Rz. 8

Üblicherweise wird (vor dem Hintergrund des Vollständigkeitsgebots) auf einen Erinnerungswert, i. d. R. 1 EUR, abgeschrieben. Dieser wird so lange fortgeführt, wie der Anlagegegenstand noch im Betriebsvermögen verbleibt. Verlässt der Anlagegegenstand das Betriebsvermögen bei einem Verkauf, bei einer Entnahme oder wird er auf sonstige Weise hieraus entfernt, wird er ausgebucht.

Würde nicht auf Erinnerungswerte, sondern auf 0 EUR abgeschrieben, entspräche der Bilanzausweis nicht der Richtigkeit. Abgeschriebene noch vorhandene und genutzte Anlagen erschienen nicht in der Bilanz. Die Bilanz wäre somit unrichtig.

Wird ein abgeschriebener Anlagegegenstand verkauft oder entnommen, wird i. H. d. Veräußerungs- oder Entnahmewerts (abzüglich des Erinnerungswerts) ein Ertrag erzielt. Es werden die stillen Reserven aufgedeckt. Wird ein Anlagegegenstand auf 0 EUR abgeschrieben, besteht die Möglichkeit, die stillen Reserven beim Ausscheiden aus dem Betriebsvermögen nicht zu erfassen. Das ist zwar bei zielgerechtem Handeln auch möglich, wenn der Anlagegegenstand mit dem Erinnerungswert angesetzt ist, aber aus kaufmännischer Gepflogenheit soll der Posten den ordentlichen Kaufmann an das Vorhandensein des Anlagegegenstands erinnern.

 

Rz. 9

Fraglich ist, ob handelsrechtlich auch auf einen höheren Wert abzuschreiben ist, wenn der Veräußerungserlös abzüglich der evtl. Ausbaukosten noch erheblich ist.

 
Praxis-Beispiel

Unternehmer U kauft für seine persönlichen betrieblichen Zwecke Fahrzeuge einer bestimmten Nobelmarke. Er verkauft die Pkws nach etwa 3 Jahren und kauft sich Pkws gleicher Klasse bzw. gibt sie beim Neukauf solcher Pkws wieder in Zahlung. Diese Handhabung hat sich als wirtschaftlich sinnvoll erwiesen, da die Pkws regelmäßig noch mit einem erheblichen Wert in Zahlung genommen werden und bis dahin kaum Reparaturen anfallen. U hat Anfang Januar 01 einen Pkw für 120.000 EUR angeschafft und auf 6 Jahre abgeschrieben. Beim Kauf des neuen Pkw Anfang Januar 04 wird dieser von seinem Händler in Höhe von netto 85.000 EUR in Zahlung genommen. Bei dem Anfang des Jahres 01 angeschafften Pkw ergibt sich aus der Buchführung:

 
Anschaffungskosten im Januar 01 120.000 EUR
Abschreibung unter Zugrundelegung einer Nutzungsdauer von 6 Jahren, wie sie steuerlich zulässig ist  
Abschreibung Jahr 01 20.000 EUR
Buchwert 31.12.01 100.000 EUR
Abschreibung Jahr 02 20.000 EUR
Buchwert 31.12.02 80.000 EUR
Abschreibung Jahr 03 20.000 EUR
Buchwert 31.12.03 60.000 EUR
Beim Kauf des Neuwagens wird der Pkw in Zahlung genommen mit 85.000 EUR
Veräußerungsgewinn 25.000 EUR

Hätte U den Pkw auf einen Restwert von 80.000 EUR abgeschrieben, betrüge der Veräußerungsgewinn nur 5.000 EUR.

 

Rz. 10

Wird ein Restwert bei der Abschreibung berücksichtigt, werden nicht die gesamten Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilt, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann. Das scheint im Widerspruch zum Wortlaut von § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB zu stehen. Ist aber der Verwertungserlös im Vergleich zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten von erheblicher Bedeutung, würde eine Vollabschreibung die Vergleichbarkeit der Jahresergebnisse beeinträchtigen und daher unzulässig sein. Daher ist in diesen Fällen auf den voraussichtlichen Restwert abzuschreiben.[1] Handelsrechtlich kann sich also aus dem Grundsatz der tatsachengemäßen Abbildung ergeben, dass auf einen Restwert abzuschreiben ist. Das ergibt sich auch, wenn man § 253 Abs. 3 Satz 2 HGB so auslegt, dass allgemein die Verwertung eines abgenutzten Gegenstands noch als letzte Nutzungshandlung zur Nutzung zählt.[2]

 

Rz. 11

Ein Schrottwert ist bei der Abschreibung ebenfalls nur dann zu berücksichtigen, wenn er im Vergleich zu den Anschaffungs- oder Herstellungskosten erheblich ist. Das ist nach der BFH-Rechtsprechung im Allgemeinen nur bei Schiffen der Fall.[3] Nach der h. M. ist nach HGB allerdings ein Schrottwert regelmäßig zu berücksichtigen, wenn dieser mit ausreichender Sicherheit anfällt und der Veräußerungserlös wesentlich sein wird.[4] Dann werden beim Zugang des Vermögensgegenstands die Anschaffungs- oder Herstellungskosten zunächst um den Schrottwert gekürzt. Nur der Restbetrag an Anschaffungs- oder Herstellungskosten wird auf die Nutzungsdauer des Wirtschaftsguts abgeschrieben.

Wird ein zu erwartender erheblicher Schrottwert nicht berücksichtigt, so wird beim Verkauf des voll abgeschriebenen Wirtschaftsguts ein hoher Veräußerungserlös und damit ein erheblicher sonstiger betrieblicher Ertrag erzielt, der die Vergleichbarkeit der Betriebsergebnisse des Unternehmens in aufeinander folgenden Wirtschaftsjahren stören kann. Wird ein Schrottwert berücksichtigt und beim Ausscheiden des Wirtschaftsguts als Aufwand gegengebucht, wird in dieser Höhe die Buchung eines sonstigen betrieblichen Ertrags vermieden.[5]

[1] Vgl. Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 253 HGB Rz. 416.
[2] Vgl. Schubert/Andrejewski, in Beck´scher Bilanz-Komm...

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