1.1.1 Zugangsbewertung und Grundsachverhalte der Folgebewertung

 

Rz. 2

Wurde ein Vermögensgegenstand mit Mitteln des Unternehmens angeschafft oder hergestellt, sind die Anschaffungskosten oder Herstellungskosten die Bemessungsgrundlage für die Abschreibungen.[1] Die Vermögensgegenstände dürfen höchstens mit den Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt werden. Diese Wertobergrenze gilt auch für die Folgebewertung, wobei die Anschaffungs- und Herstellungskosten dann ggf. um Abschreibungen zu vermindern sind (§ 253 Abs. 1 Satz 1 HGB). Ein höherer Wertansatz ist somit auch dann nicht erlaubt, wenn die Wiederbeschaffungskosten höher liegen oder ein höchst wahrscheinlicher Verkaufspreis eine höhere Bewertung rechtfertigen könnte.

Dieser Wert darf aber auch nicht unterschritten werden. Die Wertuntergrenze ist lediglich nachträglich durch Zuschreibungen zu erhöhen, wenn die niedrigeren Wertansätze, die aufgrund von Abschreibungen der Vorperioden entstanden sind, nicht mehr begründet sind (§ 253 Abs. 5 HGB, siehe Rz. 74 ff.). Einzige Ausnahme bildet ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert, der vom Gesetzgeber in § 253 Abs. 5 Satz 2 HGB mit einem Zuschreibungsverbot belegt wurde.

1.1.2 Folgebewertung: Planmäßige Abschreibung

1.1.2.1 Abnutzbare Anlagegegenstände

 

Rz. 3

Abnutzbare Anlagegegenstände "sind" handelsrechtlich planmäßig abzuschreiben. Es besteht also ein Abschreibungsgebot. Planmäßige Abschreibung bedeutet: Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind um Abschreibungen nach einem bestimmten Plan zu vermindern. Der Plan muss die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Geschäftsjahre verteilen, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann (§ 253 Abs. 3 Sätze 1, 2 HGB).

 

Rz. 4

Abnutzbar sind die Anlagegegenstände, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist (§ 253 Abs. 3 Satz 1 HGB). Zeitlich begrenzt ist die Nutzung, wenn der Vermögensgegenstand der mengenmäßigen Abnutzung (z. B. als technischer Verschleiß durch Abnutzung oder Substanzverringerung durch Abbau), einer wertmäßigen Abnutzung (z. B. wegen technischen Fortschritts oder Modellwechseln) oder einer rechtlichen Abnutzung (z. B. bei einer begrenzten Schutzwirkung von Rechten) unterliegt. Nicht entscheidend ist, ob ein (in seiner Nutzbarkeit nicht begrenzter) Vermögensgegenstand in einem bestimmten Unternehmen nur für eine zeitlich begrenzte Nutzung vorgesehen ist.[1]

 
Praxis-Beispiel

Abnutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens: Erworbene Geschäfts- oder Firmenwerte, Patente, Gebäude, Maschinen, maschinelle Anlagen, Büroausstattung, Einrichtungsgegenstände, Kraftfahrzeuge.

Nicht abnutzbare Vermögensgegenstände des Anlagevermögens: Grund und Boden, Finanzanlagen, geleistete Anzahlungen, Anlagen im Bau.

[1] Vgl. Schubert/Andrejewski, in Beck´scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 253 HGB Rz 212.

1.1.2.2 Abschreibungsplan

1.1.2.2.1 Inhalt und Form

 

Rz. 5

Die Anschaffungs- oder Herstellungskosten sind planmäßig auf die Geschäftsjahre, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann, zu verteilen.

Für jeden einzelnen Vermögensgegenstand ist nach dem Grundsatz der Einzelbewertung ein Abschreibungsplan aufzustellen.

Spätestens bei Vornahme der ersten Abschreibung werden hierbei festgelegt:

  • die Nutzungsdauer und
  • die Abschreibungsmethode.

Der Abschreibungsplan muss nicht ausdrücklich schriftlich fixiert sein. In der Praxis werden die Merkmale der planmäßigen Abschreibung in der Anlagenkartei oder in der Abschreibungstabelle festgehalten, was ausreicht.[1] Die Anlagenkartei wird i. d. R. per EDV geführt.

[1] Adler/Düring/Schmaltz, Rechnungslegung und Prüfung der Unternehmen, 6. Aufl. 1995–2001, § 253 HGB Rz. 365.

1.1.2.2.2 Zweck

 

Rz. 6

Bei der planmäßigen Abschreibung kommt es nicht in erster Linie darauf an, die Vermögensgegenstände zu den Bilanzstichtagen mit den "richtigen Werten" i. S. d. jeweiligen Zeitwerte auszuweisen, sondern die Anschaffungs- oder Herstellungskosten auf die Jahre der voraussichtlichen Nutzung zu verteilen. Primäres Ziel ist daher im Sinne der dynamichen Bilanzauffassung die Periodisierung des Aufwands.[1] Die planmäßige Abschreibung bezweckt somit, die einzelnen Geschäftsjahre erfolgsmäßig gegeneinander abzugrenzen und nicht den genauen Wertverlauf des Vermögensgegenstands am Markt widerzuspiegeln. Im Sinne der Unternehmensfortführungsprämisse kommt es somit stärker auf die Betrachtung des unternehmerischen Nutzens eines Vermögensgegenstands an, als auf eine mögliche Veräußerung. Damit übernehmen Abschreibungen eine Finanzierungsfunktion: Die erhöhten Aufwendungen, die aber in der jeweiligen Periode nicht zu Auszahlungen führten, vermindern den Gewinn, die Steuerzahlung und die Ausschüttung. Somit verbleiben Finanzmittel im Unternehmen, die – so sie angespart werden – für die Reinvestition zur Verfügung stehen.

Art- und funktionsgleiche Anlagen, die vergleichbaren Nutzungs- und Risikobedingungen unterliegen, müssen nach dem Stetigkeitsgebot nach gleichen Abschreibungsplänen abgeschrieben werden.[2]

Dies...

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