Problematisch sind Fälle, in denen die Tätigkeit unter Mitwirkung von Arbeitnehmern durchgeführt wird. Die Mithilfe von fachlich vorgebildeten Arbeitskräften führt nicht zu einer gewerblichen Tätigkeit, wenn der Berufsträger weiterhin persönlich die freiberufliche Tätigkeit ausübt und dabei aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig ist.[1]

Eine leitende Tätigkeit liegt bei der Ausübung einer freien Berufstätigkeit unter Zuhilfenahme fachlich vorgebildeter Mitarbeiter nur dann vor, wenn der Berufsträger die Grundzüge für die Organisation des Tätigkeitsbereichs und für die Durchführung der Tätigkeiten festlegt, die Durchführung der Tätigkeiten unter Beachtung der aufgestellten Grundsätze überwacht und grundsätzliche Fragen selbst entscheidet.

Eigenverantwortlich ist die Tätigkeit dann, wenn der Tätige seine Arbeitskraft in einer Weise einsetzt, die es ihm tatsächlich ermöglicht, uneingeschränkt die fachliche Verantwortung auch für die von seinen Mitarbeitern erbrachten Leistungen zu übernehmen.

 
Wichtig

Berufs-, Arbeits- und Sozialversicherungsrecht heranziehen

Der Einsatz von freien Mitarbeitern, die ihrerseits freiberuflich tätig sind, berührt die Freiberuflichkeit des Auftraggebers grundsätzlich nicht. Dabei sind jedoch bei der Qualifizierung der Art der Tätigkeit des Mitarbeiters als nichtselbstständige oder freiberufliche Tätigkeit neben den steuerrechtlichen Vorschriften auch die des Berufs-, Arbeits- und Sozialversicherungsrechts heranzuziehen.

Die leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit des Berufsträgers muss sich auf die Gesamttätigkeit seiner Berufspraxis erstrecken; es genügt somit nicht, wenn sich die auf persönlichen Fachkenntnissen beruhende Leitung und eigene Verantwortung auf einen Teil der Berufstätigkeit beschränkt.[2]

Die Übertragung der Leitung und der Verantwortlichkeit auf einen Geschäftsführer oder Vertreter ist schädlich, es sei denn, der Berufsträger kann nur vorübergehend, z. B. während einer Erkrankung, eines Urlaubs, der Zugehörigkeit zu einer gesetzgebenden Körperschaft oder der Mitarbeit in einer Standesorganisation, seine Berufstätigkeit nicht selbst ausüben.

Als problematisch sind auch mehrere Betriebsstätten anzusehen. Eine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit ist nicht mehr gegeben, wenn der Inhaber einer freiberuflichen Praxis einen für die weiteren Betriebsstätten verantwortlichen Leiter einsetzt, mit dessen Person die Behandlungsberechtigung für die Betriebsstätte steht und fällt.

Der Begriff der eigenverantwortlichen Tätigkeit kann für die verschiedenen Berufsgruppen allerdings einen unterschiedlichen Inhalt haben. Insbesondere kann der Umfang der für die Annahme eigenverantwortlicher Tätigkeit des Freiberuflers unschädlichen Arbeitsdelegation verschieden sein.

Die hohe Anzahl fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte ist i. d. R. ein Indiz, dass eine gewerbliche Tätigkeit vorliegen kann.

Auch bei technischen und naturwissenschaftlichen Berufen ist eine Abgrenzung schwieriger geworden, da infolge des Einsatzes von Computern und Analyseautomaten der Anteil der als freiberuflich individuell bestimmbaren Arbeitsleistung entsprechend abnimmt. Zunehmende Bedeutung gewinnen daher die grundsätzlichen Entscheidungen über die Anwendung von Berechnungs- und Analysemethoden und die bei der Durchführung der Berechnungen und Analysen zu beachtenden Besonderheiten.

Eine gewerbliche Tätigkeit ist jedenfalls in folgenden Fällen anzunehmen:

  • Ein Facharzt betreibt eine Arztpraxis, Unfallklinik und Zweigniederlassung mit insgesamt 7 angestellten Ärzten.[3]
  • Ein Steuerpflichtiger unterhält ein Übersetzungsbüro, ohne dass er selbst über Kenntnisse in den Sprachen verfügt, auf die sich die Übersetzungstätigkeit erstreckt.
  • Ein Architekt befasst sich vorwiegend mit der Beschaffung von Aufträgen und lässt die fachliche Arbeit durch Mitarbeiter ausführen.
  • Ein Ingenieur beschäftigt fachlich vorgebildete Arbeitskräfte und übt mit deren Hilfe eine Beratungstätigkeit auf mehreren Fachgebieten aus, die er nicht beherrscht oder nicht leitend bearbeitet.[4]
  • Ein Steuerpflichtiger betreibt eine Fahrschule, besitzt jedoch nicht die Fahrlehrererlaubnis.[5]
  • Ein Steuerpflichtiger ist Inhaber einer Privatschule und beschäftigt eine Anzahl von Lehrkräften, ohne durch eigenen Unterricht sowie durch das Mitgestalten des von anderen Lehrkräften erteilten Unterrichts eine überwiegend eigenverantwortliche Unterrichtstätigkeit auszuüben. Gleiches gilt für Reitunterricht auf einem Reiterhof.
  • Ein Facharzt für Laboratoriumsmedizin hat nicht ausreichend Zeit für die persönliche Mitwirkung am einzelnen Untersuchungsauftrag; eine exakte Bestimmung der zulässigen Größe einer Laborarztpraxis und der zulässigen Anzahl der bearbeiteten Aufträge, nach der keine Eigenverantwortlichkeit mehr gegeben ist, ist nicht möglich.[6] Es kommt immer auf die Verhältnisse des Einzelfalls an.[7]

Bei den sonstig selbstständig Tätigen i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG hat der BFH seine bisherige Rechtsprechung zur Vervielfältigu...

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