Die Pflicht zur Aufstellung und Prüfung eines Abhängigkeitsberichts besteht, wenn ein Abhängigkeitsverhältnis aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen besteht.[1] Es handelt sich hierbei um einen faktischen Konzern.[2] Ausgeschlossen sind damit insbesondere die Fälle, in denen ein Beherrschungsvertrag oder eine Eingliederung gegeben ist.[3] Liegt ein solcher faktischer Konzern vor,[4] ist die beherrschende Gesellschaft verpflichtet, Nachteile des beherrschten Unternehmens, die auf der Einflussnahme durch die herrschende Gesellschaft beruhen, auszugleichen.[5] Deshalb muss spätestens am Jahresende festgestellt werden, welche Vor- und Nachteile im Geschäftsjahr aus der Einflussnahme resultiert haben, damit der Ausgleich erfolgen kann. Kommt es nicht zum Ausgleich, entsteht für die beherrschte Gesellschaft automatisch ein Schadensersatzanspruch.[6] Um sicherzustellen, dass tatsächlich ein Ausgleich erfolgt und insbesondere die Minderheitsaktionäre und Gläubiger der beherrschten Gesellschaft nicht benachteiligt werden, hat der Gesetzgeber die Verpflichtung geschaffen, einen Abhängigkeitsbericht zu erstellen.[7]

Zur Aufstellung des Abhängigkeitsberichts verpflichtet ist der Vorstand der abhängigen Gesellschaft (AG oder KGaA) in einem faktischen Konzern.[8] Hierbei handelt es sich um eine Gesamtverantwortung des Vorstands der AG,[9] wobei die Fristen zu beachten sind, die für die Aufstellung eines Jahresabschlusses gelten.[10] Zu beachten ist, dass diese Pflicht nur für abhängige Aktiengesellschaften bzw. KGaA sowie SE[11] besteht, nicht jedoch für Gesellschaften anderer Rechtsform.

Der erstellte Abhängigkeitsbericht ist zusammen mit dem erstellten Jahresabschluss nebst Lagebericht dem Abschlussprüfer der Gesellschaft zur Prüfung zuzuleiten. Zu beachten ist, dass die Pflicht auch dann besteht, wenn die beherrschte AG keine Minderheitsaktionäre hat, denen Benachteiligung droht. Auch wenn in einem solchen Fall kein Schutzbedürfnis besteht, sieht das Gesetz keinen Verzicht auf die Erstellung eines Abhängigkeitsberichts vor.[12] Ebenfalls ist zu beachten, dass die Pflicht nicht dadurch entfällt, dass in einem Geschäftsjahr keine berichtspflichtigen Geschäfte getätigt worden sind. In einem solchen Fall muss ein sog. Negativbericht erstattet werden.[13]

[1] IDW, WP-Handbuch, 2021, Band I, Abschn. O Rz. 78; Paetzmann, in Bertram/Kessler/Müller, Haufe HGB Bilanz Kommentar, 12. Aufl. 2021, § 289 HGB Rz. 115 ff.
[2] Vgl. allgemein hierzu Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 311 AktG Rz. 1  f.
[3] Koch, in Hüffer/Koch, Aktiengesetz, 14. Aufl. 2020, § 312 AktG Rz. 4; Altmeppen, in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2020, § 312 AktG Rz. 24.
[4] Zu Besonderheiten in einem mehrstufigen Konzern vgl. Altmeppen, in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2020, Anhang zu § 311 AktG Rz. 1 ff.
[7] Justhoven/Heinz, in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz. 300 ff.
[8] Zur Anwendung auf die KGaA vgl. Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 312 AktG Rz. 5; Altmeppen, in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2020, § 312 AktG Rz. 9; Justhoven/Heinz, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz. 320.
[9] Koch, in Koch, Aktiengesetz, 16. Aufl. 2022, § 312 AktG Rz. 2; Justhoven/Heinz, in Beck'scher Bilanzkommentar, 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz. 320.
[10] Justhoven/Heinz, in Beck’scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz. 323.
[11] Justhoven/Heinz in Beck'scher Bilanz-Kommentar, 13. Aufl. 2022, § 289 HGB Rz. 320.
[12] Altmeppen, in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2020, § 312 AktG Rz. 27.
[13] Altmeppen, in Münchener Kommentar zum AktG, 5. Aufl. 2020, § 313 AktG Rz. 95.

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