Leitsatz

Pensionszusagen sind auch nach Einfügung des sog. Eindeutigkeitsgebots (§ 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG) anhand der allgemein geltenden Auslegungsegeln auszulegen, soweit ihr Inhalt nicht klar und eindeutig ist. Lässt sich eine Abfindungsklausel dahin auslegen, dass die für die Berechnung der Abfindungshöhe anzuwendende sog. Sterbetafel trotz fehlender ausdrücklicher Benennung eindeutig bestimmt ist, ist die Pensionsrückstellung steuerrechtlich anzuerkennen.

 

Normenkette

§ 6a Abs. 1 Nr. 3 Halbsatz 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist als oHG die Rechtsnachfolgerin einer im Jahr 1998 errichteten GmbH. Gesellschafter der GmbH waren A und B. Die GmbH schloss mit beiden am 1.4.1998 jeweils einen Geschäftsführervertrag.

Mit Gesellschafterbeschluss vom 19.11.1998 wurden die Verträge um eine Pensionszusage ergänzt. In deren Abfindungsklausel heißt es: "Das Unternehmen behält sich vor, bei Eintritt des Versorgungsfalles wegen Erreichens der Altersgrenze bzw. Inanspruchnahme des vorgezogenen Altersruhegeldes anstelle der Rente eine einmalige Kapitalabfindung i.H.d. Barwerts der Rentenverpflichtung zu gewähren. … Bei der Ermittlung des Kapitalbetrags sind ein Rechnungszinsfuß von 6 % und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden … ".

Die Bildung und Erhöhung der Pensionsrückstellung erfolgte jeweils mit einem Rechnungszins von 6 % auf Grundlage der sog. Heubeck-Richttafeln (zuletzt: 2005 G).

Das FA bemängelte nach einer Außenprüfung, dass die Abfindungsklausel keine Angaben dazu enthalte, welche Sterbetafel für die Berechnung des Barwerts der Rentenverpflichtung zu verwenden sei. § 6a Abs. 1 Nr. 3 EStG sei nur dann erfüllt, wenn das Berechnungsverfahren zur Ermittlung der Abfindungshöhe (einschließlich der zu verwendenden Sterbetafel) eindeutig und präzise fixiert sei. Die Pensionsrückstellungen seien daher aufzulösen. Es erließ am 25.2.2014 entsprechende Änderungsbescheide; der Einspruch blieb erfolglos.

Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg; das FG (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 21.2.2017, 1 K 68/14, Haufe-Index 10715920, EFG 2017, 905) hob die Änderungsbescheide auf.

 

Entscheidung

Der BFH hielt die Revision des FA einstimmig für unbegründet. Eindeutige Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vGA waren aus Sicht des BFH dem Urteil der Vorinstanz auch nicht zu entnehmen. Der BFH berichtigte außerdem aufgrund einer Rechtsnachfolge gemäß § 107 FGO das Rubrum.

 

Hinweis

1. Nach § 6a Abs. 1 Nr. 2 EStG darf eine Pensionsrückstellung u.a. nur dann gebildet werden, wenn und soweit sie keinen Vorbehalt enthält, dass die Pensionsanwartschaft oder die Pensionsleistung gemindert oder entzogen werden kann, oder ein solcher Vorbehalt sich nur auf Tatbestände erstreckt, bei deren Vorliegen eine Minderung oder ein Entzug der Pensionsanwartschaft oder der Pensionsleistung zulässig ist. Außerdem muss die Pensionszusage schriftlich erteilt sein und eindeutige Angaben zu Art, Form, Voraussetzungen und Höhe der in Aussicht gestellten künftigen Leistungen enthalten.

2. Für eindeutige Angaben in diesem Sinne reicht es aus, dass sich nach einer Auslegung anhand der allgemein geltenden Auslegungsregeln der Inhalt der Zusage zweifelsfrei feststellen lässt (BT-Drucks. 14/7341, S. 10).

3. Die Klausel "Bei der Ermittlung des Kapital­betrags sind ein Rechnungszinsfuß von 6 % und die anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik anzuwenden" genügt danach dem Eindeutigkeitsgebot, wenn ein Steuerpflichtiger bei der Rückstellungsbildung auf die Heubeck-Richttafeln zu­rückgegriffen hat. Auf diese ist dann auch zur Berechnung der Abfindung (in der dann geltenden Fassung) zurückzugreifen. Es handelt sich insoweit um eine dynamische Verweisung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 10.7.2019 – XI R 47/17

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