Tz. 120

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Nach HGB und IFRS für KMU sind Rückstellungen für dem Grund und der Höhe nach unsichere Verbindlichkeiten und für drohende Verluste aus schwebenden Geschäften anzusetzen. (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB; Sec. 21.4 und 21A.2). Nach dem Passivierungsgrundsatz des HGB und der Definition einer Schuld des IFRS für KMU sind Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen zu passivieren, wenn eine rechtliche oder faktische Verpflichtung gegenüber Dritten vorliegt, der sich das bilanzierende Unternehmen nicht (mehr) einseitig entziehen kann (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele 2011, S. 412–416; Binger 2009, S. 208; Siegel, DStR 2002, S. 1192; Sec. 21.6 Satz 1 und 2; Kirsch 2009, S. 143). Zudem muss die Verpflichtung wirtschaftlich verursacht sein, dh. den Auszahlungen aus der Verpflichtung stehen keine künftigen Erträge gegenüber (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele 2011, S. 415; Naumann, WPg 1991, S. 536; vgl. für den IFRS für KMU Sec. 21.6, wonach "obligations, that will arise from the entity’s future actions" nicht den Tatbestand einer Verpflichtung erfüllen. Vgl. auch ausführlich Brembt 2010, S. 114–116).

 

Tz. 121

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Ein weiteres Kriterium zum Ansatz von Verbindlichkeitsrückstellungen nach HGB und IFRS für KMU ist, dass das bilanzierende Unternehmen aus der Verpflichtung wahrscheinlich in Anspruch genommen wird. Dieses Kriterium ist erfüllt, wenn mehr, dh. stichhaltige Gründe für eine Inanspruchnahme sprechen (vgl. Baetge/Kirsch/Thiele 2011, S. 414; Moxter, BB 1999, S. 519; Sec. 21.4(b)). Aufgrund der bedeutenden Rolle des Vorsichtsprinzips im HGB wird oft argumentiert, dass in einem HGB-Abschluss eine Rückstellung bei einer geringeren (subjektiven) Eintrittswahrscheinlichkeit der Verpflichtung als nach IFRS für KMU anzusetzen ist (vgl. Simons/Grathwohl, in: Bruns/Eierle et al. (Hrsg.), IFRS for SMEs, Abschn. 21, Tz. 116). Allerdings bestehen bei der Beurteilung der Gründe und der Festlegung der (subjektiven) Eintrittswahrscheinlichkeit der Inanspruchnahme aus der Verpflichtung weitreichende Ermessensspielräume, aufgrund derer im HGB-Abschluss angesetzte Verbindlichkeitsrückstellungen auch nach IFRS für KMU akzeptabel sind (vgl. Kirsch 2009, S. 144; Hoffmann, in: Haufe IFRS-Kommentar, 7. Aufl., § 21, Rn. 37 f, 107; v. Keitz et al., in: IFRS-Komm., Teil B, IAS 37, Tz. 60; AKEU 1999, S. 139. Vgl. leicht einschränkend Moxter, BB 1999, S. 524).

 

Tz. 122

Stand: EL 31 - ET: 3/2017

Neben Verbindlichkeits- und Drohverlustrückstellungen sind in einem Abschluss nach HGB – ergänzend zum Passivierungsgrundsatz – in engen Grenzen Aufwandsrückstellungen für unterlasse Instandhaltung und Abraumbeseitigung anzusetzen (§ 249 Abs. 1 Nr. 1 HGB). Da solche Aufwandsrückstellungen nach IFRS für KMU nicht zulässig sind, werden mit einem HGB-Abschluss, in dem Aufwandsrückstellungen nach § 249 Abs. 1 Nr. 1 HGB zu bilden sind, die diesbezüglichen Regeln des IFRS für KMU nicht eingehalten.

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