I. Persönlicher Anwendungsbereich

 

Tz. 37

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Art. 5 der IAS-VO ermächtigt die Mitgliedstaaten, die Anwendung der IFRS für den Einzelabschluss von kapitalmarktorientierten wie auch von nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften zwingend anzuordnen oder freiwillig zu gestatten.

 

Tz. 38

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Mit dem BilReG hat der deutsche Gesetzgeber allen Gesellschaften das Wahlrecht eröffnet, einen IFRS-Einzelabschluss für Zwecke der (befreienden) Offenlegung aufzustellen (§ 325 Abs. 2a HGB verwendet bewusst den Begriff "Einzelabschluss" zur Abgrenzung zum Begriff des Jahresabschlusses). Dieser IFRS-Einzelabschluss dient ausschließlich Offenlegungszwecken. Er soll den Gesellschaften ermöglichen, "sich dem Publikum [...] besonders nachdrücklich als Unternehmen mit internationaler Rechnungslegung zu präsentieren" (RegBegr. BilReG, BT-Drucks. 15/3419, S. 46), um die Transparenz und internationale Vergleichbarkeit der Abschlüsse zu erhöhen. Er ersetzt indes nicht einen HGB-Jahresabschluss; dieser bleibt unverändert Bemessungsgrundlage für den ausschüttungsfähigen Gewinn und Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung.

Zwar war es die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers, die befreiende Offenlegung auf große Kapitalgesellschaften iSd. § 267 Abs. 3 HGB (sowie ihnen gleichgestellte große haftungsbeschränkte Personenhandelsgesellschaften iSd. §§ 264a HGB) zu beschränken (vgl. RegBegr. BilReG, BT-Drucks. 15/3419, S. 45); die gesetzliche Kodifizierung der Größenbeschränkung erfolgte indes erst mit dem Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG, BGBl. I 2021, S. 3338ff.) für Rechnungslegungsunterlagen für ein nach dem 31. Dezember 2021 beginnendes Geschäftsjahr (vgl. Art. 88 Abs. 2 EGHGB)

II. Sachlicher Anwendungsbereich

1. IFRS-Einzelabschlüsse

 

Tz. 39

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Der Wortlaut des Art. 5b der IAS-VO bezieht sich ausdrücklich auf die konsolidierten Abschlüsse und/oder Jahresabschlüsse (in der Terminologie des § 325 Abs. 2a HGB: Einzelabschlüsse) der nicht kapitalmarktorientierten Gesellschaften. Der Begriff "Jahresabschluss" umfasst dabei sowohl die Aufstellung eines sog. separaten IFRS-Einzelabschlusses (separate financial statements) iSd. IAS 27.4, IAS 28.44 und IFRS 11.26f., bei dem eine Gesellschaft zusätzlich zu einem IFRS-Konzernabschluss auch einen IFRS-Einzelabschluss aufstellt, als auch die Aufstellung eines isolierten IFRS-Einzelabschlusses (sog. individual financial statements), bei dem ein Unternehmen zwar Anteile an einem Joint Venture und/oder an einem assoziierten Unternehmen hält, mangels konsolidierungspflichtigem Tochterunternehmen aber kein Konzern ist und mithin auch nach § 315e HGB iVm. § 290 Abs. 5 HGB nicht zur Konzernrechnungslegung verpflichtet ist. Zur Unterscheidung von separate und individual financial statements vgl. EY, International GAAP 2022, Chapter 8; zu den Bilanzierungsfolgen vgl. Tz. 44.

2. Befreiende Offenlegung

 

Tz. 40

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Im Rahmen der Offenlegung konnte für Geschäftsjahre, die vor dem 1. Januar 2022 begannen, nach § 325 Abs. 2a HGB bei der Bundesanzeigerpublizität an die Stelle eines HGB-Jahresabschlusses ein IFRS-Einzelabschluss treten, sofern bestimmte inhaltliche und formale Voraussetzungen erfüllt waren (vgl. Tz. 42ff.). Der handelsrechtliche Jahresabschluss war allerdings nur von der Bekanntgabe im Bundesanzeiger befreit. Er musste dennoch gem. §§ 325 Abs. 2 Nr. 3 iVm. Abs. 1 Satz 2 HGB aF (zusammen mit dem IFRS-Einzelabschluss und den übrigen offenlegungspflichtigen Rechnungslegungsunterlagen) beim Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers eingereicht werden. Während der IFRS-Einzelabschluss im (elektronischen) Bundesanzeiger bekannt gemacht und anschließend an das Unternehmensregister übermittelt wurde, leitete der Betreiber des elektronischen Bundesanzeigers den handelsrechtlichen Jahresabschluss ohne Bekanntmachung an das Unternehmensregister weiter (§ 325 Abs. 2b Nr. 3 iVm Abs. 2a HGB aF, § 8b Abs. 3 iVm. Abs. 2 Nr. 4 HGB aF, vgl. Tz. 49). Diese für IFRS-Einzelabschlüsse doppelte Publizitätspflicht bestand seit dem Gesetz über elektronische Handelsregister, Genossenschaftsregister sowie das Unternehmensregister (EHUG) vom 10. November 2006 (BGBl. I 2006, S. 2553) größenunabhängig für alle offenlegungspflichtigen Unternehmen.

 

Tz. 41

Stand: EL 48 – ET: 10/2022

Das Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie (DiRUG, BGBl. I 2021, S. 3338) hat die bisherige Doppelpublizität beendet. Für nach dem 31. Dezember 2021 beginnende Geschäftsjahre erfolgt die Offenlegung von Rechnungslegungsunterlagen nunmehr unmittelbar und ausschließlich beim Unternehmensregister (Art. 88 Abs. 2 EGHGB). Hierzu haben die Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs die offenlegungspflichtigen Unterlagen direkt an die das Unternehmensregister führende Stelle (www. publikations-plattform.de) elektronisch zur Einstellung zu übermitteln (§ 325 Abs. 1 Satz 2 HGB nF). Eine Bekanntmachung im Bundesanzeiger entfällt (§ 325 Abs. 2 HGB aF aufgehoben). Infolgedessen wurde der Befreiungstatbestand in § 325 Abs. 2a Satz 1 HGB nF des Inh...

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