Tz. 147

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Die Forderung nach Überwachung der Anwendung von IFRS besteht schon fast seit Gründung des früheren IASC (vgl. Benson, Accountancy 1976, S. 39). Dennoch haben IFRS aufgrund ihrer fehlenden weltweiten Rechtsverbindlichkeit den Charakter von Empfehlungen. Der IASB verfügt auch in seiner neuen Struktur nicht über die Macht zur weltweiten verbindlichen Durchsetzung der entwickelten IFRS. Die Anwendbarkeit und Akzeptanz der Rechnungslegungsnormen ist neben den Börsenaufsichtsorganen, wie zB der IOSCO, von den nationalen Gesetzgebern, der Rechtsprechung und den Berufsvereinigungen abhängig, die über die Vereinbarkeit der Rechnungslegungsvorschriften mit den geltenden Rechts- und Prüfungsnormen befinden. Der IASB versteht sein Vorgehen deshalb als einen stetigen, evolutionären und – im Sinne der Mitsprache vieler Beteiligter – demokratischen Entwicklungsprozess von Rechnungslegungsnormen (vgl. Cairns, 1999, S. 6f.). Um eine möglichst hohe Akzeptanz seiner Vorschriften zu erreichen, arbeitet der IASB sehr eng mit nationalen Standardsetters und Organisationen, die für die Durchsetzung der Rechnungslegungsstandards verantwortlich sind, zusammen (vgl. Knorr/Ebbers, 2001, S. 1465).

 

Tz. 148

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Die Implementierung einer Durchsetzungsinfrastruktur (Enforcement) zur einwandfreien und rigorosen Umsetzung von Rechnungslegungsstandards ist wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren des europäischen Kapitalmarkts. Die EU überlässt dabei die Aufgabe des Enforcement gemäß dem Subsidiaritätsprinzip ihren Mitgliedstaaten.

 

Tz. 149

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Folgende Elemente sind wesentlicher Bestandteil für die Durchsetzung von Rechnungslegungsstandards (vgl. Europäische Kommission, 2000, S. 10, Tz. 26):

  • klar abgefasste Rechnungslegungsstandards;
  • zeitnahe Auslegungen und Anleitungen zur Umsetzung;
  • gesetzliche Abschlussprüfungen;
  • Kontrollen durch Aufsichtsorgane;
  • wirksame Sanktionen.
 

Tz. 150

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Die Abfassung klarer Regelungen, zeitnaher Auslegungen und Anleitungen fallen in den Zuständigkeitsbereich des IASB und ggf. der nationalen Standardsetters. Sie sind damit Voraussetzungen für ein wirksames Enforcement.

 

Tz. 151

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

In Deutschland sind im Rahmen der Corporate Governance verschiedene Gruppen bzw. Institutionen mit der Einhaltung der Rechnungslegungsstandards betraut. Bei Aktiengesellschaften sind der Aufsichtsrat (interne Kontrolle) und der Abschlussprüfer (externe Kontrolle) zu nennen. Zur Stärkung der Durchsetzungsinfrastruktur wurde im Jahr 2004 als Folge der auch in Deutschland aufgetretenen Bilanzskandale das Bilanzkontrollgesetz (BilKoG) verabschiedet. Das BilKoG sieht ein System vor, das die Einhaltung und Durchsetzung der Rechnungslegungsvorschriften bei kapitalmarktorientierten Unternehmen in Deutschland sicherstellen soll. Hierzu wurden neben der internen Kontrolle durch den Aufsichtsrat und der externen Kontrolle durch den Abschlussprüfer als sogenannte "dritte Säule" die unabhängigen Enforcement-Institutionen "Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung (DPR) e. V." und "Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht" (BaFin) geschaffen. Das "Enforcement-System" in Deutschland ist zweistufig aufgebaut: Die erste Stufe bildet die DPR (§ 342b–e HGB). Sie prüft stichprobenartig sowohl Einzel- als auch Konzernabschlüsse von Unternehmen, die an einer inländischen Börse zum Handel zugelassen sind, auf der Basis freiwilliger Mitwirkung der Unternehmen. Die DPR kann aber auch von dem Gremium der zweiten Stufe, der BaFin, mit einer anlassbezogenen Kontrolle beauftragt werden. Die DPR selbst verfügt aufgrund ihrer Struktur über keinerlei direkte Möglichkeiten zur Sanktionierung bei fehlender Kooperation eines zu prüfenden Unternehmens. In diesem Fall kann die Durchsetzung jedoch über die zweite Stufe erfolgen: Die BaFin ist als staatliches Organ mit hoheitlichen Befugnissen ausgestattet und kann im Falle einer unzureichenden Kooperation Bußgelder verhängen (§ 342e HGB). Die Befugnisse der BaFin sowie die Verfahrensregelungen sind im WpHG (§§ 37n–u WpHG) geregelt. Weiterhin kann die BaFin die Prüfung des Unternehmens über die DPR ausführen lassen, wodurch der DPR eine mittelbare Möglichkeit zur Durchsetzung ihrer Kontrollen gegeben wird (vgl. Grottel, Rz. 1–5).

Ziel dieses zweistufigen Verfahrens ist es, mögliche Fehler auf der ersten Stufe einvernehmlich auszuräumen, ohne die zweite Stufe involvieren zu müssen. Sollte allerdings die freiwillige Kooperation ausbleiben, so steht auf der zweiten Stufe ein mächtiges Gremium, das im Bedarfsfall die Kompetenz besitzt, eine besondere Prüfung durchzusetzen (vgl. zum Enforcement ausführlich IFRS-Komm., Teil A, Kap. III, Tz. 62f.; insb. vgl. IFRS-Komm., Teil A, Kap. VI; Coenenberg/Haller/Schultze, 2018, S. 59, 1017f.; Baetge/Kirsch/Thiele, 2019, S. 50f.).

Nicht zuletzt aufgrund der geleisteten Arbeit und der Informationen über mögliche Fehlerquellen in den Abschlüssen wird der Institution D...

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