Leitsatz

1. Bei der Benutzung eines Fahrzeugs als Arbeitsmittel zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geht die Nr. 4 des § 9 Abs. 1 S. 3 EStG der Nr. 6 dieser Vorschrift vor.

2. Durch die Entfernungspauschale wird auch eine Leasingsonderzahlung abgegolten.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 S. 3 Nrn. 4 und 6 EStG

 

Sachverhalt

K war 2004 nicht selbstständig im Außendienst tätig und nutzte dafür und für die Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sein eigenes Kfz. K leaste ein neues Fahrzeug zu monatlichen Leasingraten von 99 EUR und einer einmaligen am 27.12.2004 bezahlten Leasingsonderzahlung von 23 000 EUR. Das Fahrzeug wurde am 02.01.2005 an K ausgeliefert. K machte in der ESt-Erklärung 2004 die Leasingsonderzahlung i.H.v. 21 418 EUR als Werbungskosten wie folgt geltend: 23 000 EUR – Gutschrift = 22 517 EUR, davon 95,12 % beruflicher Anteil = 21 418 EUR. K ermittelte den beruflichen Anteil nach den Fahrleistungen des im Streitjahr eingesetzten anderen Fahrzeugs mit 4,88 % privat, 80,17 % Fahrten Wohnung/Arbeitsstätte und 14,95 % Auswärtstätigkeiten.

Das FA behandelte die Leasingsonderzahlung nur i.H.v. 14,95 % als Werbungskosten. Die Klage blieb erfolglos (FG Köln, Urteil vom 31.03.2008, 14 K 2865/07, Haufe-Index 2032851, EFG 2008, 1192).

 

Entscheidung

Der BFH hob auf die Revision des K die Vorentscheidung auf und gab – wie unter Praxishinweisen dargestellt – dem FG auf, weitere Feststellungen zu treffen.

 

Hinweis

Die Grundfragen des Besprechungsurteils: (1.) Steht dem Abzug der Leasingssonderzahlung entgegen, dass die Zahlung in 2004, die Nutzung des Kfz aber erst ab 2005 erfolgt? (2.) Welche Kfz-Aufwendungen sind bereits durch spezielle Abzugstatbestände abgegolten, sodass ein Abzug der Sonderzahlung insoweit ausscheidet? (3.) Führt die Sonderzahlung zu sofort abziehbarem Aufwand oder (nur) zu zeitanteilig zu berücksichtigenden Anschaffungskosten?

1. Die Abziehbarkeit von Aufwendungen als Werbungskosten richtet sich nach der beabsichtigten zukünftigen beruflichen Nutzung, ohne dass dem die Abschnittsbesteuerung entgegensteht (z.B. BFH, Urteil vom 23.05.2006, VI R 21/03, BFH/NV 2006, 1573, BFH/PR 2006, 306).

2.Aufwendungen für Wege zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 1 EStG Werbungskosten, sind mit der Entfernungspauschale abgegolten (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 S. 2 Hs. 1 EStG); und zwar sämtliche dadurch veranlasste Aufwendungen (§ 9 Abs. 2 S. 1 EStG), auch die Leasingsonderzahlung. Dagegen sind die auf die Auswärtstätigkeit entfallenden Kfz-Kosten nicht bereits durch Sondertatbestände erfasst, der Abzug der Leasingsonderzahlung daher grundsätzlich nicht ausgeschlossen. Allerdings gilt auch hier der Grundsatz, dass Aufwand nicht doppelt zu berücksichtigen ist. Eine solche doppelte Berücksichtigung wäre im Streitfall dadurch möglich, dass im Streitjahr 2004, dem Jahr der Zahlung, die Leasingsonderzahlung für die Auswärtstätigkeit anteilig berücksichtigt wird und daneben, in den folgenden Veranlagungszeiträumen, K die Kfz-Kosten nach pauschalen Kilometersätzen als Werbungskosten (noch mal) geltend macht. Die Rechtsprechung sieht die Kilometersätze (z.B. H 38 LSt-Handbuch 2004) als vertretbare Schätzung, mit der aber sämtliche mit dem Betrieb des Kfz verbundenen Aufwendungen abgegolten sind, auch eine Leasingsonderzahlung.

3. Leasingsonderzahlungen sind nur dann abziehbare Werbungskosten, falls sie nicht Anschaffungskosten sind (BFH, Urteil vom 05.05.1994, VI R 100/93, Haufe-Index 65075, BStBl II 1994, 643). Bei Anschaffungskosten ist der Abzug einer AfA in 2004 ausgeschlossen, weil das Kfz erst ab 2005 genutzt wird (§ 7 Abs. 1 S. 1 EStG).

4. Anhand dieser Grundsätze muss das FG nun erneut entscheiden und zuvor weitere Feststellungen treffen: Beabsichtigt K während der gesamten Laufzeit des Leasingvertrags (2005 bis 2007) die Kfz-Kosten nach pauschalen Kilometersätzen geltend zu machen? Dazu sind nicht die Verhältnisse in 2004, sondern die Behandlung der Kfz-Kosten in den ESt-Erklärungen 2005 bis 2007 entscheidend. Sind die Kosten nach pauschalen Kilometersätzen bemessen, scheidet ein Abzug der Leasingsonderzahlung insgesamt aus. Sind dagegen die Kosten in tatsächlicher Höhe geltend gemacht, kann bezogen auf diesen Zeitraum ein anteiliger sofortiger Abzug der Sonderzahlung schon in 2004 in Betracht kommen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 15.04.2010 – VI R 20/08

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