Tz. 82

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Die grundsätzliche Vorgehensweise zur Ermittlung der Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten wird nach IAS 2.23 mit dem Prinzip der Einzelbewertung festgelegt. Unter Einzelbewertung wird die Zuweisung einzelner angefallener Kosten zu einzelnen (dh. einzeln identifizierbaren) Gegenständen des Vorratsvermögens verstanden (IAS 2.24). Eine Einzelbewertung ist immer dann vorzunehmen, wenn die Vorräte gewöhnlich nicht austauschbar (interchangeable) sind. Als Beispiele können Kunstgegenstände, Oldtimer oder Antiquitäten genannt werden (vgl. Tz. 17b). In gleicher Weise ist für Waren oder Dienstleistungen, die für spezielle Projekte hergestellt und abgesondert sind, eine Einzelbewertung durchzuführen. Bei diesen, mit bestimmten Projekten verbundenen Gegenständen, wird die Einzelbewertung als angemessen erachtet, unabhängig davon, ob sie angeschafft oder hergestellt sind.

 

Tz. 83

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Von dem Grundsatz der Einzelbewertung ist abzuweichen, wenn die nachfolgenden zwei Voraussetzungen erfüllt sind (IAS 2.24):

1) Es muss sich um eine große Stückzahl von Vorratsgegenständen handeln.
2) Diese Vorratsgegenstände müssen gewöhnlich untereinander austauschbar sein.

Liegen die genannten Voraussetzungen kumulativ vor, sind die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten durch Verwendung bestimmter vereinfachender Verfahren zu ermitteln. Ein Wahlrecht besteht aus Objektivierungsgründen nicht (vgl. Quick, DB 2008, S. 2209). Zulässige Verfahren sind das Fifo-Verfahren und die Methode des gewogenen Durchschnitts (IAS 2.25). Zur Beibehaltung des Verfahrens vgl. Tz. 90 (Stetigkeit). Die Anwendung des Lifo-Verfahrens, welches unter IAS 2 (1993) als alternatives Verfahren (allowed alternative treatment) zulässig war, ist nicht mehr möglich (IAS 2.BC9ff.).

 

Tz. 84

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Das Handelsrecht sieht grundsätzlich eine Einzelbewertung vor (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB). Sammelbewertungsverfahren sind jedoch zulässig, sofern die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen (§ 256 HGB). Unterschiede in den Voraussetzungen zur Anwendung des Sammelbewertungsverfahrens sowie in der Anwendung selbst können grundsätzlich nicht festgestellt werden. Der handelsrechtlich zulässige Festwertansatz (§ 256 iVm. § 240 Abs. 3 HGB) wird in IAS 2 nicht erwähnt, sodass die Bildung eines Festwertes nach IAS nicht zulässig erscheint. Da der Festwert ex definitione den tatsächlichen Wertansatz annähern soll und mit einem Festwert bewertete Vermögenswerte für das Unternehmen von nachrangiger Bedeutung sein müssen, bestehen uE bei sachgerechter Anwendung unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Wesentlichkeit im Regelfall keine Bedenken, den Festwert im IFRS-Abschluss beizubehalten (glA Riese, in: Beck IFRS-Handbuch, § 8 Rz. 86; aA Quick, DB 2008, S. 2210 mwN).

1. Zuordnungsverfahren

a. First-in-first-out

 

Tz. 85

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Bei Vorratsgegenständen, deren Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht durch eine Einzelbewertung ermittelt werden, können die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten mittels des Verbrauchsfolgeverfahrens First-in-first-out (Fifo) bestimmt werden. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass es sich um große Stückzahlen von idR austauschbaren Gütern handelt. Die Verwendung des Fifo-Verfahrens geht von der Annahme aus, dass die Vorratsgegenstände, die zuerst beschafft wurden, zuerst wieder verkauft oder verbraucht werden (IAS 2.27). Der verbleibende Bestand an Vorräten am Ende der Berichtsperiode setzt sich folglich aus den zuletzt beschafften bzw. produzierten Gütern zusammen.

Das in gleicher Weise in § 256 Satz 1 HGB genannte Verbrauchsfolgeverfahren führt zu einer Bestandsbewertung, die die aktuellen Wertverhältnisse auf den Beschaffungsmärkten widerspiegelt, da die Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten der zuletzt beschafften Güter für den Bilanzansatz maßgebend sind. Diese zeitnahe Darstellung der Vermögenslage kann zu Lasten einer korrekten Darstellung der Ertragslage erfolgen, da im Falle steigender Preise der Ausweis von Scheingewinnen möglich wird (bei fallenden Preisen kann sich entsprechend am Bilanzstichtag die Notwendigkeit einer Abschreibung nach dem strengen Niederstwertprinzip auf den niedrigeren beizulegenden Zeitwert ergeben; vgl. ADS, 6. Aufl., § 256 HGB, Tz. 11; Grottel/Huber, in: Beck Bil.-Komm., § 256 HGB, Tz. 59).

Beispiel:

Das Spezialchemieunternehmen A erwirbt zu verschiedenen Zeitpunkten und zu unterschiedlichen Preisen und Mengen Magnesium. Bei Anwendung des Fifo-Verfahrens ergibt sich die Vorratsbewertung zum Ende der Berichtsperiode wie folgt:

 
  ME AK/ME Gesamtwert
Anfangsbestand 1. Januar 100 5 GE 500 GE
Zugang 1 20 6 GE + 120 GE
Zugang 2 30 7 GE + 210 GE
Abgang 1 – 140 100 à 5 GE, 20 à 6 GE, 20 à 7 GE – 760 GE
Zugang 3 70 10 GE + 700 GE
Abgang 2 – 50 10 à 7 GE, 40 à 10 GE – 470 GE
Endbestand 31. Dezember 30 10 GE 300 GE

Tab. 3: Beispiel: First-in-First-out

b. Methode des gewogenen Durchschnitts

 

Tz. 86

Stand: EL 45 - ET: 11/2021

Neben dem Fifo-Verfahren stellt die Methode des gewogenen Durchschnitts als Bewertungsvereinfachungsverfah...

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