I. Aufgabenabgrenzung

1. Grundkonzeption

 

Tz. 12

Stand: EL 44 – ET: 06/2021

Die Rechtsgrundlage für das zweistufige Enforcement-Verfahren in Deutschland bildet das BilKoG (vgl. Tz. 4), das am 21.12.2004 in Kraft getreten ist. Das Gesetzgebungsverfahren unter Federführung des BMJV war durch eine enge Abstimmung mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und Vertretern aus der Wissenschaft sowie der Rechnungslegung nahe stehenden Fachinstitutionen geprägt. Weiterhin waren das BMF und die BaFin eng eingebunden.

 

Tz. 13

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Die gemeinsame Zielsetzung bestand darin, unter Beteiligung sowohl einer privatrechtlichen als auch einer staatlichen Institution ein gleichermaßen effektives und auch effizientes Enforcement für den deutschen Kapitalmarkt zu schaffen. Damit wurde angestrebt, die Vorteile einer rein staatlichen und einer rein privatrechtlich organisierten Bilanzkontrolle miteinander zu kombinieren. Für diese beiden Ausprägungen lagen bereits Vorbilder vor, etwa die Autorité des Marchés Financiers (AMF) in Frankreich (rein staatlich) oder das Financial Reporting Review Panel (FRRP) in Großbritannien (rein privatrechtlich). Das Kombinationsmodell war in dieser Form neuartig. Seit dem Jahr 2014 prüfen in Österreich mit einer vergleichbar kombinierten Struktur die Österreichische Prüfstelle für Rechnungslegung (OePR) und die Finanzmarktaufsicht (FMA) die Abschlüsse kapitalmarktorientierter Unternehmen (vgl. hierzu Hoffmann/Höltken, WPg 2014, S. 730ff.; Zeder, ecolex 2013, S. 235ff.). In Schweden besteht mit der Finanzaufsicht Finansinspektionen (FI) und der privatrechtlichen Organisation Nämnden för svensk redovisningstillsyn seit Januar 2019 ebenfalls ein zweistufiges Enforcement-System.

 

Tz. 14

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In der Regierungsbegründung zum BilKoG heißt es mit Bezug auf das privatrechtliche Element des zweistufigen Enforcement-Verfahrens: "Für die betroffenen Unternehmen wird eine Möglichkeit geschaffen, Unstimmigkeiten über Bilanzierungsfragen auf privatrechtlicher Ebene mit einem Gremium qualifizierter Fachleute zu lösen" (Begr.RegE BilKoG, BT-Drucks. 15/3421, S. 11). Gleichzeitig stand außer Frage, dass auf ein hoheitliches Instrumentarium innerhalb des Enforcement-Verfahrens nicht verzichtet werden sollte. Eine Kooperationslösung mit einer vorgegebenen Aufgabenverteilung war damit das gesetzgeberische Leitbild.

 

Tz. 15

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Die Rolle der privatrechtlich organisierten Institution wird von der DPR (im internationalen Kontext wird die Bezeichnung "Financial Reporting Enforcement Panel" bzw. "FREP" verwendet), die Rolle der mit hoheitlichen Mitteln ausgestatteten staatlichen Institution wird von der BaFin wahrgenommen.

 

Tz. 16

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Bei der DPR handelt es sich um einen auf privatem Recht basierenden Verein (Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung DPR e. V.), der am 14.05.2004 gegründet und am 10.09.2004 beim Vereinsregister in Berlin Charlottenburg (VR 23 745 Nz) eingetragen wurde. Da der Vereinszweck gem. § 2 Abs. 1 lit. a Vereinssatzung auf die Trägerschaft einer weisungsunabhängigen Prüfstelle zur Prüfung von Verstößen gegen Rechnungslegungsvorschriften gem. §§ 342b ff. HGB ausgerichtet ist, war die Vorphase der Vereinsgründung ebenfalls durch eine enge Abstimmung mit dem BMJV gekennzeichnet und lief entsprechend parallel zum Gesetzgebungsverfahren.

 

Tz. 17

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Regelungstechnisch ist die Aufgabe zur Bilanzkontrolle auch vor dem Leitbild des Kooperationsmodells zunächst vollständig der BaFin zugeordnet (§§ 106ff. WpHG). Damit soll die Funktionsfähigkeit für den Fall sichergestellt werden, dass eine privatrechtliche Institution (Prüfstelle iSv. § 342b Abs. 1 Satz 1 HGB) zur Aufgabenwahrnehmung nicht bzw. nicht mehr zur Verfügung steht, da staatlicherseits weder die Errichtung noch das Fortbestehen einer privatrechtlich organisierten Prüfstelle erzwungen werden kann. Diese Generalbefugnis der BaFin erlischt entsprechend dem gesetzgeberischen Leitbild, sobald eine solche privatrechtlich organisierte Prüfstelle mit der Aufgabenwahrnehmung seitens des BMJV und des BMF betraut wird (§§ 108 WpHG, 342b Abs. 1 Satz 1 HGB).

 

Tz. 18

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Der Anerkennungsvertrag zwischen dem DPR e. V. und dem BMJV – im Einvernehmen mit dem BMF – wurde tatsächlich am 30.03.2005 abgeschlossen (abrufbar unter www.frep.info) und der DPR e. V. damit entsprechend legitimiert. Ihre operative Arbeit hat die DPR gem. der Vorgabe des Art. 56 Abs. 1 Satz 2 EGHGB am 01.07.2005 aufgenommen. Dem DPR e. V. wurde am 29.06.2020 der Anerkennungsvertrag seitens des BMJV im Einvernehmen mit dem BMF ordentlich zum 31.12.2021 gekündigt (vgl. Tz. 4a).

2. Aufgabenzuweisung

 

Tz. 19

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Nach Maßgabe von §§ 342b ff. HGB und §§ 107ff. WpHG besteht das Bilanzkontrollverfahren aus zwei Teilphasen: dem Prüfverfahren und dem ggf. nachfolgenden Bekanntmachungsverfahren, das das Verfahren zur Veröffentlichung einer fehlerhaften Rechnungslegung normiert. Während das Veröffentlichungsverfahren ausschließlic...

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