Tz. 27

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Der IFRS-Abschluss ist gem. dem Conceptual Framework grundsätzlich unter Beachtung des Grundsatzes der Unternehmensfortführung (going concern) zu erstellen (CF3.9). Von diesem Grundsatz ist gem. IAS 10 auch dann abzuweichen, wenn die Unternehmensleitung erst nach der Berichtsperiode beabsichtigt, die Gesellschaft aufzulösen oder die Geschäftstätigkeit einzustellen bzw. keine realistische Alternative hierzu hat (IAS 10.14). Soweit eine derartige Absicht oder Notwendigkeit bereits vor der Berichtsperiode besteht, ergibt sich aus dem Conceptual Framework (CF3.9) und aus IAS 1.25, dass vom Grundsatz der Unternehmensfortführung abzuweichen ist.

Diesbezüglich wurde das IFRS IC um Klarstellung gebeten, wie bei einer Abkehr von der Going-Concern-Prämisse mit Vorjahresabschlüssen umzugehen ist. In der ersten Fragestellung ging es darum, ob bei noch nicht veröffentlichten Abschlüssen früherer Perioden ebenfalls von der Going-Concern-Prämisse abzuweichen ist. Als Zweites wurde gefragt, ob Vergleichsinformationen, welche noch unter Going-Concern-Prämisse aufgestellt wurden, anzupassen sind. Im Juni 2021 entschied das IFRS IC diese Punkte nicht auf ihre Agenda zu nehmen. Für die erste Fragestellung regeln IAS 1.25 und IAS 10.14, dass auch für noch nicht veröffentlichte Abschlüsse früherer Perioden vom Grundsatz der Unternehmensfortführung abzuweichen ist. Bezüglich der zweiten Fragestellung stellte das IFRS IC Staff anhand einer Stichwortsuche fest, dass keines der identifizierten Unternehmen seine Vergleichsperioden angepasst hat. Eine Analyse ergab, dass die IFRS-Standards keine expliziten Regelungen zur Anpassung der Vergleichsinformation bei Abkehr von der Going-Concern-Prämisse beinhalten. IAS 1 enthält lediglich allgemeinere Anforderungen zum Thema Vergleichsinformationen (IAS 1.38–38B). Mangels Diversität in der Praxis wurde diese Fragestellung nicht auf die Agenda genommen. Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg schlussfolgern hieraus, dass eine Anpassung der Vergleichszahlen nicht notwendig ist (Lüdenbach/Hoffmann/Freiberg, in: Haufe IFRS-Komm., 19. Aufl. 2021, § 4, Tz. 51).

Für die Frage, ob in einem Konzernabschluss die Annahme der Unternehmensfortführung aufrechterhalten werden kann, ist auf den gesamten Konzern abzustellen, dh., nur wenn dieser insgesamt nicht mehr fortgeführt werden kann, ist von der Going-Concern-Prämisse abzuweichen. Soweit von dieser Prämisse aufgrund insolvenzrechtlicher Tatbestände abzuweichen ist, ist zu beachten, dass diese nicht für das bilanzielle Gebilde Konzern, sondern nur für die rechtlichen Einheiten greifen. Von der Going-Concern-Prämisse wird im Konzernabschluss nur dann abzuweichen sein, wenn sie für den wesentlichen Teil des Konzerns nicht mehr aufrechterhalten werden kann (vgl. Fink, IAS 10, Tz. 154; aA ADS Int, Abschn. 2, Tz. 158, wonach eine Abkehr von dieser Prämisse nur in Betracht kommt, wenn für das Mutterunternehmen und alle einbezogenen Tochterunternehmen diese Prämisse nicht mehr aufrechterhalten werden kann).

 

Tz. 28

Stand: EL 47 – ET: 06/2022

Soweit für einen Teil eines Unternehmens, bspw. für einen Betriebsteil oder für ein Tochterunternehmen, sei es aufgrund wertaufhellender oder wertbeeinflussender Tatsachen, nicht mehr von der Unternehmensfortführung ausgegangen werden kann, sind die IFRS weiterhin, und zwar auf Basis der Going-Concern-Prämisse, anzuwenden. Eine Bilanzierung unter Abkehr von der Going-Concern-Prämisse für den betreffenden Unternehmensteil, wie dies IAS 10 (reformatted 1994) vorsah, ist nicht zulässig (vgl. hierzu IASC Insight, June 1999, S. 10; aA Fink, IAS 10, Tz. 154; ADS Int, Abschn. 2, Tz. 157). Soweit für Teile eines Unternehmens aufgrund von Ereignissen nach der Berichtsperiode nicht mehr von der Unternehmensfortführung ausgegangen werden kann, sei es bspw. wegen (drohender) Insolvenz oder (geplanter) Liquidation oder Einstellung der Geschäftstätigkeit, werden regelmäßig Angabepflichten gem. IAS 10.21 bestehen (vgl. IAS 10.22 (b), (c) und (e)).

Die sich für einen Unternehmensteil potenziell ergebenden bilanziellen Konsequenzen, wenn für diesen die Unternehmensfortführung in Frage steht, richten sich nach den in den Einzelstandards normierten Regelungen. Beispielsweise beurteilt sich die Frage, ob für den betreffenden Unternehmensteil außerplanmäßige Abschreibungen auf Sachanlagen oder immaterielle Vermögenswerte vorzunehmen sind, nach IAS 36. Zudem kann sich in diesen Fällen die Notwendigkeit ergeben, Rückstellungen, bspw. für Restrukturierungen oder Abfindungen gem. IAS 37 bzw. IAS 19, zu bilden. Zudem können die aus IFRS 5 Zur Veräußerung gehaltene langfristige Vermögenswerte und aufgegebene Geschäftsbereiche resultierenden Bewertungs- und Angabepflichten zu beachten sein.

Nach deutschen Grundsätzen ist der Nichtfortführung eines Unternehmensteils durch geeignete Bewertungsüberlegungen Rechnung zu tragen, zB durch eine Abschreibung von Anlagegegenständen auf den Schrottwert, soweit bei deren Stilllegung eine Veräußeru...

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