Die willentlich und willkürlich unterlassene Normal-AfA kann auch von Steuerpflichtigen mit Einnahmenüberschussrechnung nicht in späteren Gewinnermittlungszeiträumen nachgeholt werden.[1] Diese Betrachtung beruht auf dem Prinzip der Gesamtgewinngleichheit, wonach die Art der Gewinnermittlung zwar zu unterschiedlichen Periodengewinnen führen kann, der Totalgewinn von Beginn bis Ende des Betriebs aber gewahrt bleiben muss.

 
Praxis-Beispiel

Keine Verrechnung der unterlassenen AfA mit Verkaufserlös

Steuerberater A ermittelt seinen Gewinn durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG. Er nutzt seinen zum notwendigen Betriebsvermögen gehörenden Pkw auch für private Zwecke. Angeschafft wurde der Pkw im Januar 01. Es handelt sich um ein Gebrauchtfahrzeug. A hat in den Jahren 01 und 02 – ausgehend von einer geschätzten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von 4 Jahren – eine jährliche AfA von 25 % von 20.000 EUR = 5.000 EUR als Betriebsausgaben abgesetzt. Der "Restbuchwert" zum 31.12.02 beträgt somit 10.000 EUR.

Der Kfz-Privatnutzungsanteil wird nach der 1 %-Methode ermittelt.[2] In den Jahren 03 und 04 kommt es zur sog. Kostendeckelung, d. h. der Privatanteil ist so hoch wie die tatsächlichen Pkw-Kosten. Eine AfA wäre in diesen Jahren ohne steuerliche Auswirkung geblieben, da sich um denselben Betrag der Privatanteil erhöht hätte. A hat daher die AfA von 5.000 EUR jährlich in den Jahren 03 und 04 bewusst unterlassen. Im Anlagenverzeichnis zum 31.12.04 ist der Pkw weiterhin mit 10.000 EUR ausgewiesen.

A hat den Pkw im Januar 05 für 10.000 EUR zuzüglich 19 % Umsatzsteuer verkauft. Er macht 05 den "Restbuchwert" des Pkw von 10.000 EUR als Betriebsausgabe geltend und erklärt dementsprechend keinen Veräußerungsgewinn. Die Steuerbescheide vor 05 sind alle bestandskräftig und nach den Vorschriften der AO nicht mehr änderbar.

Vorliegend kommt eine Nachholung der materiell-rechtlich nicht auf das Jahr 05, sondern auf die Jahre 03 und 04 entfallenden AfA i. H. von 5.000 EUR (AfA 03) bzw. 3.999 EUR (AfA 04) nicht in Betracht, weil A die Normal-AfA willentlich und zudem willkürlich unterlassen hat, um daraus steuerliche Vorteile zu erzielen.

Die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 2 EStG, die der Berechnung der jährlichen AfA zugrunde zu legen ist, endet hier im Jahr 04. Deshalb ist der Betrag, mit dem der Pkw bei zutreffender Vornahme der AfA im Januar 05 im Anlagenverzeichnis stehen würde, vom Veräußerungserlös abzuziehen. Bei zutreffender Vornahme der AfA hätte der Pkw im Zeitpunkt der Veräußerung einen "Restbuchwert" von 1 EUR gehabt. Zieht man diesen Betrag vom Veräußerungserlös ab, ergibt sich im Jahr 05 ein Veräußerungsgewinn von 9.999 EUR.[3]

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