Tz. 71

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Sowohl in einem HGB-Abschluss als auch nach IFRS für KMU ist ein Leasingobjekt bei seinem wirtschaftlichen Eigentümer in der Bilanz zu erfassen (§ 246 Abs. 1 Satz 2 HGB bzw. Sec. 20.5). In einem HGB-Abschluss wird das wirtschaftliche Eigentum an einem Leasingobjekt anhand der in den für die Steuerberechnung maßgeblichen Leasingerlassen festgelegten quantitativen Kriterien zugeordnet (vgl. IDW 2006, Teil E, Rn. 25; BT-Drucks. 16/10067, S. 165). Abhängig davon, ob es sich um sogenannte Voll- oder Teilamortisationsverträge handelt, sind unterschiedliche Kriterien anzuwenden (vgl. zur Unterscheidung von Voll- und Teilamortisationsverträgen Sabel 2006, S. 33 f.). Nach IFRS für KMU ist das wirtschaftliche Eigentum eines Leasingobjekts ebenfalls anhand von festgelegten Kriterien zuzuordnen. Allerdings sind die im IFRS für KMU festgelegten Kriterien ausschließlich qualitativ formuliert (Sec. 20.5 f.). Die nach HGB und IFRS für KMU zu beachten Kriterien zur Zuordnung eines Leasingobjekts werden in Abbildung 1 gegenübergestellt (vgl. zu dieser Darstellung Brembt 2010, S. 65).

Abb. 1: Gegenüberstellung der Kriterien zur Zuordnung von Leasingobjekten nach HGB und IFRS für KMU

 

Tz. 72

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die Gegenüberstellung zeigt, dass für die Zuordnung des Leasingobjekts nach HGB und IFRS für KMU weitgehend ähnlich bezeichnete Kriterien anzuwenden sind. Da die Kriterien nach IFRS für KMU ausschließlich qualitativ formuliert sind, führen die nach HGB und IFRS für KMU ähnlich bezeichneten Kriterien im HGB-Abschluss zu einer Zuordnung des Leasingobjekts, die auch nach IFRS für KMU akzeptabel ist (vgl. Mellwig/Weinstock, DB 1996, S. 2352; Mellwig, DB 1998, S. 9 f.; Weinstock 2000, S. 147).

 

Tz. 73

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Die Gegenüberstellung zeigt allerdings, dass erlasskonforme Leasingverträge ein zusätzliches Kriterium des IFRS für KMU erfüllen müssen, damit die im HGB-Abschluss vorgenommene Zuordnung des Leasingobjekts zum Leasinggeber auch nach IFRS für KMU zulässig ist. Dieses ist das Barwertkriterium. Nach dem Barwertkriterium ist das Leasingobjekt dem Leasinggeber zuzurechnen, wenn der Barwert aus der Summe der Leasingzahlungen den Fair Value des Leasingobjekts bei Vertragsabschluss unterschreitet (Sec. 20.5(d)). Als Diskontierungssatz, mit dem der Barwert berechnet wird, wird dabei der Zins verwendet, der die Summe der Leasingzahlungen zuzüglich eines erwarteten nicht garantierten Restwerts mit dem Fair Value des Leasingobjekts zum Vertragsabschluss ausgleicht (vgl. Gruber, in: Bruns/Eierle et al. (Hrsg.), IFRS for SMEs, Abschn. 20, Tz. 27). Folglich wird der Barwerttest immer dann erfüllt, wenn von einem positiven, nicht garantierten Restwert auszugehen ist (vgl. Gruber, in: Bruns/Eierle et al. (Hrsg.), IFRS for SMEs, Abschn. 20, Tz. 39; Brembt 2010, S. 69).

 

Tz. 74

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Da erlasskonforme Vollamortisationsverträge höchstens 90 % der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer (die zudem die wirtschaftliche Nutzungsdauer tendenziell unterschreitet) umfassen, ist bei ihnen regelmäßig von einem positiven Restwert des Leasingobjekts auszugehen. Dieser ist weiterhin nicht garantiert, da der Leasingnehmer das Leasingobjekt nicht kaufen muss (und aufgrund der ungünstigen Kaufoption regelmäßig nicht kaufen wird). Daher werden bei erlasskonformen Vollamortisationsverträgen mit der Zuordnung des Leasingobjekts in einem Abschluss nach HGB regelmäßig das Barwertkriterium und die weiteren Zuordnungskriterien des IFRS für KMU erfüllt (vgl. Mellwig/Sabel, in: MünchKommBilR, IAS 17, Rn. 35, 75, 82 und 120 f.; Mellwig, DB 1998, S. 9; Sabel 2006, S. 67 f.; Heinrichsdorff, Leasing Wissenschaft & Praxis 2007, S. 24; Brembt 2010, S. 68–70; aA Kühnlein, Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 2005, S. 306).

 

Tz. 75

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Bei erlasskonformen Teilamortisationsverträgen werden die Anschaffungs- oder Herstellungskosten und ein Gewinnaufschlag des Leasinggebers nicht über die Leasingraten gedeckt. Die verbleibende Restamortisation wird für den Leasinggeber indes am Ende der unkündbaren Grundmietzeit durch

  • ein Andienungsrecht des Leasinggebers,
  • eine Veräußerung des Leasingobjekts mit Mehrerlösbeteiligung und Restwertgarantie für den Leasinggeber oder
  • eine Restwertgarantie des Leasingnehmers gegenüber dem Leasinggeber

sichergestellt (vgl. Bieg, StB 1997, S. 432; Sabel 2006, S. 36 f.). Damit hat der Leasinggeber kein Risiko hinsichtlich der Wertentwicklung des Leasingobjekts. Dies führt allerdings dazu, dass der Barwerttest des IFRS für KMU nicht bestanden wird, da dafür am Ende der unkündbaren Grundmietzeit ein nicht garantierter Restwert vorhanden sein müsste (vgl. Tz. 73). Bei erlasskonformen Teilamortisationsverträgen sind daher die Leasingobjekte im HGB-Abschluss dem Leasinggeber zuzuordnen, während sie nach dem IFRS für KMU aufgrund des Barwertkriteriums dem Leasingnehmer zuzuordnen sind, wenn die Höhe des Restwerts durch die Vertragsgestaltung vollständig garantiert wird.

 

Tz....

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