Über Jahrzehnte steuerten privatwirtschaftliche Unternehmen nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung. Für Vorstände und Controller – insbesondere in börsennotierten Unternehmen – war dabei die Balance zwischen langfristigem Unternehmenserfolg und kurzfristigem Shareholder Value die wesentliche Herausforderung wie auch zwischen verschiedenen KPIs wie EBIT, ROCE oder Cashflow.

Die Rolle des Controllers entwickelte sich oft vom Accountant über den "Number Cruncher" hin zum Business Partner, eventuell auch mit dem Anspruch des Kopiloten. Die dringende Notwendigkeit, die Unternehmen auf Klimaschutz auszurichten, verändert die Zielsysteme der Unternehmen und die Ausrichtung des Controllings. Lange Zeit waren Nachhaltigkeitsziele trotz jährlicher Berichterstattung nicht existent oder sie stellten ein nachrangiges, isoliertes Ziel dar. Diese wurden von eigenen Einheiten – oftmals in EHS-, Personal- oder neu gegründeten Nachhaltigkeitseinheiten – ohne Beteiligung des Controllings ermittelt und berichtet. In jüngster Zeit dagegen werden Nachhaltigkeitsziele, insbesondere Klimaschutzziele in den Fokus der Berichterstattung und der Kunden- und Investorenkommunikation gestellt. Sie sind bereits oder werden mittelfristig gleichwertig mit finanziellen Zielen sein. Somit werden sie zu zwingend zu erreichenden Bedingungen, die gleichzeitig mit dem Gewinn maximiert werden müssen. Mehr noch werden langfristig die finanziellen Ziele und Klimaziele über CO2-Preise, Emissionszertifikate und nicht zuletzt über das sich ändernde Kunden-/Verbraucherverhalten verschmelzen.

Dadurch wird sich die Rolle des Controllings verändern. Bei BASF wurde in der Controlling Community eine eigene "Action Area" Sustainability für alle Controlling-Teams gebildet, aus der auch SCOTT entwickelt wurde. Der Anspruch, gemeinsam mit Strategieeinheiten auf Corporate- wie auch auf Business-Ebene eine ganzheitliche Steuerung voranzutreiben, die finanziellen und nicht-finanziellen Zielen gleichermaßen gerecht wird, erfordert Kompetenzen, die über die traditionellen Bereiche Rechnungswesen, Finanzen und herkömmliche Business-Betrachtungen hinausgehen. Controller müssen die Erfassung und Treiber nicht-finanzieller Kennzahlen verstehen. Sie müssen Konzepte wie Lifecycle Assessment oder Massenbilanzverfahren durchdringen. Durch die Steuerung des CO2-Fußabdrucks von Produkten haben die Controller eine neue Möglichkeit, die Interaktion mit den Kunden wertschaffend zu beeinflussen. Sie können und müssen künftig – ausgestattet mit digitalen Business-Intelligence-, Simulations- und Optimierungstools – den Teams für Sustainability, Technologie & Produktion sowie Marketing & Vertrieb Transparenz und Handlungsoptionen aufzeigen.

Controller zitieren oft Peter Drucker: "Wenn man es nicht messen kann, kann man es nicht verbessern." Aus Sicht der Controller ist die Messung des CO2-Fußabdrucks von Produkten eine Grundvoraussetzung, um Potenziale zur Verbesserung der produktbezogenen Emissionen zu finden. Eine Kundenforderung an die Lieferanten, die produktrelevanten Emissionen z. B. bis 2030 um 30 % zu reduzieren, ist wertlos, wenn der Aufsatzpunkt nicht bekannt ist. In Zukunft werden Produkte mit niedrigem CO2-Fußabdruck an Attraktivität gewinnen und möglicherweise einen Preisaufschlag erzielen, während Produkte mit hohem CO2-Fußabdruck im Laufe der Zeit besteuert, nicht mehr nachgefragt oder sogar verboten werden. Die zukünftigen erwarteten Preisvorteile oder Geschäftswachstumspotenziale müssen mit den Kosten für die Verringerung der CO2-Fußabdrücke ins Verhältnis gesetzt werden, um die finanziellen Ziele und die Nachhaltigkeitsziele zusammenzubringen.

Fußabdrücke von Produkten mit traditionellen Umsatz- und Margenkennzahlen im Rahmen der Investitions- und Portfolioplanung zu kombinieren, ist entscheidend für die Beantwortung von Fragen verschiedener Stakeholder wie Vorstand, Strategieeinheiten, Leiter der Geschäftseinheiten, Produktmanager oder Key Account Manager.

Auch wenn ein PCF für jedes Produkt einzeln als Kilogramm CO2 pro Kilogramm Verkaufsprodukt berechnet wird, lassen sich durch Multiplikation mit historischen oder geplanten Verkaufsmengen auch Aussagen zur CO2-Intensität für ganze Produktportfolios treffen.

Der Weg zu einer CO2-Neutralität erfordert von Unternehmen und Aktionären langfristigeres Denken und Handeln im Vergleich zur bisherigen kurzfristigen Shareholder Value Optimierung. Der Wert für den Aktionär wird in Zukunft neben "discounted cashflows" für eine überschaubare Anzahl von Jahren auch die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens, seines Produktportfolios und seiner Technologien erfordern. Hohe Cashflows über die nächste Dekade sind vergleichsweise unbedeutend für den Wert eines Unternehmens, wenn nach dieser Zeit Produkte des Unternehmens für den Markt unattraktiv oder sogar verboten sind. Controller müssen hierzu an veränderten Bewertungskriterien, z. B. für Investitionsentscheidungen und für die Priorisierung von CO2-reduzierenden Maßnahmen, arbeiten, um di...

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