Leitsatz

1. Eine Personengesellschaft, die ausschließlich in Deutschland Betriebsstätten besitzt, vermittelt ihrem in Thailand ansässigen Gesellschafter Betriebsstätten i.S.d. Art. 7 Abs. 1 DBA-Thailand. Ein zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen des Gesellschafters bei der Personengesellschaft zählendes Wirtschaftsgut (hier: die Beteiligung an einer britischen Schwester-Kapitalgesellschaft der Personengesellschaft und ein an die Kapitalgesellschaft ausgereichtes Darlehen) gehört aus Abkommenssicht jedenfalls dann zum Betriebsvermögen jener Betriebsstätten, wenn der Gesellschafter nicht außerhalb Deutschlands weitere (ggf. sog. Mitunternehmer-)Betriebsstätten im abkommensrechtlichen Sinne besitzt (Anschluss an Senatsurteil vom 13.2.2008, I R 63/06, BStBl II 2009, 414, BFH/NV 2008, 1250, BFH/PR 2008, 328).

2. Eine solche Mitunternehmer-Betriebsstätte wird nicht durch das bloße Innehaben einer Kapitalbeteiligung sowie die bloße Verwaltung eines Darlehens begründet, welches der Gesellschafter der in dem Drittstaat (hier Großbritannien) ansässigen Schwester-Kapitalgesellschaft begeben hat.

 

Normenkette

§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a, § 50d Abs. 10 EStG, Art. 7 Abs. 1, Art. 11 DBA-Thailand

 

Sachverhalt

Bei den Klägern handelt es sich um eine international tätige inländische GmbH & Co. KG, die Klägerin, die in den Streitjahren 1998 und 1999 einen Produktionsbetrieb unterhielt, und deren in Thailand wohnenden Kommanditisten, den Kläger. Weitere Kommanditisten waren dessen Vater und Bruder; Letzterer hielt die Kommanditanteile des Klägers treuhänderisch.

(U. a.) diese drei Personen waren zugleich Mitgesellschafter einer britischen Schwestergesellschaft der Klägerin, der W-Ltd., die als Vertriebsgesellschaft fungierte. Die Anteile der drei Kommanditisten an der W-Ltd. wurden bei der Klägerin in Sonderbilanzen und die daraus erwirtschafteten Erträge in Sondergewinn- und Sonderverlustrechnungen erfasst, wobei sich die Sonderbetriebseinnahmen des Klägers in den Streitjahren aus Zinserträgen i.H.v. rd. 2.200 DM (1998) und i.H.v. rd. 1.100 DM (1999) aus einem Gesellschafterdarlehen an die W-Ltd. sowie aus einem Gewinn aus der Teilveräußerung der Anteile an der W-Ltd. i.H.v. 520 DM (1999) zusammensetzten.

Auf dieser Basis ergingen geänderte einheitliche und gesonderte Feststellungen der Besteuerungsgrundlagen. Die dagegen gerichtete Klage blieb erfolglos (Niedersächsisches FG, Urteil vom 16.5.2012, 3 K 42/11, Haufe-Index 3219194, EFG 2012, 1767).

 

Entscheidung

Der BFH hat das FG im Ergebnis bestätigt. Letzten Endes sei das der W-Ltd. gewährte Darlehen dem Sonderbetriebsvermögen II der KG zuzuordnen und seien die von der W-Ltd. gezahlten Zinsen entsprechende Sonderbetriebseinnahmen des Klägers. Infolge der Besonderheiten des DBA-Thailand gebühre das Besteuerungsrecht hierfür Deutschland. Und soweit es um den Veräußerungsgewinn gehe, sei die Revision mangels erforderlicher Begründung unzulässig.

 

Hinweis

1. Zum Einstieg und zum besseren Durchblick: Es ging um ein Dreiecksverhältnis zwischen einer deutschen (Produktions-)GmbH & Co.KG, ihrem in Thailand wohnenden Kommanditisten und der britischen (Vertriebs-)Schwester-Kapitalgesellschaft der KG in der Rechtsform der Ltd. Letzterer gab der Ltd. ein Darlehen und erhielt dafür Zinsen.

Die Beteiligung an der Ltd. ebenso wie das Darlehen wurden in Deutschland als sog. Sonderbetriebsvermögen II qualifiziert und zugeordnet. Darüber bestand unter den Beteiligten kein Streit, und das war den einschlägigen Zuordnungs- und Veranlassungsmaßstäben auch richtig: Die Tätigkeit der Ltd. ergänzte die Tätigkeit der KG, und sie war ihr vorteilhaft. Der in Thailand wohnende Kommanditist war in Deutschland mit seinen Einkünften infolgedessen nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG beschränkt steuerpflichtig.

Die "Gretchenfrage" angesichts dieser Ausgangskonstellation war: Wem gebührt das Besteuerungsrecht an den Zinsen? Steht dieses Recht – jedenfalls auch – Deutschland zu?

2. Zunächst: Der BFH bleibt dabei, dass Sondervergütungen als deutschrechtliches Spezifikum dem OECD-MA unbekannt sind und dass diese stets jenen Einkunftskategorien zuzuordnen sind, die das Abkommen zur Verfügung stellt. Das sind in erster Linie und – so auch im Urteilsfall – Zinsen (Art. 11 OECD-MA), nicht hingegen Unternehmensgewinne (Art. 7 OECD-MA), weil die nationale Qualifikationsfiktion des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 EStG auf die Abkommensauslegung letztlich nicht durchschlagen kann. Dass Art. 3 Abs. 2 OECD-MA den Rückgriff auf das nationale Recht sicherstellt, ändert daran nichts, weil zuvörderst die einschlägige ("autonome") Aussage (und Antwort) im DBA selbst zu suchen ist – und das gelingt hier eben in Gestalt besagter spezieller Einkunftskategorien.

Nach jenen Kategorien bestimmt sich denn auch, welcher Vertragsstaat das Besteuerungsrecht hat. Das ist bei Vereinbarung der Freistellungsmethode im sog. Inbound-Fall Deutschland und im sog. Outbound-Fall vice ve...

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