Vor dem Hintergrund einer zunehmend volatilen Umfeldentwicklung für praktisch alle Branchen sollte die Durchführung von unterjährigen Forecasts zum Controlling-Standard gehören. Dabei sind folgende Ausgestaltungsformen in Betracht zu ziehen:

  • Erstens der klassische Forecast bis zum Geschäftsjahresende (Year-End-Forecast), der zusätzliche Informationen zur klassischen Abweichungsanalyse liefert und so bei Abweichungen zu besonderen Anstrengungen motiviert. Das hilft speziell zur Ansteuerung von Geschäftsjahreszielen ("Werden wir das Ziel erreichen?"). Es handelt sich sozusagen um eine zukunftsorientierte Abweichungsanalyse.
  • Zweitens der rollierende (Rolling) Forecast, bei dem in der Regel kurzfristig (drei bis sechs Monate) genau geplant wird, während über weitere sechs bis zwölf Monate (d. h. insgesamt bis zu 18 Monaten Planungshorizont) eine grobe Planung reicht. Neben der Ansteuerung von Geschäftsjahreszielen – ein Year-End-Forecast ist gewissermaßen im rollierenden Forecast enthalten – dient er dazu, sich über das Geschäftsjahresende hinaus Gedanken zu machen, um zukünftige Entwicklungen bereits frühzeitig abzuschätzen.

Es wird empfohlen, eine Entscheidung für den klassischem Year-End-Forecast oder einen ggfs. ergänzenden rollierenden Forecast in erster Linie in Abhängigkeit vom jeweiligen Geschäftsmodell zu treffen. In Branchen, in denen die Kunden vorwiegend jahresbezogen planen, können über das Ende des jeweils laufenden (Plan-)Jahres hinausreichende Forecasts oft nicht seriös erstellt werden. Dies ist z. B. in der Werbebranche zu sehen, die auch heute noch über Jahresbudgets für Werbeetats gesteuert wird. In anderen Branchen wie z. B. dem Anlagenbau sind hingegen Projekte und Geschäftsverläufe über mehrere Jahre hinweg eher die Regel denn die Ausnahme. In solchen Branchen wiederum dürfte gerade der Forecast bis zum jeweiligen Jahresende nicht über ausreichende Aussagekraft verfügen. Die grundsätzliche Empfehlung kann also nur lauten: Forecasting und auch Planung sind eng an den jeweiligen Geschäftszyklen zu orientieren – laufen Geschäfts- und Auftragszyklen nicht deckungsgleich zu Planjahren, so sollten Prognosen und Forecasts auch über entsprechend längere Zeiträume erstellt werden.

Da mit zunehmenden Zeitspannen aber auch die Unsicherheiten größer werden und die Prognoserechnungen für Umsätze und Kosten demzufolge größeren Schwankungen unterliegen, haben sich die meisten der befragten Unternehmen dafür entschieden, den Forecast-Zeitraum auf maximal 18 Monate zu begrenzen. Ein Automobilzulieferer mit 23.000 Mitarbeitern erstellt detailliert eine Dreimonatsvorschau und einen jeweils 12 Monate umfassenden rollierenden Forecast inklusive des Year-End-Forecasts.

Der Aufwand für die Erstellung und Geschwindigkeit in der Erstellung kann zusätzlich durch den Detaillierungsgrad der Forecast-Rechnungen gesteuert werden. Dabei muss das Controlling darauf achten, dass mit dem Management von vornherein darüber Einigkeit erzielt wird, in welcher Genauigkeit auch später ggf. Abweichungen zu den jeweiligen Forecasts erstellt sollen. In den meisten Unternehmen beruht der Forecast auf einer stark top-down geprägten Einschätzung des höheren bis mittleren Managements und enthält nach der Devise "Weniger ist mehr!"[1] nur die wichtigsten Werte. Ein befragtes produzierendes Unternehmen erstellt einen monatlichen Forecast ausschließlich für die Umsatzentwicklung; über die entsprechenden Kostentreiber können für das Management aber dennoch relativ schnell Deckungsbeiträge und Overheadkosten simuliert und damit top-down Ergebnisforecasts erstellt werden. Ein ergänzender Quartalsforecast wird mit einem höheren Detaillierungsgrad von den verantwortlichen Bereichen / Ländern direkt ermittelt. Im Gegensatz dazu wird bei einem namhaften Unternehmen aus dem Bereich der Fahrzeugindustrie der Forecast quartalsweise im gleichen Detaillierungsgrad wie die Budgetierung auf Kostenstellenebene erstellt. Nach Einschätzung der dortigen Controller wird der (etwas) höhere Aufwand durch eine wesentlich höhere Genauigkeit kompensiert. Zudem tritt in diesem Unternehmen im Berichtswesen ab dem zweiten Quartal der jeweils aktuelle Forecast an die Stelle des Budgets. Kommentiert werden also Abweichungen zum letzten Forecast und nicht zum Budget.

[1] Vgl. Jenßen/Klatt (2004), S. 264ff.

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