Tz. 88

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Hinsichtlich der Frage der Formate, dh. ob Flexibilität nur in Form von Gliederungshinweisen gegeben werden soll oder ob feste Formate wie im HGB vorgeschrieben werden sollen, sieht IAS 1 einen Kompromiss zwischen den divergierenden Sichtweisen vor. Der Standard normiert lediglich bestimmte Gliederungsvorschriften. Eine Struktur im Sinne fest vorgeschriebener Formate gibt es jedoch nicht. IAS 1.54 enthält eine Liste von in der Bilanz aufzunehmenden Posten. Im Rahmen der Angabeninitiative wurde hierbei die bisherige Formulierung, dass "mindestens" diese Posten aufzunehmen seien, gestrichen. Damit soll deutlich gemacht werden, dass es sich einerseits nicht um Mindestanforderungen handelt, die nicht unterschritten werden dürfen. Vielmehr gilt auch hier das Wesentlichkeitsprinzip, so dass unwesentliche Posten zusammengefasst werden dürfen (vgl. IAS 1.BC38C(a)). Andererseits soll auch iVm. der Neufassung von IAS 1.55 deutlich gemacht werden, dass eine Untergliederung der in IAS 1.54 aufgeführten Posten zulässig ist (vgl. IAS 1.BC38A; zu Beispielen möglicher Aufgliederungen s. IAS 1.78).

Umgekehrt gilt aber auch, dass zusätzliche Posten (inkl. Disaggregation der in IAS 1.54 aufgeführten Posten), Überschriften oder Zwischensummen aufzunehmen sind, wenn dies für das Verständnis des Abschlusses relevant ist (vgl. neugefasster IAS 1.55 iVm. IAS 1.BC38 (b)).

Um eine "faire" Darstellung von Zwischensummen nach IAS 1.55 zu gewährleisten, wurden im neuen IAS 1.55A vier Anforderungen für die Aufnahme solcher Summen normiert. Die verwendeten Zwischensummen müssen

  • aus nach IFRS erfassten und bewerteten Beträgen bestehen,
  • in einer Art und Weise dargestellt und bezeichnet werden, dass die Posten, aus denen die Zwischensummen bestehen, klar und verständlich sind,
  • von Periode zu Periode stetig iSv. IAS 1.45 dargestellt und ermittelt werden (abseits von zulässigen Änderungen gem. IAS 8) und
  • dürfen nicht mit mehr Aufmerksamkeit als die von den IFRS für die Bilanz geforderten Zwischensummen und Summen dargestellt werden.

Als ein Beispiel für das zweite Kriterium wird in IAS 1.BC38G angeführt, dass, wenn ein Unternehmen eine gemeinhin berichtete Zwischensumme aufnimmt, hierbei aber bestimmte Posten, die üblicherweise als Teil der Zwischensumme angesehen werden, ausschließt, die Bezeichnung zum Ausdruck bringen muss, was vom Posteninhalt ausgeschlossen wurde.

Insofern gilt umso mehr: Die im Anhang aufgeführten Beispielformate für die einzelnen Abschlussbestandteile sollen eine IFRS-konforme Abschlusserstellung erleichtern, sind aber weder verpflichtend noch schränken sie die in IAS 1 eingeräumten Darstellungswahlrechte ein. IAS 1 bestimmt auch nicht, in welcher Form (zB Staffel- oder Kontoform) die Bilanz aufzustellen ist. Üblich ist die Staffelform, die auch der Beispielbilanz im Anhang zu IAS 1 zugrunde liegt (vgl. Tz. 94).

Im Übrigen gelten die oben dargestellten allgemeinen Darstellungsgrundsätze, insb. Darstellungsstetigkeit (IAS 1.45f.; vgl. Tz. 67ff.), Wesentlichkeit und Zusammenfassung von Posten (IAS 1.29ff.; vgl. Tz. 47ff.) sowie Saldierung von Posten (IAS 1.32ff.; vgl. Tz. 50ff.).

 

Tz. 89

Stand: EL 43 – ET: 03/2021

Nach IAS 1.54 iVm. IAS 1.60 und IAS 1.64 darf die Bilanz nach drei Arten gegliedert werden:

  • Aufteilung der Vermögenswerte und Schulden in kurz- und langfristige Gliederungsgruppen mit der Folge, dass IAS 1.66 bis IAS 1.76 Anwendung finden – dies stellt den Grundsatz dar, der vor allem bei Unternehmen, die im Rahmen eines eindeutig identifizierbaren Geschäftszyklus Güter produzieren und Dienstleistungen erbringen, anzuwenden ist (IAS 1.62); oder
  • ausnahmsweise: Anordnung der Vermögenswerte und Schulden nach ihrer Liquiditätsnähe, wenn diese Darstellung zuverlässig und – vor allem – relevanter ist. Diese kann nach aufsteigender oder absteigender Liquiditätsrichtung aufgestellt werden. Die Ausnahme kommt nach IAS 1.63 und der zwischenzeitlich zurückgenommenen DRSC Interpretation 1 (IFRS), Tz. 23 zB für Finanzinstitute, Investment- oder Fondsgesellschaften, Versicherungsunternehmen oder Beteiligungsgesellschaften (sofern die Bilanz solcher Unternehmen nahezu vollständig aus Finanzinstrumenten besteht), da sie keine Güter bzw. Dienstleistungen innerhalb eines eindeutig identifizierbaren Geschäftszyklus produzieren bzw. erbringen, in Betracht; oder
  • was noch seltener der Fall sein wird, in gemischter Form, dh. einige Vermögenswerte und Schulden nach Fristigkeit, andere nach Liquidität. Nach IAS 1.64 ist die Mischform insbesondere bei Unternehmen mit unterschiedlichen Geschäftsfeldern (bspw. mit wesentlichen finanzwirtschaftlichen Aktivitäten) anzuwenden, da dann gegenüber einer reinen Darstellung nach Fristigkeit relevantere Informationen gegeben werden können. Die zwischenzeitlich zurückgenommene DRSC Interpretation 1 (IFRS), Tz. 24f. empfahl, auf diese Darstellungsform zu verzichten und stattdessen als Ergänzung der Bilanzgliederung im Anhang hinsichtlich der relevanten Posten eine Bilanzsegment...

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