Das Controlling kann einerseits Maßnahmen zur Prävention von Bias treffen und andererseits im Nachhinein versuchen, bereits aufgetretene Bias zu erkennen und zu vermindern. Mögliche präventive Maßnahmen sind:

Prävention von Bias

  • Einsatz von Entscheidungsunterstützungsmodellen: Diesen leistet das Controlling durch die Anwendung von Investitionsrechnung, Kostenrechnung, Budgetierung, Kennzahlensystemen und weiteren Instrumenten. Das Controllinginstrumentarium kann Bias vermindern, weil es für eine Stärkung analytisch-rationaler Aspekte gegenüber intuitiven Aspekten bei der Entscheidungsfindung sorgt. Jedoch zeigt Kap. 2, dass auch beim Einsatz von Controllinginstrumenten Bias auftreten, also weitere Maßnahmen notwendig sind.
  • Aufbau von Expertise: Erfahrung hinsichtlich einer bestimmten Entscheidungssituation schützt kaum vor Bias. Deutlich mehr Schutz bietet die Ableitung von abstraktem, vom Einzelfall losgelöstem, transferierbarem Wissen aus vielen ähnlichen Entscheidungssituationen. Beispielsweise sollte ein Controller sich bei der Beurteilung eines Projekts nicht primär durch das am ehesten vergleichbare Projekt leiten lassen, welches in seinem Erfahrungsschatz präsent ist. Stattdessen sollte er aus der kritischen Reflexion vieler Projekte übergreifendes Wissen bezüglich von Einflussfaktoren des Projekterfolgs gewinnen. Das führt letztlich zum Entstehen eines Entscheidungsmodells, welches in seinem Denken verankert ist.
  • Debiasing: Damit sind Trainingsmaßnahmen gemeint, mit denen die Bias-Anfälligkeit von Entscheidungsträgern und -vorbereitern reduziert werden soll. Zunächst sind Grundkenntnisse über Bias sowie ein Problembewusstsein für die Bias-Anfälligkeit aufzubauen. Dann werden Strategien zur Verminderung von Bias vermittelt und geübt, z. B. "Erwäge das Gegenteil" oder "Erwäge eine Alternative" als grundsätzliche Strategie des kritischen Hinterfragens von Einschätzungen. Zur praktischen Umsetzung dieser Strategie bietet sich u. a. das Aufstellen alternativer Szenarien (optimistisch, realistisch, pessimistisch) bei der Planung an.
  • Einbringen der Perspektive eines Außenstehenden: Menschen schätzen den gleichen Sachverhalt aus einer Außensicht oft anders ein als aus einer Innensicht, wobei die Außensicht meist realistischere Einschätzungen liefert. Wird dem Controlling ein gewisser Grad an Unabhängigkeit und Freiheit zur Kritikäußerung gegeben, so kann es die Rolle der Außensicht in Entscheidungsprozessen übernehmen.

Einnahme einer Außensicht für kritisches Hinterfragen

Insbesondere der Einsatz von Instrumenten sowie das Einbringen der Außensicht erlauben dem Controlling, einen Beitrag zur pauschalen (d. h. mehrere Bias gleichzeitig betreffenden) Prävention von Bias zu leisten. Das Einnehmen einer Außensicht ist auch erforderlich, um bereits aufgetretene Bias im Nachhinein zu erkennen. Dafür bietet sich das kritische Hinterfragen einer Beurteilung bzw. Entscheidung hinsichtlich einzelner Bias an, und zwar in Form der o. g. Fragetechnik "Erwäge das Gegenteil" oder "Erwäge eine Alternative". So lässt sich zur Erkennung von Framing allgemein fragen: Fördert die Darstellungsweise die gezeigte Beurteilung? Lässt sich die Wahrnehmung der gezeigten Beurteilung allein durch eine andere Darstellungsweise verändern oder sogar umkehren? Und spezifisch z. B. für Framing in einem Budgetbericht: Sind Budgetabweichungen verzerrt dargestellt, z. B. durch Verkürzung der Skala in einem Diagramm?

Fragenkatalog zur Analyse von Entscheidungen

Unter dem Titel "Checkliste für Entscheider" schlagen Kahneman, Lovallo und Sibony einen Fragenkatalog zur Ex-post-Analyse von Entscheidungen vor. Mit 12 Fragen sollen demnach die wichtigsten Formen verzerrter Wahrnehmung erkannt und bekämpft werden, wenn eine Entscheidungsvorlage eines Teams vorliegt:

Zitat

1. Gibt es Eigeninteressen der Teammitglieder?

2. Hat sich das Team in seinen Vorschlag verliebt?

3. Gab es abweichende Meinungen im Team?

4. Benutzen wir die falschen Analogien?

5. Wurden glaubwürdige Alternativen erwogen?

6. Würden wir in einem Jahr genauso entscheiden?

7. Wissen wir, woher die Zahlen stammen?

8. Gibt es einen Halo-Effekt?

9. Orientieren wir uns zu sehr an früher?

10. Ist das Basisszenario zu optimistisch?

11. Ist das Negativszenario (Worst Case) schlimm genug?

12. Ist das Team zu vorsichtig?[1]

Mit diesen 12 Fragen wird eher indirekt nach Bias gesucht. Die Fragen versuchen, typische Voraussetzungen und Folgen von Bias zu erkennen. Wenn beispielsweise das Team sich in seinen Vorschlag verliebt hat (Frage 2) und kaum abweichende Meinungen zulässt (Frage 3), dann erschwert das eine rationale Entscheidungsfindung und begünstigt manche Bias.

Halo-Effekt

Nur Frage 8 richtet sich explizit auf einen Bias, und zwar den Halo-Effekt. Ein solcher Effekt liegt vor, wenn eine besonders hervorstechende Eigenschaft trotz allenfalls mäßiger Korrelation auf andere Eigenschaften ausstrahlt und diese überdeckt. Beispielsweise könnte vom großen Erfolg einer Geschäftseinheit falsch auf exzellente Fähigkei...

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