Tz. 1

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Für geschäftliche Aktivitäten werden oftmals kapitalintensive Vermögenswerte des Anlagevermögens wie bspw. Maschinen zur Produktion von Gütern benötigt. Eine solche Nutzung der Vermögenswerte kann auf unterschiedlichen Rechtspositionen gründen (vgl. Ewelt-Knauer, 2010, S. 65). So kann ein Vermögenswert von einer Partei entweder durch ein (wirtschaftliches) Eigentumsverhältnis gekennzeichnet sein oder aber gegen Entrichtung einer Gebühr von einer anderen Partei geliehen werden (vgl. für eine theoretische Erklärung Krahnen, ZfB 1990, S. 21–38). Vor diesem Hintergrund gibt die Rechnungslegung nach IFRS Regelungen vor, anhand derer Nutzungsverhältnisse sowohl beim Leasingnehmer als auch beim Leasinggeber bilanziell abzubilden sind. Hier sind die Regelungen des Leasings einschlägig. Diese sind mit dem am 13.01.2016 veröffentlichten Leasingbilanzierungsstandard IFRS 16 nach langer Diskussion (vgl. Tz. 2) neu implementiert worden und lösen die Regelungen des IAS 17 und die ergänzenden Interpretationen IFRIC 4, SIC-15 sowie SIC-27 ab (IFRS 16.C21). Ziel der Regelungsänderungen war es vor allem, die hohe Anzahl von Off-Balance-Sheet-Leasingverhältnissen – insbesondere beim Leasingnehmer – zu reduzieren und Leasingverhältnisse für die Adressaten der Berichterstattung bilanziell sichtbar(er) zu machen. So hatten börsennotierte Unternehmen Schätzungen zufolge auf Basis der alten All-or-nothing-Regelungen nach IFRS und US-GAAP fast 3 Billiarden US-Dollar an Leasingverpflichtungen, die bei Anwendung dieser Regelungen bilanziell nicht gezeigt wurden (vgl. IASB, IFRS 16 Effects Analysis, S. 4). Der IASB sah vor diesem Hintergrund die Entscheidungsnützlichkeit der Informationsvermittlung über Leasingverhältnisse beeinträchtigt (IFRS 16.BC3).

 

Tz. 2

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Für die Einordnung der neuen Regelungen nach IFRS 16 ist ein kurzer historischer Überblick hilfreich (siehe hierzu auch Tesche/Küting, DStR 2016, S. 620f.), da – wie noch zu zeigen sein wird – bei der Leasinggeberbilanzierung konzeptionell weiterhin der im Rahmen von IAS 17 verfolgte all-or-nothing-approach für die Beurteilung von Leasingverhältnissen heranzuziehen ist (vgl. Tz. 101ff.). Erstmalig wurden im Jahr 1982 vom International Accounting Standards Committee (IASC) Regelungen zur bilanziellen Abbildung von Leasingverhältnissen veröffentlicht, die im Jahr 2000 partiell in IAS 17 geändert wurden. Diese Regelungen geben auf Basis einer chancen- und risikoorientierten Betrachtungsweise (risk-and-rewards-approach) insbesondere Beispiele und Indikatoren vor, anhand derer beurteilt werden soll, ob im Rahmen des Leasingverhältnisses das wirtschaftliche Eigentum am Leasingobjekt auf den Leasingnehmer übertragen wird. Im Dezember 2003 veröffentlichte der IASB eine überarbeitete Version des IAS 17, die durch die Regelungen von IFRIC 4 und SIC-27 flankiert wurde. Insbesondere die großen Off-Balance-Sheet-Gestaltungsmöglichkeiten haben den Standardsetzer jedoch im Jahr 2006 dazu bewogen, in einem "joint project" zwischen dem IASB und dem US-amerikanischen FASB neue Regelungen zur Leasingbilanzierung zu erarbeiten. Dabei wurden die Vorschläge aus dem sog. McGregor-Papier aus dem Jahr 1996 aufgegriffen, wonach nicht mehr das Leasingobjekt an sich, sondern vielmehr das Nutzungsrecht an dem Leasingobjekt im bilanziellen Fokus stehen sollte (vgl. McGregor, 1996; vgl. auch Eckl et al., DB 2016, S. 661; Tesche/Küting, DStR 2016, S. 620f.). Im Jahr 2010 präsentierten die Boards einen ersten Exposure Draft (ED/2010/9), der sich an ebendiesem sog. Nutzungsrechtsmodell (right-of-use model) orientiert hat. Dieser Entwurf wurde jedoch stark für zu komplexe (Detail-)Regelungen kritisiert (vgl. stellvertretend für viele hierzu und zum Folgenden Edelmann, WPg 2016, S. 260; Tesche/Küting, DStR 2016, S. 621). Vor diesem Hintergrund wurde 2013 ein Re-Exposure Draft (ED/2013/6) veröffentlicht, der zwar weiterhin das Nutzungsrechtsmodell für die Bilanzierung von Leasingverhältnissen verankerte, in dem jedoch einige Korrekturen an diesem Modell vorgenommen und Unschärfen aus dem ersten Entwurf eliminiert wurden. Dennoch wurde auch diese überarbeitete Version kritisiert und die beiden Boards, IASB und FASB, nahmen schließlich Abstand von der Idee eines gemeinsamen Leasingstandards, sodass auch künftig Unterschiede in der bilanziellen Abbildung von Leasingverhältnissen nach IFRS und US-GAAP bestehen werden (hierzu vgl. Tz. 2b; vgl. kritisch zum Konvergenzprojekt Eckl et al., DB 2016, S. 661f.; Vosseler, WPg 2016, S. 185; weniger kritisch und einordnend in den politischen Kontext Stibi, BB 2016, S. I; für eine kritische Würdigung des ED/2013/6 stellvertretend Morfeld, in: Beck IFRS-Handbuch, 5. Aufl., § 22, Tz. 226f.).

 

Tz. 2a

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Die neuen Regelungen nach IFRS 16 nehmen nun eine konzeptionelle Zweiteilung vor (mixed model): Auf der einen Seite orientiert sich die Leasingnehmerbilanzierung am Nutzungsrechtsmodell (vgl. Tz. 51ff.), wonac...

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