Zusammenfassung

 
Überblick
  • Die Digitalisierung ermöglicht die Interaktion mit Kunden und die Verfolgung ihrer Nutzungsprozesse. Daraus ergeben sich zahlreiche neue Geschäftsmodelle und neue Erlöspotenziale.
  • Innovative kundenzentrierte Preissysteme erfassen in diesem Kontext den Wert, den Kunden durch die Nutzung von Produkten generieren und bilden ihn monetär ab.
  • Dieser Beitrag erarbeitet die vier grundsätzlichen Arten kundenzentrierter Preissysteme anhand der herangezogenen Bezugsgröße.
  • Es wird gezeigt, wie die Wahl der Bezugsgröße die grundlegende Allokation der Aufgaben, Risiken und Anreizwirkungen zwischen Anbieter und Kunde in den Nutzungsprozessen determiniert.

1 Wert entsteht durch Nutzung

Die zunehmende Digitalisierung von Gütern und Dienstleistungen eröffnen neue Wege, die tatsächliche Nutzung von Produkten verfolgen zu können. Dies konnte in der Vergangenheit nur ex-post beispielsweise durch Befragungen ermittelt werden. Entsprechend orientieren sich klassische produktzentrierte Preissysteme am Verkaufswert eines Produktes. Das Konzept eines Verkaufswertes impliziert aber, dass einem Produkt Wert inhärent ist und dieser durch einen Verkaufspreis als eine monetäre Größe ausgedrückt werden kann. Eine neue Betrachtungsweise im Marketing, die sogenannte Service-dominant Logic, geht allerdings davon aus, dass Wert erst durch die Nutzung eines Produktes als ein Value-in-use (Gebrauchswert) entsteht. Der vom Nutzungsprozess, von der Nutzungsintensität und Nutzungsdauer abhängige Gebrauchswert kann sich jedoch sehr stark von einem im Vorhinein definierten Verkaufswert unterscheiden.

Die Digitalisierung eröffnet neue Wege, diese Nutzungsprozesse zu verfolgen und den Value-in-use besser zu erfassen. Entsprechend sind innovative kundenzentrierte Preissysteme in der Praxis zu beobachten, welche die Basis dafür schaffen, den Value-in-use monetär zu bemessen und für die Preissetzung nutzbar zu machen. Die grundlegende Funktionsweise dieser kundenzentrierten Preissysteme wird im Folgenden näher untersucht und deren Bedeutung für das Geschäftsmodell und die Value Proposition herausgestellt.

2 Kundenzentrierte Preissysteme

Mit Preissystemen legt der Anbieter fest, welche Erlösarten zu welcher Zeit von welcher Quelle in welcher Höhe bezogen werden. Nach Stoppel/Roth (2017) kann man Preissysteme anhand ihrer Bezugsgröße unterscheiden. Die Bezugsgröße produktzentrierter Preissysteme ist auf das Produkt oder auf den Zugriff zu einer Ressource ausgerichtet. Kundenzentrierte Preissysteme, die vor dem Hintergrund der Digitalisierung vermehrt Anwendung finden, beziehen sich auf die Wertkreation der Kunden. Der Fokus liegt also nicht mehr auf dem Wert des Produktes, sondern dem Wert, den der Kunde bei der Nutzung kreiert.

Die Idee, das Preissystem mit Hilfe einer alternativen Bezugsgröße am Value-in-use auszurichten, ist nicht neu. Jedoch hat die Bedeutung der Bezugsgrößenwahl bisher wenig Beachtung gefunden. James Watt (1736–1819) hat bereits zu seiner Zeit die Auswirkungen der Bezugsgrößenwahl auf die Value Proposition, das Preissystem und die Preisdifferenzierung gezeigt:

"Wir werden Ihnen kostenlos eine Dampfmaschine überlassen. Wir werden diese installieren und für fünf Jahre den Kundendienst übernehmen. Wir garantieren Ihnen, dass die Kohle für die Maschine weniger kostet, als Sie gegenwärtig an Futter für die Pferde aufwenden müssen, die die gleiche Arbeit tun. Und alles, was wir von Ihnen verlangen, ist, dass Sie uns ein Drittel des Geldes geben, das Sie sparen."[1]

Als Bezugsgröße verwendet Watt die Steigerung der Prozesseffizienz anstelle des Produktes "Dampfmaschine". Eine solche Value Proposition ist viel stärker am Kunden und seiner Wertschöpfung orientiert und weist auch eine ganz andere Gestalt auf. Eine solche Bezugsgröße impliziert die Bereitstellung der dafür notwendigen Dienstleistungen, Produkte und weiterer Ressourcen. So übernimmt Watt neben der Dampfmaschine auch die Installation, die Instandhaltung und den Kundendienst. Diese Komponenten sind hierbei lediglich Distributionsmechanismen[2] des eigentlich erbrachten Service: Die Steigerung der Prozesseffizienz. Dies ist auch die Bezugsgröße und genau dafür zahlt der Kunde das Entgelt.

Mit der Änderung der Bezugsgröße geht auch die Änderung des Preissystems einher. Statt des Verkaufs eines Produktes zu einem im Vorhinein festgelegten Preis, wird die Kostenreduktion als die Messgröße der Prozesseffizienz zur Preisbildung herangezogen. In Watts Überlegung ist der Dampfmaschine kein Wert inhärent, sondern entsteht erst durch die Nutzung dieser. Das neue Preissystem erfasst diesen Wert adäquater und teilt ihn unter den Partnern auf.

Im Folgenden werden die vier Typen kundenzentrierter Preissysteme präsentiert und ausgearbeitet, wie die Wahl der Bezugsgröße die Gestaltung der Value Proposition beeinflusst. Die Wahl der Bezugsgröße determiniert das Preissystem und seine Anreizwirkungen. Auf dieser Grundlage wird die Allokation von Aufgaben und Risiken definiert und die Value Proposition erweitert.

In Tab. 1 sind die Preissysteme diesbezüglich i...

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