1. Abgrenzung eines ökonomischen und juristischen Konsolidierungskreises

 

Tz. 42

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Geprägt durch die maßgeblichen Bilanzierungs-, Bewertungs- und Konsolidierungsvorschriften kommt es häufig zu Situationen, in denen der Konsolidierungskreis gemäß IFRS von der wirklichen ökonomischen Einfluss- und Relevanzsphäre abweicht. Beim Abstellen auf den rein buchhalterisch abgegrenzten Konzernkreis kann es zu signifikanten Abweichungen bei Kennzahlenberechnungen oder der Ermittlung des Unternehmenswertes kommen, der sich errechnet, wenn die Kalkulation auf einem ökonomisch relevanten Konsolidierungskreis basiert. Die durch die Herausgabe des IFRS 10 erfolgte Neuregelung der Konsolidierungsverpflichtungen einschließlich der Klarstellungen zur "de facto Kontrolle" weisen hier in die richtige Richtung (vgl. Kirsch/Ewelt-Knauer, BB 2011, S. 1641–1645).

 

Tz. 43

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Exemplarisch sind hier assoziierte Unternehmen zu nennen, deren Verflechtungsgrad mit dem berichtenden Unternehmen auf industrieller, strategischer Ebene häufig viel größer ist, als es die Berücksichtigung im IFRS-Abschluss als at equity-Beteiligung suggeriert. Ähnliches gilt für Gemeinschaftsunternehmen (joint ventures) im Bereich Forschung und Entwicklung.

Würde der Wert eines Unternehmens allein auf Basis der Konzernabgrenzung nach IFRS-Vorschriften ermittelt, so käme es hier zu einer Fehldarstellung sowohl der dem Unternehmen eigentlich zuzurechnenden Zahlungsströme als auch der Risikofaktoren und konsequenterweise auch zu einer Fehlbewertung. Zwar versuchen die IFRS Teile dieser Defizite durch Zusatzangaben zu eliminieren und somit dem "true and fair view"-Gedanken gerecht zu werden, jedoch gelingt dies nicht in allen Aspekten. Auf Ebene der Handelsbilanz II wird der Ergebnisanteil eines assoziierten Unternehmens idR nur auf Ebene des Jahresüberschusses ausgewiesen. Daneben werden die Anteile am Ergebnis der assoziierten Unternehmen idR nur über alle at equity-Beteiligungen hinweg kumuliert ausgewiesen. Dies führt im Falle von "Sorgenkindern" dazu, dass man als externer Beobachter den Ergebnisanteil (unabhängig davon, ob es um das operative Ergebnis oder den Jahresüberschuss geht) nur schwer abschätzen kann. Marktschätzungen, sofern das betreffende Unternehmen börsennotiert ist, sind nur von begrenzter Hilfe, da dessen Berichtswesen (und somit auch die Schätzungen) nicht notwendigerweise auf denselben Rechnungslegungsstandards beruhen bzw. es bei der Verwendung derselben Rechnungslegungsstandards zu unterschiedlicher Ausnutzung der Ansatz- und Bewertungsspielräume kommen kann. Jedoch gilt es zu konstatieren, dass die Divergenz zwischen juristischem und ökonomischem Konsolidierungskreis durch die Weiterentwicklung der IFRS in den vergangenen Jahren, hier insbesondere durch die Herausgabe von IFRS 10 bis 12, deutlich verringert wurde (vgl. Ohlund/Teitler-Feinberg, DST 2012, S. 305–311).

2. Angabe von Sensitivitäten und Zukunftsorientierung

 

Tz. 44

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Maßgeblich für die Prognose zukünftiger nachhaltig erzielbarer Zahlungsströme bzw. normalisierter Ergebnisse ist die Abschätzung verschiedener fundamentaler Einflussfaktoren und darauf basierend das Durchführen einer Sensitivitätsanalyse. Sinn und Zweck hierbei ist es, die Streuung um den Erwartungswert zu determinieren und daraus abzuleiten, welches Revisionspotenzial sich für Ergebnis- und Zahlungsstromschätzungen sowie den fairen Wert eines Unternehmens ergeben würde, wenn sich bspw. ein Parameter wie der Wechselkurs des US-Dollar zum Euro, Zinssätze, Aktienkurse oder andere wichtige Parameter um einen Prozentpunkt verändern.

Die IFRS ermöglichen die Angabe solcher Sensitivitäten im Anhang. IdR geschieht dies jedoch nicht oder nur in eingeschränktem, sprich nicht ausreichendem Umfang. Als Surrogat für eine solche Sensitivitätsanalyse durch das Unternehmen selbst könnte die Angabe wichtiger Parameter (im Falle der Wechselkursthematik wären dies unter anderem Absicherungsquote, durchschnittliche Laufzeit der Kontrakte, durchschnittlicher Sicherungskurs) fungieren, welche den Analysten in die Lage versetzen würde, eine solche Sensitivitätsanalyse selbst durchzuführen.

 

Tz. 45

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Daneben ist es für die Arbeit des Analysten zu begrüßen, dass das Management deutscher Unternehmen durch den Deutschen Rechnungslegung Standard DRS 20 aufgefordert ist, im Lagebericht Eckdaten über den erwarteten Geschäftsverlauf in der Zukunft abzugeben (zu diskutierten Anforderungen vgl. Böcking/Gros/Koch/Wallek, DK 2013, S. 39f.). Dabei ist zwischen einer Guidance auf Jahressicht sowie dem Erreichen von Mittelfristzielen, die auch quantifiziert werden sollten, zu unterscheiden. Darüber hinaus sind Hinweise auf wichtige zukünftige Ereignisse wie zB absehbare Regulierungsänderungen, Patentabläufe oder Produktneueinführungen sinnvoll.

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