1. Prüffelder und Sachverhaltsermittlung

 

Tz. 106

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Sobald die Unternehmen ihre Bereitschaft zur Mitwirkung erklärt haben, ist es Aufgabe des fallverantwortlichen Mitglieds der Prüfstelle, diejenigen Bereiche auszuwählen, die näher untersucht werden sollen (§ 6 Verfahrensordnung der Prüfstelle). Hierzu dienen in erster Linie die Geschäftsberichte der Unternehmen sowie die zuvor angeforderten Prüfungsberichte des Abschlussprüfers und etwaige Aufstellungen nicht gebuchter Prüfungsdifferenzen. Insbesondere gibt der deutsche "long-form" Prüfungsbericht, wie von § 321 Abs. 2 HGB gefordert, wichtige Hinweise auf kritische Abschlussposten.

 

Tz. 107

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

In der Regel werden etwa fünf Prüffelder ausgewählt. Sofern bei Stichprobenprüfungen die von der DPR jährlich angekündigten Prüfungsschwerpunkte bei dem zu prüfenden Abschluss von Bedeutung sind und es keine anderen Themen gibt, die für den individuellen Abschluss von größerer Relevanz sind, werden diese berücksichtigt. Auch die von der ESMA jährlich publizierten "European common enforcement priorities" werden bei der Festlegung der individuellen Prüffelder nach denselben Grundsätzen in Betracht gezogen (vgl. Tz. 26). In einer ersten Fragerunde wird zu den betroffenen Prüffeldern um weitergehende Erläuterungen gebeten, und es werden Unterlagen wie Verträge oder Stellungnahmen Dritter angefordert. Die Kommunikation zwischen der DPR und den Unternehmen erfolgt in diesem Stadium der Prüfung schriftlich. Hieran können sich weitere Fragerunden anschließen. Einzelfragen werden häufig auch in einem Telefongespräch geklärt. In den meisten Fällen wird der jeweilige Abschlussprüfer von Beginn an mit einbezogen.

2. Prüfung vor Ort und Arbeitsgespräch

 

Tz. 108

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Zu einer Prüfung vor Ort und einem Arbeitsgespräch kommt es nur, wenn umfangreiche Unterlagen – wie etwa Kreditakten – einzusehen sind oder bei komplizierten Sachverhalten, die sich vorher nicht auf schriftlichem Wege oder telefonisch haben klären lassen. Soweit es nur um Sachverhaltsklärung geht, werden diese Arbeitsgespräche bevorzugt in Berlin bei der DPR geführt, was für die DPR effizienter ist, aber auch den Kammermitgliedern, die später über den Fall zu entscheiden haben, die Möglichkeit gibt, unmittelbar die Erklärungen der Unternehmensvertreter zu würdigen oder zu hinterfragen. Dies hilft häufig, ein besseres Verständnis für das Unternehmen und die Gründe für eine gewählte Bilanzierung zu gewinnen.

3. Vorläufiges Prüfungsergebnis und Unternehmensgespräch

 

Tz. 109

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Nach Sachverhaltsklärung ist es Aufgabe des fallverantwortlichen Mitglieds der Prüfstelle, das Ergebnis seiner Tätigkeit in einem vorläufigen Prüfungsergebnis für die sich anschließende Kammersitzung vorzubereiten. Kommt das zuständige Prüfstellen-Mitglied aus seiner Sicht zu einer vorläufigen Fehlerfeststellung, wird das Unternehmen vorab entsprechend informiert und hat noch einmal Gelegenheit zur ausführlichen Stellungnahme. Hierbei werden die Unternehmen auch aufgefordert zu bestätigen, ob der der vorläufigen Fehlerfeststellung zugrunde liegende Sachverhalt richtig und vollständig erfasst ist. Eine schriftliche Stellungnahme zur Sachverhaltsdarstellung und zur bilanziellen Würdigung ist idR zwingende Voraussetzung für eine finale Kammerentscheidung. Zudem besteht die Möglichkeit, den Fall in anonymisierter Form vor einer finalen Entscheidung bei der EECS als emerging issue zur Diskussion zu stellen (vgl. Tz. 26).

 

Tz. 110

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Bei einer vorläufigen Fehlerfeststellung wird dem betroffenen Unternehmen neben der Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme auch ein Unternehmensgespräch angeboten. Daran nehmen von Seiten der DPR das fallverantwortliche Mitglied, der Berichtskritiker, alle Kammermitglieder sowie der Geschäftsführer und von Seiten des Unternehmens regelmäßig der Finanzvorstand und der Leiter Rechnungswesen teil. Eine Teilnahme des Abschlussprüfers wird von der DPR angeregt und von den Unternehmen meist auch ermöglicht. Das Unternehmensgespräch hat den Zweck, noch bestehende Unklarheiten über den jeweiligen Sachverhalt zu beseitigen und die Argumente für und wider eine bestimmte Bilanzierung auszutauschen.

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