1.1 Handelsrecht unterscheidet zwischen zeitlich begrenzter und zeitlich unbegrenzter Nutzung

Der Handelsgesetzgeber teilt die Vermögensgegenstände des Anlagevermögens im Hinblick auf die Erfassung von Wertminderungen in 2 Bewertungsgruppen ein. Er unterscheidet zwischen

  • Vermögensgegenständen, deren Nutzung zeitlich begrenzt ist,[1] und
  • Vermögensgegenständen, deren Nutzung zeitlich nicht begrenzt ist.[2]

1.2 Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mit zeitlich begrenzter Nutzung

1.2.1 Planmäßige Abschreibungen

Vermögensgegenstände des Anlagevermögens mit zeitlich begrenzter Nutzung (sog. abnutzbares Anlagevermögen) sind solche, deren Nutzungsvorrat sich durch Gebrauch (Verschleiß), durch wirtschaftliche Entwertung (z. B. technischer Fortschritt) oder durch Zeitablauf (z. B. Patente) von Periode zu Periode vermindert. Bei Vermögensgegenständen mit zeitlich begrenzter Nutzung stellt also eine Wertminderung über die Jahre der Nutzung hinweg einen normalen, regelmäßig voraussehbaren Vorgang dar:

  • Sie müssen planmäßig abgeschrieben werden,[1] und zwar verteilt auf die Geschäftsjahre, in denen der Vermögensgegenstand voraussichtlich genutzt werden kann[2].
  • Über die planmäßigen Abschreibungen werden die Wirtschaftsgüter mit den sog. "fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten" bewertet[3].

Von planmäßigen Abschreibungen wird gesprochen, weil die Wertminderungen schematisch nach einem von vornherein aufgestellten Plan (Abschreibungsplan) berücksichtigt werden. Für abnutzbare Gegenstände des Anlagevermögens wird der Wertverlust primär durch regelmäßige Abschreibungen berücksichtigt (Abschreibungsprinzip). Mit den planmäßigen Abschreibungen soll sichergestellt werden, dass die Anschaffungs- oder Herstellungskosten während der Nutzungsdauer erfolgswirksam und möglichst periodengerecht verrechnet werden.

Die um die planmäßigen Abschreibungen verminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten bilden die Wertobergrenze für die Bilanzierung[4] und stellen die "fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten" dar.

1.2.2 Spezielle Regelung für die Geschäftswertabschreibung

Entgeltlich erworbene immaterielle Wirtschaftsgüter müssen handelsrechtlich aktiviert werden[1]. Darüber hinaus können seit Inkrafttreten des BilMoG generell auch selbst geschaffene (originäre) immaterielle Vermögensgegenstände des Anlagevermögens aktiviert werden (§ 248 Abs. 2 Satz 1 HGB). Kann in Ausnahmefällen die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens nicht verlässlich geschätzt werden, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von 10 Jahren vorzunehmen.[2] Diese Vorschrift findet auf einen entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwert entsprechende Anwendung.[3] Das Gesetz fordert eine Erläuterung des Zeitraums, über den ein entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert abgeschrieben wird.[4]

Als entgeltlich erworbener (derivativer) Geschäfts- oder Firmenwert wird gem. § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB der Unterschiedsbetrag bezeichnet, um den die für die Übernahme eines Unternehmens bewirkte Gegenleistung den Wert der einzelnen Vermögensgegenstände des Unternehmens abzüglich der Schulden im Zeitpunkt der Übernahme übersteigt. Der derivative Geschäfts- oder Firmenwert gilt nach § 246 Abs. 1 Satz 4 HGB als zeitlich begrenzt nutzbarer Vermögensgegenstand.

1.2.3 Außerplanmäßige Abschreibungen auf die fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten

Auf zeitlich begrenzt nutzbare Vermögensgegenstände sind bei voraussichtlich dauernder Wertminderung außerplanmäßige Abschreibungen vorzunehmen, um die Vermögensgegenstände mit dem niedrigeren Wert anzusetzen, der ihnen am Abschlussstichtag beizulegen ist[1] Die Vorschrift erfordert zu jedem Abschlussstichtag einen Vergleich zwischen den (ggf. fortgeführten, d. h. um planmäßige Abschreibungen verminderten) Anschaffungs- oder Herstellungskosten und den Zeitwerten der einzelnen Vermögensgegenstände. Wird dabei festgestellt, dass der Zeitwert eines Gegenstands unter seinem Buchwert liegt, muss der niedrigere Zeitwert in der Bilanz angesetzt werden, wenn von einer dauerhaften Wertminderung auszugehen ist.

GWG-Abschreibung als Sonderfall außerplanmäßiger Abschreibung

Einen Sonderfall der außerplanmäßigen Abschreibungen stellt die sofortige Vollabschreibung geringwertiger (selbständig nutzbarer) Anlagegegenstände dar, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten einen bestimmten Betrag nicht übersteigen. Steuerlich ergibt sich diese Möglichkeit aus § 6 Abs. 2 Satz 1 EStG, wonach die Anschaffungs- oder Herstellungskosten solcher Wirtschaftsgüter im Jahr ihrer Anschaffung, Herstellung, Einlage oder Betriebseröffnung in voller Höhe als Betriebsausgaben abgesetzt werden können. Dieses steuerliche Wahlrecht zwischen Sofortabzug und Verteilung des Aufwands ist nach überwiegender Ansicht aus Gründen der Bilanzierungsvereinfachung auch handelsrechtlich zulässig. Gestützt wird die handelsrechtliche Zulässigkeit auch durch den Grundsatz der Wesentlichkeit.

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