in Anspruch genommen wird (IFRS 13.17) und
  • dem Unternehmen auch offensteht – hier ist somit auf die Unternehmensperspektive abzustellen (IFRS 13.19).

Sollten diese Voraussetzungen für einen Hauptmarkt nicht erfüllt sein, so ist auf den vorteilhaftesten Markt auszuweichen, auf dem bei Vermögenswerten der höchste bzw. für Schulden der niedrigste Preis erzielt werden kann (IFRS 13.16b). Diese hohen Anforderungen werden vom IASB durch den expliziten Hinweis etwas entschärft, dass stets nur die allgemein zur Verfügung stehenden Informationen heranzuziehen sind, mithin eine aufwendige Recherche nicht notwendig ist (IFRS 13.19). Nach Ansicht von Freiberg reicht eine jährliche Überprüfung des relevanten Marktes aus – höchstens bei wesentlichen Entwicklungen wäre eine häufigere anlassbezogene Prüfung notwendig.[3]

 

Rz. 195

Beliebige Marktteilnehmer werden nach IFRS 13.A definiert als

  • unabhängig zueinander stehende (keine nahestehenden Personen/Unternehmen),
  • sachkundige und über ein hinreichendes (nicht vollständiges) Wissen verfügende und
  • willige und fähige Personen, eine Transaktion vorzunehmen, sie agieren also nicht unter Zwang.
 

Rz. 196

Dem Umstand, dass der unmittelbare Rückgriff auf das Konstrukt eines aktiven Markts und der daran anknüpfenden Bedingungen im Fall produktionsbezogener und ...

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