Zusammenfassung

 
Begriff

Die Vollkostenkalkulation verrechnet die gesamten („vollen”) Kosten auf das Produkt, die es im Leistungserstellungsprozess verursacht hat. Diese Kosten umfassen sowohl den unmittelbaren Verbrauch z. B. von Material als auch die anteilige Inanspruchnahme von Kapazitäten.

1 Welche Kalkulationsverfahren kommen im Rahmen der Vollkostenkalkulation zum Tragen?

Je nach Art der zu kalkulierenden Produkte kommen verschiedene Kalkulationsverfahren zur Anwendung, die nach dem Vollkostenprinzip vorgehen.

  • Die Divisionskalkulation kommt bei homogenen Produkten (Massenfertigung, Ein-Produkt-Unternehmen) zur Anwendung. Die gesamten Kosten der Abrechnungsperiode werden durch die Zahl der hergestellten Leistungseinheiten dividiert.
  • Die Äquivalenzziffernkalkulation verwendet man bei ähnlichen Produkten mit Varianten (Sortenfertigung).
  • Heterogene Produkte (Einzel- und Serienfertigung) kalkuliert man mit der Zuschlagskalkulation.
  • Alternativ dazu gibt es noch die Verrechnungssatzkalkulation (Maschinenstundensatz). Die Fertigungskosten werden detailliert ermittelt und mit einem Kostensatz bewertet.

Bei diesen Verfahren sollte der Gemeinkostenbereich relativ gering sein, da andernfalls die Kalkulation zu ungenau ist. Sie sind auf die Praxis von Produktionsunternehmen ausgerichtet. Deshalb ist die Kalkulation auch nur für die Fertigungsbereiche verfeinert worden.

Eine detailgenaue Analyse der Gemeinkostenbereiche ist erst mit der Prozesskostenrechnung, ebenfalls einem Verfahren auf Vollkostenbasis, erreicht worden.

2 Mit welcher Methodik arbeitet die Vollkostenkalkulation?

Die Vollkostenkalkulation basiert auf folgender Überlegung: Wenn man jedes einzelne Produkt nach diesen Verfahren kalkuliert, werden die gesamten Unternehmenskosten von allen verkauften Produkten zusammengetragen. Unter der traditionellen Vollkostenkalkulation versteht man immer eine Zuschlagskalkulation (vorwiegend in Produktionsunternehmen) zur Ermittlung der Selbstkosten. Voraussetzung ist eine Unterscheidung aller Kosten nach Einzel- und Gemeinkosten.

 
Praxis-Beispiel

Vollkostenkalkulation

Vollkostenkalkulation für 1 Leistungseinheit:

 
  Materialeinzelkosten 103,58 EUR
+ Materialgemeinkosten (9,5 %) 9,84 EUR
= Materialkosten 113,42 EUR
  Fertigungseinzelkosten Fertigungsstelle 1 163,20 EUR
+ Fertigungsgemeinkosten Fertigungsstelle 1 (108 %) 176,26 EUR
+ Fertigungseinzelkosten Fertigungsstelle 2 139,48 EUR
+ Fertigungsgemeinkosten Fertigungsstelle 2 (89,5 %) 124,83 EUR
+ Sondereinzelkosten der Fertigung 3,00 EUR
= Fertigungskosten 606,77 EUR
= Herstellkosten (Summe Material- u. Fertigungskosten) 720,19 EUR
+ Vertriebsgemeinkosten (11,2 %) 80,66 EUR
+ Verwaltungsgemeinkosten (6,5 %) 46,81 EUR
+ Sondereinzelkosten des Vertriebs 8,00 EUR
= Selbstkosten 855,66 EUR

Tab. 1:  Exemplarische Zuschlagskalkulation

Bezugsgrößen für die Zuschlagssätze sind:

  • die Materialeinzelkosten für die Kosten der Materialkostenstelle;
  • die Fertigungslöhne für die Kosten der Fertigungskostenstelle bei personalintensiver Fertigung (Lohnzuschlagskalkulation);
  • alternativ: Verrechnungssätze (Maschinenstundensatzkalkulation) bei anlagenintensiver Fertigung;
  • die Herstellkosten (= Summe der Material- und Fertigungskosten) für die Kostenstellen Vertrieb und Verwaltung.

Daneben können Sondereinzelkosten der Fertigung (z. B. Modelle) und des Vertriebs (z. B. Fracht) in die Ermittlung der Selbstkosten einfließen. Die Zuschlagssätze bei der Angebotskalkulation und bei der Planungsrechnung gehen von durchschnittlichen Gemeinkosten aus.

3 Wann wird die Vollkostenkalkulation angewendet?

Die Kalkulation auf Vollkostenbasis braucht man für folgende Fälle:

  • Die Bewertung der Vorräte gemäß § 255 HGB; in der Bilanz kommen die Herstellkosten zum Ansatz.
  • Die Ermittlung der Selbstkosten für öffentliche Aufträge nach den Vorschriften der LSP.
  • Die Angebotskalkulation für Produkte, für die kein Marktpreis besteht.

Liegen Marktpreise vor, kann die Vollkostenkalkulation Anhaltspunkte geben, wo auskömmliche Preise auf Dauer liegen müssen, denn langfristig müssen alle Kosten des Unternehmens durch die verkauften Produkte gedeckt werden.

Schwächen der Vollkostenkalkulation

Da die Vollkostenrechnung nicht nach variablen und fixen Kosten trennt, werden häufig falsche Entscheidungen daraus abgeleitet.

Nicht anwenden sollte man die Vollkostenkalkulation

  • für die Preisbildung bei Produkten, für die Marktpreise bestehen: Kalkuliert man aufgrund der eigenen Kosten einen höheren Preis, sind die Produkte nicht absetzbar. Umgekehrt wird bei einem niedrigeren Preis Deckungsbeitrag verschenkt.
  • für Programmentscheidungen: Streicht man vermeintliche Verlustprodukte aus dem Programm, bleiben die Fixkosten bestehen und belasten das Ergebnis zusätzlich.
  • für die Entscheidung, ob ein zusätzlicher Auftrag angenommen werden soll: Hier dürfen nur die Grenzkosten herangezogen werden.
  • für Make-or-Buy-Entscheidungen: In diesem Fall müssen vor allem freie Kapazitäten berücksichtigt werden.

Das grundsätzliche Problem bei diesen Entscheidungen ist, dass zwischen den Fixkosten und den Produkten kein direkter Zusammenhang besteht – dennoch wird in der Vollkostenkalkulation eine Proportionalisierung der Fixkosten vorgenommen. So errechnet man für...

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