Tz. 13

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Primäre Quelle des Finanzanalysten über ein Unternehmen sind die Veröffentlichungen des Unternehmens, in erster Linie der Jahresabschluss, die Quartalsberichte, Ad-hoc-Meldungen sowie Pressemitteilungen. Auch Analystenkonferenzen, Investorenkonferenzen, Forschungs- und Entwicklungstage und persönliche Gespräche mit Unternehmensvertretern (sog. "One-on-Ones" in erster Linie mit dem Top-Management) zählen beispielhaft zu den Informationsquellen des Analysten. Als ständiger Ansprechpartner des Unternehmens für den Analysten steht die "Investor Relations"-Abteilung zur Verfügung. Soweit möglich, versucht der Analyst, sich durch Besuche relevanter Unternehmensbereiche (zB Produktion, Logistik, etc.) ein Bild "vor Ort" zu machen.

Zunehmend werden auch die Aktionen der Manager sowie der Hauptaktionäre vom Finanzanalysten aufmerksam verfolgt. So erregen aufgrund ihrer Anreiz- und Signalwirkungen ua. auch Aktienoptionspläne, Managementvergütungen, Insiderhandelsdaten, mögliche Interessenskonflikte der maßgeblichen Aktionäre und des Managements sowie Transaktionen zwischen den Hauptaktionären und dem Unternehmen das Interesse der Finanzanalysten. Wachsende Veröffentlichungsverpflichtungen sind bei diesen Aspekten von großer Bedeutung.

 

Tz. 14

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Neben den unternehmensspezifischen nutzt der Analyst auch externe Informationsquellen wie Nachrichtenagenturen (Reuters, Bloomberg, vwd etc.), Marktforscher (AC Nielsen, GfK, Jupiter, Ifo etc.), Ratingagenturen (S&P, Moody’s, Fitch etc.), Verbandspublikationen (zB VDA, HDE, VDI etc.), Unternehmensberater sowie die Presse. Durch staatliche oder halbstaatliche Stellen (EZB, Eurostat) ermittelte Branchendaten wie Branchenumsätze, Auftragseingänge, Neuzulassungen, Bauanträge sowie Stimmungsindikatoren in Form von Umfragen unter Unternehmen, Verbrauchern und Einkaufsmanagern dienen dem Analysten zur Einschätzung der aktuellen Entwicklungen. Von Interesse sind ua. auch wirtschaftspolitische Äußerungen von Politikern, Gewerkschaften und Regulierungsbe­hörden. Zunehmend gewinnt das Internet, als ein sehr ergiebiges und durch intelligente Suchmaschinen auch effizientes System als Informationsmedium, an Bedeutung.

Kontakte zu Lieferanten, Kunden und Mitbewerbern von Unternehmen sind ebenso nutzbringend für den Finanzanalysten, da sie Aufschlüsse über das aktuelle Wettbewerbsumfeld zulassen. Gerade die Berichterstattung dieser Informationsquellen erlaubt oftmals aufschlussreiche Hinweise (Read-throughs) über die aktuelle Geschäftsentwicklung des analysierten Unternehmens und lässt Trendverschiebungen schon vor den Unternehmenspublikationen erkennen. Zudem sind die gewonnenen Informationen als Kontrollwerte für die Unternehmensveröffentlichungen zu verwenden.

 

Tz. 15

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Grundsätzlich hat der Finanzanalyst ein besonderes Interesse an Informationen, die Aussagen über Branchentrends und die zukünftige Entwicklung des Unternehmens erlauben. In einigen Branchen wird auch intensives Field Research betrieben. So kann sich der Analyst zB ein Bild von neueröffneten Einzelhandelsflächen machen oder Autoverkäufer nach den Lieferzeiten für ein neu herausgebrachtes Modell befragen.

 

Tz. 16

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Während in der Vergangenheit Analysten vor allem nach regionalen Verantwortungsbereichen aufgestellt waren, dominiert heute eindeutig der von der Internationalisierung der Unternehmen getriebene "Sektoransatz". Insbesondere das tiefe Verständnis der Branche sowie der wichtigsten Mitbewerber des Unternehmens macht den Analysten zu einem akzeptierten Gesprächspartner des Unternehmensmanagements. Allerdings sind dem Meinungsaustausch sowohl durch das Interesse des Unternehmens nach einem Schutz geschäftspolitisch sensibler Informationen, dem Drang des Managements zur Steuerung des öffentlichen Nachrichtenflusses als auch aufgrund der zunehmend restriktiven gesetzlichen wie auch berufsständischen Regelungen enge Grenzen gesetzt.

 

Tz. 17

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Ein Analyst nimmt aufgrund von Informations- und Verarbeitungskosten nicht alle verfügbaren Informationen auf, sondern unterliegt als rational agierender Akteur unter Einhaltung der Sorgfaltspflicht einem Optimierungskalkül (Kosten-Nutzenanalyse).

Der durch den Analysten geschaffene Mehrwert (value added) liegt weniger in der Sammlung, als vielmehr in der Interpretation der erhaltenen Informationen. Obwohl – wie oben (vgl. Tz. 13f.) beschrieben – das Unternehmen selbst nur eine von vielfältigen Informationsquellen darstellt, bietet der Jahresabschluss nach wie vor die direkteste und elementarste Informationsquelle.

 

Tz. 18

Stand: EL 38 – ET: 6/2019

Die Stellung der Unternehmenskommunikation für die externe Beurteilung des Unternehmens ist keinesfalls zu unterschätzen. So trägt eine offene, zeitnahe und transparente Berichterstattung über die Geschäftsentwicklung und die wesentlichen Treiber des Unternehmenserfolgs maßgeblich zum Vertrauen des Kapitalmarktes bei. Sie hat über e...

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