Tz. 135

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Nach § 315a HGB müssen bestimmte kapitalmarktorientierte Mutterunternehmen übernahmerechtliche Angaben im Konzernlagebericht machen (sog. Übernahmebericht). Berichtspflichtig sind Mutterunternehmen, die einen organisierten Markt iSd. § 2 Abs. 7 WpÜG durch von ihnen ausgegebene stimmberechtigte Aktien in Anspruch nehmen (vgl. § 315a Satz 1 HGB). Das kann ein regulierter Markt im Inland oder ein geregelter Markt in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sein (vgl. § 2 Abs. 7 WpÜG). Für alle anderen Mutterunternehmen, bspw. diejenigen, die einen organisierten Markt ausschließlich durch Schuldverschreibungen, Genussscheine, Derivate, Pfandbriefe oder Anleihen in Anspruch nehmen, gilt die Offenlegungspflicht übernahmerelevanter Angaben im Konzernlagebericht nicht (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 24).

 

Tz. 136

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Ziel der Vorschrift ist es, potenziellen Investoren vor der Abgabe eines Übernahmeangebots zusätzliche Informationen über den Konzern, die Eigentümerstruktur sowie etwaige Übernahmehindernisse zu geben (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 24). Das können bspw. Informationen zu Schutzmaßnahmen des Konzerns sein, die eine unerwünschte oder feindliche Übernahme verhindern sollen (vgl. so auch Kajüter, in: HdR, 5. Aufl., §§ 289, 289a–f HGB, Tz. 176). § 315a HGB nennt hierzu in Nr. 1–9 wesentliche Verteidigungsmaßnahmen, sodass die Adressaten die Marktfähigkeit des Konzerns einschätzen können (vgl. Böcking/Dutzi/Gros, in: Bilanzrecht, § 289a, Tz. 21). Dies ermöglicht potenziellen Investoren, ihre Chancen für eine erfolgreiche Übernahme im Vorfeld leichter einzuschätzen und sich auf ein mögliches Übernahmeangebot besser vorzubereiten (vgl. Meckl/Hoffmann, BFuP 2006, S. 529). Darüber hinaus dienen die Vorschriften dem Schutz der Interessen der Aktionäre bei Übernahmeangeboten und sonstigen Kontrolle­rwerben (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 12). Mit den inhaltlichen Vorgaben soll Klarheit und Transparenz bei der Abwicklung von Übernahmeangeboten geschaffen werden (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 12).

 

Tz. 137

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Bestehende Übernahmehindernisse können sich nicht nur negativ auf die Beschaffung von Kapital auswirken, sondern auch auf den Aktienkurs (vgl. Merkt/Binder, BB 2006, S. 1291). So sollen durch die übernahmerechtlichen Angaben besonders die Interessen der Aktionäre bei Übernahmeangeboten und sonstigen Kontrollerwerben geschützt werden (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 12).

 

Tz. 138

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Die geforderten übernahmerechtlichen Angaben sind jährlich im Konzernlagebericht zu machen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Übernahmeangebot vorliegt oder ein solches zu erwarten ist (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 24). Zugrunde zu legen sind jeweils die Verhältnisse am Bilanzstichtag (vgl. DRS 20.K189). Gibt es bis zum erteilten Bestätigungsvermerk erhebliche Veränderungen, so ist ein Hinweis im Konzernlagebericht im Hinblick auf die Klarheit zu empfehlen (vgl. so auch Rabenhorst, WPg 2008, S. 140). Konzerne, bei denen keine Übernahmehindernisse vorliegen, sollten zur Vollständigkeit und aus Gründen der Klarheit eine Fehlanzeige im Konzernlagebericht abgeben (glA Böcking/Dutzi/Gros, in: Bilanzrecht, § 289a, Tz. 22; aA Grottel, in: Beck Bil.-Komm., 11. Aufl., § 289a, Tz. 23).

 

Tz. 139

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Die gem. § 315a Satz 1 HGB geforderten Angaben müssen zum Teil bereits in den notes erfolgen. Doppelangaben sind indes zu vermeiden. So ist gem. § 315a Satz 2 und Satz 3 HGB ein entsprechender Verweis darauf im Konzernlagebericht erlaubt und ausreichend.

 

Tz. 140

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Gemäß § 315a Satz 1 Nr. 1 HGB ist die Zusammensetzung des gezeichneten Kapitals anzugeben; bei verschiedenen Aktiengattungen sind für jede Gattung die damit verbundenen Rechte und Pflichten und der Anteil am Gesellschaftskapital anzugeben, soweit die Angaben nicht in den notes zu machen sind.

 

Tz. 141

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Das gezeichnete Kapital entspricht bei Aktiengesellschaften dem sog. Grundkapital (vgl. Singhof, in HdJ, Abt. III/2, Rz. 18). Dieses Grundkapital lässt sich in verschiedene Aktiengattungen einteilen. Eine Gattung bilden gem. § 11 AktG Aktien, die gleiche Rechte gewähren. Das sind bspw. Stammaktien, stimmrechtslose bzw. stimmberechtigte Vorzugsaktien und Aktien mit Nebenpflichten (vgl. Begr. RegE Übernahmerichtlinie-Umsetzungsgesetz, BT-Drucks. 16/1003, S. 24). Die gewährten Rechte betreffen zB die Verteilung des Gewinns und des Gesellschaftsvermögens (vgl. DRS 20.K193).

 

Tz. 142

Stand: EL 50 – ET: 06/2023

Für jede Aktiengattung sind die Anzahl und die Art der ausgegebenen Aktien (Nennbetrags- oder S...

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