Rz. 187

Nach IAS 16.29 und IAS 38.75 kann bei der Folgebewertung zwischen dem Anschaffungskosten- oder Neubewertungsmodell gewählt werden. Letztere Option, die im Zusammenhang mit der sowohl beim IASB als auch innerhalb des FASB seit einiger Zeit geführten Diskussion um eine generelle Bilanzierung zum Fair Value zu sehen ist,[1] führt zu einem Ansatz des Marktzeitwerts. Während im Sachanlagevermögen jedoch für die Ermittlung des Fair Value auch Bewertungsmodelle herangezogen werden dürfen, verlangt IAS 38.57 einen aktiven Markt für die immateriellen Vermögenswerte, der in der Praxis höchst selten gegeben sein dürfte. In Deutschland wird die Option von den im DAX, MDAX und SDAX notierten Unternehmen nur sehr vereinzelt und dann auch primär nur für betrieblich genutzten Grund und Boden wahrgenommen.[2]

 

Rz. 188

Im Anschaffungskostenmodell sind die Vermögenswerte zu fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten zu bewerten. Daher sind in den Folgejahren bei abnutzbaren Vermögenswerten zur nutzungsgerechten Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten über die zu bestimmende Nutzungsdauer planmäßige Abschreibungen vorzunehmen. Hierzu sind, wie inzwischen im HGB, keine steuerlich beeinflussten, sondern betriebswirtschaftlich tatsachengemäße Nutzungsdauern zugrunde zu legen. Dabei sind Schätzungen unerlässlich, die angelehnt sein können an Erfahrungswerte mit gleichartigen Vermögenswerten. Ein Indiz können auch die in der Kostenrechnung verwendeten Nutzungsdauern sein. Auch wenn kein Zwang zur Verwendung besteht, liegt eine Übernahme dieser Werte in die in der Praxis regelmäßig verwendeten Bilanzierungshandbücher und damit in die Finanzbuchhaltung nahe. Sinnvoll erscheint es, die konkrete Investitionsplanung zugrunde zu legen, da durch die Berücksichtigung von Veräußerungswerten auch eine Investitionspolitik mit einer deutlich kürzeren als der technisch möglichen Nutzungsdauer zutreffend im Abschluss abgebildet werden kann. Insgesamt zeigt sich die Notwendigkeit einer engen Einbindung der Investitions- und Anlagenrechnung, indem diese zentrale Informationsbausteine zur Ansatz- und Bewertung des Sachanlagevermögens beitragen. Diese erstrecken sich insbesondere auf die hier dargestellten Kernfragen sowie hinsichtlich der Prüfung einer Aktivierungspflicht nachträglicher Anschaffungs- oder Herstellungskosten, der Ermittlung und Überprüfung der Abschreibungsmethode und der Erstellung der Anhangangaben.[3]

Die Schätzwerte für die Nutzungsdauern sind nach IAS 16.51 wenigstens jährlich zu überprüfen, wobei Schätzwertänderungen nach IAS 8 zu berücksichtigen sind. Anders als nach der HGB-Rechnungslegung bilden die Werte der steuerlichen AfA-Tabellen zwar eine prinzipiell verwendbare, letztlich aber keine praktikable Orientierungsgröße, da diese nur selten mit den in der individuellen betrieblichen Realität gegebenen Nutzungsdauern übereinstimmen werden. Ihre Verwendung sollte sich allenfalls auf tendenziell stringent auszulegende Ausnahmefälle beschränken, in denen verlässliche Informationen, die eine individuelle Schätzung erlauben würden, fehlen.[4]

 

Rz. 189

Eine vergleichbare Regelung einer aus dem Wirtschaftlichkeitsgrundsatz folgenden Sofortabschreibung oder Poolbildung von geringwertigen Wirtschaftsgütern ist nach IFRS – wie nach dem HGB – nicht explizit benannt. Mit Hinweis auf den Materiality-Grundsatz[5] wird dies in der Praxis verbreitet in Anlehnung an deutsche Regelungen durchgeführt,[6] wobei die vorgenommene Auslegung des Wirtschaftlichkeitsgrundsatzes im Anhang anzugeben ist.

 

Rz. 190

In ökonomischer Hinsicht führt die Abschreibung zu einer Minderung des Buchwerts des Sachanlagevermögenswerts, die den Werteverzehr der Abrechnungsperiode widerspiegelt. Dabei ist es nach IAS 16.52 unerheblich, ob dadurch der Buchwert den aktuellen Marktzeitwert unterschreitet. Konkret sind, ebenso wie nach dem HGB, nach IFRS die lineare (straight line method), die (geometrisch-)degressive und die leistungsbedingte Abschreibung (sum of the units method) erlaubt, wobei die angewandte Methode mindestens einmal jährlich daraufhin zu überprüfen ist, ob sie dem tatsächlichen Nutzungsverlauf entspricht (IAS 16.60 f.). Obwohl die deutsche IFRS Bilanzierungspraxis die lineare Methode klar bevorzugt,[7] ist somit auch die degressive gleichberechtigt erlaubt, wobei die Anwendung stetig zu erfolgen hat und der Werteverzehr angemessen widerzuspiegeln ist. Letzteres ist objektiv in der Praxis nicht zu bestimmen, sodass bei der Auswahl der geeigneten Abschreibungsmethode stets ein Ermessensspielraum gegeben ist.

 

Rz. 191

Der Abschreibungszeitraum beginnt an dem Tag, an dem der Vermögenswert sich erstmals in einem betriebsbereiten Zustand befindet, und endet mit der Ausbuchung des Vermögenswerts oder der Klassifikation als zur Veräußerung bestimmt (IFRS 5). Der auf die wirtschaftliche Nutzungsdauer zu verteilende Betrag ergibt sich aus den Anschaffungs- und Herstellungskosten, abzüglich eines zu schätzenden Restwerts. Letzterer ist ebenfa...

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