Kapitel
Sonderregelung für Bau- und Montagebetriebsstätten

Für Bau- und Montagebetriebsstätten beinhaltet die Verordnung einige äußerst praxisrelevante Sonderregelungen hinsichtlich der Vergütung, dem Abrechnungszeitpunkt und der Entstehung von fiktiven Betriebseinnahmen und -ausgaben.

Hier wird zunächst gemäß der §§ 31 ff. BsGaV widerlegbar vermutet, dass Baubetriebsstätten nur Routinefunktion ausüben und daher auf Basis der Kostenaufschlagsmethode zu vergüten seien. Da zudem die Kostenbasis der Baubetriebsstätte laut Verordnung regelmäßig relativ gering sein wird, ergibt sich im Regelfall eine eher geringe Vergütung der Betriebsstätte. Zu begrüßen sind die für Bau- und Montagebetriebsstätten eingeführten Übergangsregelungen des § 34 BsGaV, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Anwendung der bisher ausgeübten Aufteilungspraxis für Betriebsstätten ermöglichen, die in den Jahren 2013 oder 2014 begründet wurden.

Besonderheiten bei der Hilfs- und Nebenrechnung

Im Zusammenhang mit der Hilfs- und Nebenrechnung liegt die Besonderheit bei Bau- und Montagebetriebsstätten darin, dass die Leistung der Betriebsstätte gegenüber dem Stammhaus gemäß § 32 Abs. 3 S. 1 BsGaV  laufend, d.h. wie ein unabhängiger Subunternehmer nach Fertigstellung von Leistungen oder Teilleistungen, abgerechnet werden muss. Dies widerspricht der in dieser Branche üblichen und in Deutschland von § 255 Abs. 2 HBG i.V.m. 5 Abs. 1 EStG vorgeschriebenen „Completed-Contract-Methode“. Danach erfolgt die Realisierung des Gesamtergebnisses des Auftrags erst bei Abschluss des Projekts. Die Verordnung weicht damit diesbezüglich auch von der seitens der  Finanzverwaltung bislang in Tz. 4.3.6. des Betriebsstättenerlasses vertretenen Verwaltungsauffassung ab.

Anwendung der Kostenaufschlagsmethode

Im Grundfall der BsGaV kann jeder interne Geschäftsvorfall eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung im Sinne des § 16 Abs. 1 BsGaV darstellen und damit zu fiktiven Betriebseinnahmen und Ausgaben führen. Nicht so im Fall der Bau- und Montagebetriebsstätten. Für den Regelfall der Routinebetriebsstätte gelten alle Wirtschaftsgüter, welche dem Unternehmen selbst gehören und welche von der Betriebsstätte im Rahmen ihrer Tätigkeiten genutzt werden (Maschinen, etc.) als vom Stammhaus der Betriebsstätte unentgeltlich beigestellt (§ 31 Abs. 2 und 3 BsGaV).

Die Aufwendungen im Zusammenhang mit diesen Wirtschaftsgütern gehen damit auch nicht in die zu beaufschlagende Kostenbasis der Betriebsstätte ein.

Eine Ausnahme hiervon besteht nur in diesem Fall:

Wenn neben der Nutzung auch die Personalfunktionen, die im Zusammenhang mit der Anschaffung, der Herstellung, der Veräußerung oder der Verwertung des Vermögenswertes stehen durch die Betriebsstätte selbst ausgeübt werden.

Im Ergebnis erhöht sich durch diese Regelungen das Risiko der Doppelbesteuerung vor allem bei Auslandsbetriebsstätten deutscher Unternehmen, da in der Regel der Auslandsbetriebsstätte – aus deutscher Sicht - nur eine geringe Kostenbasis und demzufolge ein sehr geringer Gewinn zugeordnet wird. Inwieweit ein ausländischer Fiskus bei einem hoch profitablen Gesamtgeschäft ein solches Vorgehen akzeptieren würde erscheint offen, selbst wenn im Grundsatz die Kostenaufschlagsmethode akzeptiert werden sollte.

Gemäß § 32 Abs. 1 BsGaV ist bezüglich der Erfüllung des Bau- und Montagevertrags durch eine Betriebsstätte widerlegbar zu vermuten, dass die vor Ort erfolgende Bauausführung bzw. Montage eine Dienstleistung der Betriebsstätte an das übrige Unternehmen darstellt, welche mittels der Kostenaufschlagsmethode vergütet wird.

Kostenbasis sind die Personalkosten

Als zu beaufschlagende Kostenbasis sind gem. § 32 Abs. 1 S. 3 BsGaV in erster Linie die Personalkosten, die unmittelbar durch die Bau- oder Montagebetriebsstätte verursacht werden, zu berücksichtigen. Diese stellen die „originären“ Kosten der Betriebsstätte dar. Unmittelbar durch die Betriebsstätte entstehen laut der Begründung nur Personalkosten der Personalfunktionen, die der Betriebsstätte nach § 4 BsGaV zuzuordnen sind, da die entsprechenden Personen entweder unmittelbar für die Betriebsstätte angestellt wurden oder der Betriebsstätte für mehr als 30 Tage von einem anderen Unternehmen vertraglich überlassen wurden. Diese werden zu Vollkosten angesetzt. Gemeinkosten, die aufgrund des Bau- oder Montagevertrags entstehen, wie Verwaltungskosten, die Kosten der Projektplanung durch das Stammhaus oder Gründungskosten dürfen der Betriebsstätte nach § 32 Abs. 3 BsGaV nicht zugerechnet werden.

Behandlung der Kosten von Subunternehmer

Fraglich ist hier zudem, wie die Kosten der Einschaltung von Subunternehmern zu behandeln sind. Dabei sind die Kosten der  Subunternehmer wohl nur dann in die Kostenbasis einzubeziehen, wenn die Beauftragung der Subunternehmer hauptsächlich durch eine Personalfunktion der Betriebsstätte erfolgt, also die Kosten dafür von einer Personalfunktion der Betriebsstätte verursacht wurden. Da die Einbeziehung von Subunternehmern in der Regel durch das Stammhaus abgesegnet werden muss, ist eine Einbeziehung der Kosten für die Beauftragung von Subunternehmern wohl nur in Fällen zu bejahen, in denen ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit des Personals der Betriebsstätte vorliegt.

Zur Ermittlung des auf die Kostenbasis anzuwendenden Kostenaufschlagsatzes muss grundsätzlich eine Benchmarking-Studie erstellt werden. Alternativ  kann auf die Erfahrungswerte des EU Joint Transfer Pricing Forums zurückgegriffen werden, welche je nach Art der Leistung einen Gewinnaufschlag in Höhe von 3 % - 10 % vorsehen. Wie die Finanzverwaltung hierzu verfahren wird ist derzeit allerdings noch offen.

Anwendbarkeit der Gewinnaufteilungsmethode

Für den Fall, dass erfolgreich dargestellt werden kann, dass sowohl dem Stammhaus, als auch der Betriebsstätte maßgebliche Personalfunktionen zuzuordnen sind, sieht § 33 Abs. 1 BsGaV die Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode für die Bestimmung der Verrechnungspreise der anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen vor.

Dabei wird dann gem. § 33 Abs. 2 BsGaV auf Grundlage der jeweiligen Kosten der maßgeblichen Personalfunktionen

  • der anteilige Wertschöpfungsbeitrag von Stammhaus und Betriebsstätte am Gesamtprojekt ermittelt und
  • das Projektergebnis (Gewinn sowie Verlust) nach dem relativen Kostenanteil aufgeteilt.

Außerdem werden Forschungs- und Entwicklungskosten sowie vergebliche Akquisitionskosten für nicht zustande gekommene Verträge einbezogen. Die Sonderregelung ist demnach in den Grundzügen mit der bisher angewendeten Kostenschlüsselmethode vergleichbar. Gemäß Absatz 3 kann allerdings auch eine andere Gewinnaufteilungsmethode, also beispielsweise eine Gewichtung anhand der zugeordneten Funktionen verwendet werden, wenn diese im Einzelfall besser dem Fremdvergleichsgrundsatz entspricht.

Fraglich bleibt in diesem Zusammenhang, wie sich eine ggf. auch während des Projektverlaufs verändernde Aufteilung der maßgeblichen Personalfunktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte auf deren Charakterisierung auswirkt. So ist derzeit nicht festzustellen, wo die Grenze zwischen Routine- und Entrepreneurfunktion bei der Betriebsstätte liegt und ab welchem Wertschöpfungsanteil eine Anwendung der Gewinnaufteilungsmethode in Frage kommt.

Fehlender Schwellenwert für Routinefunktion

Wünschenswert wäre es im BMF-Schreiben einen ungefähren Schwellenwert einzuführen, ab wann – gemessen am prozentualen Verhältnis der maßgeblichen Personalfunktionen zwischen Stammhaus und Betriebsstätte – diese eine reine Routinefunktion übersteigt.