Kommentar

Prämien , die ein Verlagsunternehmen seinen Zeitungsausträgern für die Werbung neuer Abonnenten gewährt, sind dann kein Arbeitslohn , wenn die Zeitungsausträger weder rechtlich noch faktisch zur Anwerbung neuer Abonnenten verpflichtet sind. Dies gilt auch dann, wenn die Werbung neuer Abonnenten ausschließlich innerhalb des eigenen Zustellungsbezirks der Zeitungsausträger erfolgt und die Belieferung der neuen Abonnenten in der Folgezeit zu einer Erhöhung der Einnahmen aus der nichtselbständig ausgeübten Tätigkeit als Zeitungsausträger führt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 22.11.1996, VI R 59/96

Anmerkung:

Die Frage, zu welcher Einkunftsart die Einkünfte eines Arbeitnehmers aus einer Nebentätigkeit gehören, ist dann nicht unabhängig von der Art der Haupttätigkeit zu beurteilen, wenn die Nebeneinkünfte vom Arbeitgeber der Haupttätigkeit stammen. In diesem Fall sind die Einnahmen aus der Nebentätigkeit wie diejenigen aus der Haupt tätigkeit zu beurteilen, wenn beide Tätigkeiten gleichartig sind, die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt wird wie die Haupttätigkeit (BFH, Urteile v. 8. 2. 1972, VI R 7/69, BStBl 1972 II S. 480 und v. 4. 12. 1975, IV R 162/72, BStBl 1976 II S.291). Gleiches gilt, wenn der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit ihm aus seinem Dienstverhältnis – faktisch oder rechtlich – obliegende Neben pflichten erfüllt (BFH, Urteil v. 25. 11. 1971, IV R 126/70, BStBl 1972 II S. 212).

Vorstehende Grundsätze kamen im Streitfall deshalb nicht zur Anwendung, weil die Tätigkeit eines Zeitungsausträgers sich in ihrer Art deutlich von der werbenden Tätigkeit für den Zeitungsverlag unterscheidet . Im Streitfall kam hinzu, daß die Zeitungsausträger ihre Nebentätigkeit auch unter anderen organisatorischen Bedingungen als die Haupttätigkeit ausgeübt hatten.

Abschließend bleibt festzustellen, daß die Abgrenzung zwischen selbständig und nichtselbständig ausgeübter Tätigkeit häufig sehr schwierig ist. Im Streitfall hätte die Entscheidung mit Rücksicht darauf, daß beide Tätigkeiten rein tatsächlich eng miteinander verknüpft waren und daß die vorbereitenden Tätigkeiten für die Nebentätigkeit mit Wissen und Unterstützung des Arbeitgebers im Zusammenhang mit der Haupttätigkeit der Arbeitnehmer ausgeführt wurden, zu einem anderen Ergebnis führen können. Für einen ähnlich gelagerten Sachverhalt hat das Bundessozialgericht die Werbetätigkeit als nicht abtrennbar von dem Austragen der Zeitungen behandelt (Urteil des BSG v. 12. 2. 1989, 12RK 34/87, BSG SozR § 165 Nr. 95 – USK 89 10).

Eine einheitliche Beurteilung im Steuer- und Sozialversicherungsrecht wäre zwar wünschenswert ( Sozialversicherungspflicht ). Es darf jedoch nicht verkannt werden, daß im Sozialversicherungsrecht häufig der Schutzgedanke maßgebend ist. Die Einkünfte aus Nebentätigkeiten sollen sich rentenbegründend oder rentensteigernd auswirken. Diese Erwägungen sind im Steuerrecht irrelevant. Deshalb kann es bei ein und derselben Tätigkeit im Sozialversicherungs- und Steuerrecht zu einer unterschiedlichen Einordnung kommen.

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