Soweit der Steuerpflichtige begründeten Anlass hat, mit dem aus der Betriebsprüfung resultierenden Steuerbescheid nicht einverstanden zu sein, kann er innerhalb einer bestimmten Frist Einspruch gegen die Steuerbescheide einlegen. Sollte das Finanzamt auch nach erneuter Prüfung der Auffassung des Steuerpflichtigen nicht zustimmen, kann der Steuerpflichtige Klage bei dem zuständigen Finanzgericht gegen die Einspruchsentscheidung einlegen.

Die Abfolge durch die Instanzen ist vereinfacht wie folgt zusammenzufassen:

Abb. 148: Einspruch – Abfolge durch die Instanzen

An dieser Stelle wird darauf verzichtet, ausführlich auf die Vorschriften der AO und der FGO einzugehen, weil man kurz und knapp feststellen kann, dass in Deutschland noch wenige Klagen im Bereich der Verrechnungspreise geführt werden, wenngleich diese zunehmen. Dies zeigt auch eine Umfrage von PwC aus dem Jahr 2015[692]: Nur 3 % bis 4 % der befragten Unternehmen haben bis dahin bzgl. VP-Sachverhalten bei Finanzgerichten Klage eingereicht. Dies hat unterschiedliche Gründe. Ein Grund ist, dass man im Klageverfahren nur dann die Doppelbesteuerung vollständig beseitigen kann, wenn das FG oder der BFH in letzter Instanz dem Steuerpflichtigen zu 100 % Recht gibt. Soweit aus Sicht des Unternehmens nur ein Teilerfolg erreicht werden kann, bleibt es bei einer anteiligen Doppelbesteuerung. Da es nicht den einen "richtigen" VP gibt, sondern ein VP dann als steuerlich angemessen gilt, wenn er in die Bandbreite fremdüblicher Vergleichspreise fällt, ist im Schwerpunkt eine betriebs- oder volkswirtschaftliche Analyse und Bewertung des Sachverhalts notwendig. Somit treten in der Regel die juristischen Fragestellungen in den Hintergrund. Prof. Wassermeyer, ein langjähriger oberster Richter am obersten Finanzgericht, dem Bundesfinanzhof hat selbstkritisch festgestellt: "Der Richter ist alles andere als ein Spezialist für die Festsetzung von Verrechnungspreisen."[693]. Außerdem würde selbst ein gewonnenes Gerichtsverfahren den Steuerpflichtigen nicht davor schützen, dass die ausländische Finanzverwaltung in einem vergleichbaren Sachverhalt auch Hinzurechnungen vornimmt.

Aufgrund der oben beschriebenen unschönen Entwicklungen in der Betriebsprüfung und der daraus resultierenden Doppelbesteuerung, die zweifelsfrei aus jedem "guten Kompromiss" entsteht, sind immer mehr Unternehmen nicht mehr bereit, diese steuerliche Belastung hinzunehmen. Daher ist davon auszugehen, dass Unternehmen sich zukünftig vermehrt auch mit der Einreichung von Klagen dagegen wehren werden.

Klagen können jedoch beispielsweise dann sehr sinnvoll sein, wenn kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem anderen Land existiert; oder wenn zwar ein Doppelbesteuerungsabkommen vorliegt, aber es an einer Einigungszwang-Klausel fehlt. Sollte beispielsweise die deutsche Betriebsprüfung VP-Hinzurechnungen bei Transaktionen gegenüber chinesischen oder brasilianischen Gesellschaften[694] feststellen, dann bleibt nur der Klageweg, weil entweder die Rechtsgrundlage für ein Verständigungsverfahren fehlt oder weil der andere Staat faktisch nicht einigungsbereit ist oder er unzulässig doppelt gezahlte Steuern schlichtweg nicht erstattet.

Zusammenfassende Vor-/Nachteilsbetrachtung von Klageverfahren

 
Vorteile Nachteile
  • Möglichkeit, sich gegen aus Sicht des Steuerpflichtigen nicht akzeptable Betriebsprüfungsfeststellungen vor Gericht zu wehren.
  • Langwieriges Verfahren. Kostet Zeit und Geld. Lohnt sich nur bei entsprechend hohen Steuernachforderungen.
  • Kann im besten Fall (Gericht lehnt BP-Feststellung zu 100 % ab) eine VP-Hinzurechnung und damit eine Doppelbesteuerung verhindern.
  • Doppelbesteuerung wird nur insoweit beseitigt, als das Gericht dem Steuerpflichtigen Recht gibt.
  • Im Falle von Transaktionen mit Staaten ohne DBA oder ohne Einigungszwang ist die Klage oft die einzig sinnvolle Möglichkeit, gegen VP-Hinzurechnungen vorzugehen.
 
 

Zusammenfassung

Einspruch und Klage gegen VP-Anpassungen sind unilaterale Verfahren, die eine Doppelbesteuerung häufig nur teilweise beseitigen und in der Praxis noch sehr selten sind, jedoch aufgrund der steigenden Aggressivität der Betriebsprüfungen zunehmen. Der Klageweg kann jedoch bei Transaktionen mit Ländern dann sehr sinnvoll sein, wenn es an einem DBA oder an einer Einigungszwang-Klausel fehlt.

[692] Vgl. "Betriebsprüfung 2015", PwC AG, November 2015, www.pwc.de/BP_2015.
[693] Vgl. Wassermeyer (1994), in: Schaumburg, "Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften", Köln 1994, S. 124.
[694] Neben China und Brasilien gilt dies im Falle von Transaktionen mit Deutschland auch für folgende Länder (nicht abschließend): Hong Kong, Russland, Indien.

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