Leitsatz

1. Die Art. 5 und 6 der 6. EG-RL sind dahin auszulegen, dass

  • die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in Kino-Foyers eine Lieferung von Gegenständen i.S.d. genannten Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen;
  • die Tätigkeiten eines Partyservices außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen i.S.d. genannten Art. 6 darstellen.

2. Bei Lieferung von Gegenständen ist der Begriff "Nahrungsmittel" in Anhang H Kategorie 1 der 6. EG-RL dahin auszulegen, dass er auch Speisen oder Mahlzeiten umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind.

 

Normenkette

Art. 5 und Art. 6 der 6. EG-RL (§ 3 Abs. 9 UStG)

 

Sachverhalt

Gegenstand der Anfrage waren Leistungen eines Imbissstands, eines Kinos, in dem warme Tortilla-Chips und Popkorn auf vorhandenen, auch von anderen Kinobesuchern benutzbaren Kunden verzehrt werden konnten, und eines Partyservices.

 

Entscheidung

Der BFH wird, soweit sich die anhängigen Verfahren nicht auf andere Weise erledigen, die Entscheidungen umsetzen. Die Größe von Verzehrtheken an Imbissständen gehört danach grundsätzlich der Vergangenheit an. Der Partyservice erbringt grundsätzlich Dienstleistungen, wenn er nicht nur Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder weitere, besondere Umstände objektiv belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist.

 

Hinweis

1. Das EuGH-Urteil Faaborg Gelting Linien hatte Bewegung in die Rechtsprechung zur Abgrenzung Lieferung/Dienstleistung bei Imbiss-Ständen, Party-Service-Unternehmen und Essen auf Rädern gebracht, die der BFH durch eine möglichst einfach zu handhabende Rechtsprechung umzusetzen versucht hatte. Stets geht es um eine Kombination aus der Lieferung eines oder mehrerer Gegenstände und verschiedenen Handlungen mit Dienstleistungscharakter. Eine neue Kategorie bei den ermäßigten Steuersätzen durch die RL 2009/47/EG für "Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen" schaffte erneuten Auslegungsbedarf. Der EuGH hat die Grenze zur Dienstleistung jetzt klargestellt. Zu hoffen ist, dass dadurch hinreichend und für lange Zeit Klarheit geschaffen ist.

2. Die Grundsätze sind:

a) Allgemein: Der dominierende Bestandteil einer einheitlichen Leistung ist – aus der Sicht des Durchschnittsverbrauchers – mit Rücksicht auf die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen zu bestimmen.
b) Kochen, Backen, Braten oder Aufwärmen (Dienstleistungen) sind bei jeder Abgabe zubereiteter Speisen vorausgesetzt und im Rahmen der Gesamtbeurteilung des fraglichen Umsatzes zum Zweck seiner Einstufung als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung zu berücksichtigen. Soweit sich die Zubereitung des warmen Endprodukts im Wesentlichen auf einfache, standardisierte Handlungen beschränkt, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage ständig oder in Abständen vorgenommen werden, stellt diese Zubereitung nicht den überwiegenden Bestandteil des fraglichen Umsatzes dar und kann allein diesem nicht den Charakter einer Dienstleistung verleihen.
c) Anhang H Kategorie 1 der 6. EG-RL bezieht sich auf Nahrungsmittel im Allgemeinen und trifft keine Unterscheidung oder Beschränkung nach der Art des Geschäfts, der Verkaufsmodalität, der Verpackung, der Zubereitung oder der Temperatur. Danach ist auch die Lieferung warmer Nahrungsmittel begünstigt.
d) Die Bereitstellung behelfsmäßiger Vorrichtungen, d.h. ganz einfacher Verzehrtheken ohne Sitzgelegenheit, um einer beschränkten Zahl von Kunden den Verzehr an Ort und Stelle im Freien zu ermöglichen, erfordern nur einen geringfügigen personellen Einsatz. Unter diesen Umständen stellen diese Elemente nur geringfügige Nebenleistungen dar und können am dominierenden Charakter der Hauptleistung, d.h. dem einer Lieferung von Gegenständen, nichts ändern.
e) Verpackungen sind Bestandteil des Verkaufs der Waren und somit keine vom Verkauf unabhängigen Umsätze.
f) Leistungen eines Partyservices können von der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bis zu einer umfassenden Leistung reichen, die auch die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar (Tische und Stühle), die Darreichungsform der Gerichte, die Dekoration, die Bereitstellung von Personal für die Bedienung und die Beratung über die Zusammenstellung des Menüs und gegebenenfalls die Auswahl der Getränke umfassen kann. Z.B.: nicht lediglich Standardzubereitung (anders z.B. als Imbi...

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