Tz. 122

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Entsteht im Zusammenhang mit dem Erwerb eines ausländischen Geschäftsbetriebs ein Goodwill und/oder sind die Buchwerte der Vermögenswerte und Schulden im Rahmen einer Neubewertung um stille Reserven und stille Lasten zu korrigieren (Auf- bzw. Abstockungsbeträge), so sind diese als Vermögenswerte und Schulden des ausländischen Geschäftsbetriebs zu behandeln (IAS 21.47). IAS 21.33 (rev. 1993) räumte für die Zuordnung und die hieraus abzuleitende Behandlung dieser Posten ein Wahlrecht ein: Die Posten konnten entweder als Vermögenswerte und Schulden der wirtschaftlich selbständigen ausländischen Teileinheit (IAS 21.33(a) (rev. 1993)) oder des berichtenden Unternehmens (IAS 21.33(b) (rev. 1993)) betrachtet werden.

Die Möglichkeit, die Posten als Vermögenswerte und Schulden des berichtenden Unternehmens zu behandeln, wurde im Rahmen der Überarbeitung von IAS 21 eliminiert. Hierfür waren folgende Argumentationen ausschlaggebend (vgl. IAS 21.BC31f.):

1) Ein aus dem Erwerb eines ausländischen Geschäftsbetriebs entstehender Posten sollte nicht abweichend von anderen Vermögenswerten des ausländischen Geschäftsbetriebs bilanziert werden, da ein Goodwill idR größtenteils aus immateriellen Vermögenswerten besteht, die lediglich die Kriterien für eine separate Erfassung gem. IAS 38 nicht erfüllen.
2) Ein Goodwill kann nicht separat vom Nettovermögen des ausländischen Geschäftsbetriebs auf Ebene des berichtenden Unternehmens existieren.
3) Es wird unterstellt, dass die Posten im ausländischen Geschäftsbetrieb wirtschaftlich genutzt werden und dort zu künftigen Zahlungsströmen führen.

Diese Argumente dürften bspw. bei der Aufdeckung stiller Reserven eines Betriebsgrundstücks zweifellos zutreffen. Diese Vorgehensweise verkennt aber, dass beim Goodwill häufig die Nutzung von Synergien oder anderer den Goodwill charakterisierende Werte auch oder vielleicht sogar ausschließlich zu Erträgen beim berichtenden Unternehmen führt (vgl. IDW RS HFA 10 Tz. 5). Diese Erträge können den Kaufpreis maßgeblich beeinflusst haben.

 

Tz. 123

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Der Goodwill ist in der funktionalen Währung des ausländischen Geschäftsbetriebs anzugeben und mit dem Stichtagskurs entsprechend IAS 21.39ff. umzurechnen (IAS 21.47). Hieraus folgt, dass, sofern ein ausländischer Geschäftsbetrieb mehrere funktionale Währungen umfasst, ein beim Erwerb entstehender Goodwill auf die jeweiligen funktionalen Währungen zu verteilen ist (IAS 21.BC32). Sofern also eine Holding ohne eigene operative Tätigkeit an der Spitze mehrerer ausländischer Geschäftsbetriebe steht und die funktionale Währung der Holding von der ihrer operativ tätigen ausländischen Geschäftsbetriebe abweicht, ist ein entstandener Goodwill nicht dieser zuzurechnen, sondern ist auf die ausländischen Geschäftsbetriebe zu verteilen (glA Brendle, IRZ 2010, S. 220). Wie der Goodwill auf die verschiedenen funktionalen Währungen zu verteilen ist, ist in IAS 21 nicht geregelt. Die Allokation des Goodwills auf Basis des so genannten "economic value approach" liefert idR die verlässlichsten Informationen. Bei Anwendung des "economic value approach" wird der Kaufpreis zunächst auf die einzelnen funktionalen Währungen anhand der anteiligen Unternehmenswerte der ausländischen Geschäftsbetriebe verteilt. Anschließend wird das im Rahmen des Unternehmenszusammenschlusses aus den beizulegenden Zeitwerten der Vermögenswerte und Schulden ermittelte Reinvermögen jedes ausländischen Geschäftsbetriebs vom allokierten Kaufpreis abgezogen. Das Residuum repräsentiert den diesem ausländischen Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Goodwill. Die Allokation des Goodwills für Zwecke der Währungsumrechnung kann sich von der Allokation des Goodwills für Zwecke der Ermittlung eines Wertminderungsbedarfs nach IAS 36 unterscheiden (vgl. IAS 21.BC32).

 

Tz. 124

Stand: EL 40 – ET: 02/2020

Die in funktionaler Währung des ausländischen Geschäftsbetriebs vorliegenden Posten sind für Zwecke der Konsolidierung entweder in den Abschluss des ausländischen Geschäftsbetriebs mit einzubeziehen oder in einer Art Ergänzungsbilanz zu führen (vgl. ADS Int 2002, Abschn. 5, Tz. 109). Der Goodwill und die aufgedeckten stillen Reserven und Lasten sind jährlich erneut mit dem Stichtagskurs umzurechnen (so auch Zwirner/Busch/Froschhammer, KoR 2012, S. 594). Durch die jährliche Umrechnung der aufgedeckten stillen Reserven oder Lasten bzw. eines Goodwill zu Stichtagskursen entstehen für diese Posten Umrechnungsdifferenzen, die entsprechend IAS 21.39(c) erfolgsneutral zu behandeln sind. Sie führen zu einer zusätzlichen Komponente der Eigenkapitaldifferenz aus der Währungsumrechnung (vgl. Tz. 105). Die mit diesen Posten zusammenhängenden Aufwendungen und Erträge, zB Abschreibungen des Firmenwerts oder der aufgedeckten stillen Reserven, sind entsprechend der Umrechnung der GuV ausländischer Geschäftsbetriebe mit dem Durchschnittskurs umzurechnen.

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