Tz. 68

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Gemäß IFRS 16.39 ist der Leasingnehmer nach dem Bereitstellungsdatum dazu verpflichtet, das Leasingverhältnis sowohl hinsichtlich der zum Zeitpunkt der Erstbewertung getroffenen Einschätzungen als auch mit Blick auf bestimmte Änderungen von Marktfaktoren fortlaufend zu überprüfen. In Abgrenzung zur Modifikation eines Leasingverhältnisses, die auf eine in den ursprünglichen Vertragsbedingungen nicht vorgesehene Anpassung des Leasingverhältnisses abzielt (vgl. Tz. 72), bezieht sich eine Neubeurteilung ausschließlich auf die Neueinschätzung bereits bestehender vertraglicher Bedingungen (IFRS 16.BC201; vgl. auch Gehrer et al., KoR 2017, S. 58; Kirsch/Dollereder/Wätjen, WPg 2018, S. 1299f.). Führt die Prüfung der Annahmen zu einer Neubeurteilung (reassessment) des Leasingverhältnisses, so muss der Leasingnehmer die Leasingverbindlichkeit neu bewerten und entsprechend den Buchwert der Leasingverbindlichkeit anpassen (IFRS 16.36 (c) iVm. IFRS 16.39). Buchungstechnisch ist eine Erhöhung oder Verminderung der Leasingverbindlichkeit grundsätzlich erfolgsneutral gegen das auf der Aktivseite ausgewiesene Nutzungsrecht vorzunehmen (IFRS 16.39; Freiberg bezeichnet die Leasingverbindlichkeit und das Nutzungsrecht daher in diesem Kontext als "horizontale Bewertungseinheit"; Freiberg, WPg 2016, S. 1119). Sind Leasingverbindlichkeit und Nutzungsrecht im Wert zu mindern und übersteigt dabei der Anpassungsbetrag den Restbuchwert des Nutzungsrechts, ist der Restbuchwert des Nutzungsrechts auf null zu mindern und der den Restbuchwert übersteigende Betrag ertragswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu erfassen (IFRS 16.39).

Eine erforderliche Neubeurteilung kann konkret auf den folgenden in IFRS 16.40, IFRS 16.42 sowie IFRS 16.B42 (a)(ii) beschriebenen Sachverhalten fußen:

1) Anpassung der Laufzeit des Leasingverhältnisses im Rahmen der Anwendung von IFRS 16.20f. (IFRS 16.40 (a); hierzu vgl. Tz. 48f.);
2) Änderung in der Einschätzung über die Ausübung einer Kaufoption, wobei zur Einschätzung analog auf die in IFRS 16.20f. beschriebenen Ereignisse und Umstände, die sich auf Laufzeitoptionen beziehen, abzustellen ist (IFRS 16.40 (b));
3) Änderung der erwartungsgemäß zu entrichtenden Zahlungen aus einer zugesagten Restwertgarantie (IFRS 16.42 (a));
4) Änderung der zu entrichtenden variablen Leasingzahlungen, die an einen Index oder Zinssatz gekoppelt sind, bedingt durch eine Änderung des entsprechenden Index oder Zinssatzes (IFRS 16.42 (b));
5) ursprünglich variable Zahlungen, deren Variabilität endet und damit fix werden (IFRS 16.B42 (a)(ii)).
 

Tz. 69

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Ad 1) und 2): Die erforderliche Neubeurteilung des Leasingverhältnisses iSv. IFRS 16.40 zielt darauf ab, dass sich die Einschätzung über die (Nicht-)Ausübung einer Laufzeitoption (dh. einer Verlängerungs- oder Kündigungsoption) oder Kaufoption des Leasingnehmers ändert oder der Leasingnehmer eine solche Option – entgegen der ursprünglichen Annahme – tatsächlich doch (nicht) ausübt (IFRS 16.40 iVm. IFRS 16.20f.). Auf das Erfordernis einer Beurteilung der (Nicht-)Ausübung von Optionen zu jedem Stichtag hat der Standardsetzer dabei explizit verzichtet (IFRS 16.BC184f.). Vielmehr bedarf es eines der folgenden auslösenden Ereignisse (triggering events) iSv. IFRS 16.20 (iVm. IFRS 16.B41) oder iSv. IFRS 16.21 (zu diesen Ereignissen ausführlicher vgl. Tz. 48f.; es ist zu betonen, dass sich die in IFRS 16.20f. beschriebenen Ereignisse zunächst nur auf die Bestimmung der Laufzeit beziehen, indes sinngemäß auch für die (Neu-)Beurteilung einer Kaufoption heranzuziehen sind (IFRS 16.40 (b)):

  • Es tritt ein signifikantes Ereignis oder eine signifikante Änderung der Umstände ein, das bzw. die innerhalb der Kontrolle des Leasingnehmers liegt und sich darauf auswirkt, ob die Ausübung einer Verlängerungsoption oder einer Kaufoption bzw. die Nichtausübung einer Kündigungsoption – abweichend zur ursprünglichen Beurteilung – hinreichend sicher ist (IFRS 16.20).
  • Der Leasingnehmer übt eine Laufzeitoption aus bzw. sie verfällt, obwohl sie ursprünglich bei der Bestimmung der Laufzeit unberücksichtigt blieb bzw. berücksichtigt wurde, oder übt eine Kaufoption aus bzw. lässt sie verfallen, obgleich deren Ausübungspreis ursprünglich bei der Bestimmung der zu entrichtenden Leasingzahlungen unberücksichtigt blieb bzw. berücksichtigt wurde (IFRS 16.21 (a)–(b)).
  • Es tritt ein Ereignis ein, dass den Leasingnehmer vertraglich dazu verpflichtet, eine Option auszuüben, die bei der Bestimmung der Laufzeit bzw. bei der Bestimmung der zu entrichtenden Leasingzahlungen ursprünglich unberücksichtigt blieb, oder ein Ereignis, dass dem Leasingnehmer vertraglich untersagt, eine Option auszuüben, die bei der Bestimmung der Laufzeit bzw. bei der Bestimmung der zu entrichtenden Leasingzahlungen ursprünglich berücksichtigt wurde (IFRS 16.21 (c)–(d)).

Liegt eine Neubeurteilung hinsichtlich der (Nicht-)Ausübung einer Laufzeit- oder einer Kaufoption vor, so ist die Leasingverbind...

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