I. Bezugsrahmen

1. Unternehmenskreis

 

Tz. 52

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie unterliegen Unternehmen dem Enforcement, die als Emittenten von zugelassenen Wertpapieren iSv. § 2 Abs. 1 WpHG die Bundesrepublik Deutschland als Herkunftsstaat haben (sog. Herkunftsstaatsprinzip). Aktienemittenten und Emittenten von Schuldtiteln mit einer Stückelung von weniger als 1.000 Euro unterliegen kraft Gesetzes dem Enforcement durch die DPR bzw. die BaFin, wenn sie ihren Sitz in Deutschland haben – unabhängig davon, ob ihre Wertpapiere in Deutschland und/oder in einem anderen EU-Mitgliedstaat zum Handel an einem organisierten Markt zugelassen sind (§ 2 Abs. 13 Nr. 1 lit. a) WpHG).

 

Tz. 53

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Unternehmen mit Sitz im Ausland, deren Wertpapiere zum Handel an einem organisierten Markt im Inland zugelassen sind, fallen grundsätzlich nur dann unter das Enforcement durch die DPR bzw. BaFin, wenn sie Deutschland als Herkunftsstaat gewählt haben (§ 2 Abs. 13 Nr. 1 lit. b) und Nr. 2 lit. b) WpHG). Nach Maßgabe von § 2 Abs. 13 Nr. 2 lit. a) und Nr. 3 WpHG unterliegen weitere Unternehmen dem Enforcement.

 

Tz. 54

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Bei den Wertpapieren iSv. § 2 Abs. 1 WpHG handelt es sich vor allem um Aktien und Schuldtitel wie Genussscheine oder Schuldverschreibungen oder um andere Anteile an Unternehmen, soweit diese Aktien vergleichbar sind.

 

Tz. 55

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Auf Unternehmen, deren einzige zum Börsenhandel zugelassene Wertpapiere Anteile an offenen Investmentvermögen sind, finden die Vorschriften über die Bilanzkontrolle dagegen keine Anwendung. Denn die Überwachung der Rechnungslegung dieser Unternehmen ist bereits durch sektorenspezifische Vorschriften geregelt (vgl. Begr.RegE Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, BT-Drucks. Nr. 18/5010, S. 42). Daher wurden sie im Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie vom Anwendungsbereich des Enforcement explizit ausgenommen (§ 1 Abs. 3 WpHG und § 342b Abs. 2 Satz 2 2. Halbsatz HGB). Geschlossene Investmentvermögen in Form von Investmentaktiengesellschaften mit fixem Kapital können dennoch Gegenstand von Enforcement-Prüfungen sein (vgl. Begr.RegE Gesetz zur Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie, BT-Drucks. Nr. 18/5010, S. 50).

 

Tz. 56

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Wertpapiere, die im Freiverkehr gehandelt werden, unterliegen nicht dem Enforcement. Bei einigen Unternehmen, die nach Abschluss eines Prüfverfahrens vom regulierten Markt in den Freiverkehr gewechselt sind, war offensichtlich ein Motiv, nicht mehr dem Enforcement zu unterliegen. Ob dies den Interessen von Anlegern im Freiverkehr dient, sei dahingestellt.

 

Tz. 57

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Unabhängig hiervon ist auffällig, dass die Anzahl der dem Enforcement unterliegenden Unternehmen (Grundgesamtheit) in dem Zeitraum von Juli 2005 bis Juli 2020 von 1249 auf 545 abgenommen hat. Die Ursachen hierfür sind vielfältig (zB Fusionen und Übernahmen). Inwieweit die Einführung des Enforcement als solches oder die hiermit in Zusammenhang stehenden Kosten für die Abnahme der Anzahl der dem Enforcement unterliegenden Unternehmen ursächlich waren, ist nicht bekannt (vgl. hierzu Berger/Pasch, CFB 2013, S. 384ff.) Seit dem Jahr 2017 lässt sich jedoch beobachten, dass die Grundgesamtheit näherungsweise konstant geblieben ist.

2. Prüfungsgegenstand

 

Tz. 58

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Bis zum 31.12.2019 unterlagen nach § 342b Abs. 2 Satz 1 HGB der zuletzt festgestellte Jahresabschluss oder der zuletzt gebilligte Konzernabschluss – jeweils mit dem zugehörigen Lage- bzw. Konzernlagebericht sowie die den Finanzberichten zugrunde liegende Buchführung (vgl. zum Buchführungsfehler im Enforcement-Verfahren Lüdenbach/Freiberg, BB 2020, S. 811ff.; Müller, AG 2020, S. 83ff.) dem Enforcement. Seit dem Inkrafttreten des Gesetzes zur weiteren Umsetzung der Transparenzrichtlinie-Änderungsrichtlinie im Hinblick auf ein einheitliches elektronisches Format für Jahresfinanzberichte (ESEF-Umsetzungsgesetz, BGBl. I Nr. 38 vom 18.08.2020) sind die Jahresfinanzberichte kapitalmarktorientierter Unternehmen für Geschäftsjahre, die am oder nach dem 01.01.2020 beginnen, im ESEF-Format zu erstellen und gemäß § 328 HGB offenzulegen. Mit Änderung des § 342b Abs. 2 Satz 1 HGB wurde der Prüfungsgegenstand im Enforcement-Verfahren auf die im ESEF-Format offengelegten Jahres- und Konzernabschlüsse nebst zugehörigen (Konzern-)Lageberichten ausgeweitet. Bezüglich der Fragestellung, ob zukünftig die festgestellten bzw. gebilligten Abschlüsse oder die offengelegten Abschlüsse den primären Prüfungsgegenstand darstellen, wurde im Regierungsentwurf klargestellt, dass eine Prüfung der offengelegten Unterlagen im Regelfall genüge, da die offengelegten Abschlüsse und Lageberichte ansonsten den aufgestellten Unterlagen entsprechen müssten (§ 328 Abs. 1 Satz 1 und 2 HGB). Gleichwohl kann eine Prüfung der festgestellten/gebilligten Abschlüsse und der zugehörigen Lage...

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